Gestrandete Reisende Quelle: Unbekannt

Der Ausbruch des isländischen Eyjafjalla-Vulkans hat den Flugverkehr in weiten Teilen Europas lahmgelegt

Reykjavik/London/Frankfurt - Der Ausbruch des isländischen Eyjafjalla-Vulkans hat den Flugverkehr in weiten Teilen Europas lahmgelegt.

Am Donnerstag schlossen nach und nach zahlreiche Länder von Großbritannien, Irland über Teile Frankreichs, den Niederlanden und Belgien bis nach Dänemark, Norwegen und Schweden ihren Luftraum wegen einer riesigen Wolke aus Lavaasche. Sie trieb von der Atlantikinsel auf den Kontinent und machte damit die Schließung zahlreicher Flughäfen unausweichlich.

So lief auf der wichtigsten Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs in London Heathrow gar nichts mehr: Zehntausende Passagiere saßen fest, und niemand konnte ihnen sagen, wann es Entwarnung geben wird. Heathrow ist einer der wichtigsten Flughäfen der Welt und ein internationales Drehkreuz. Dort werden pro Tag etwa 1300 Flüge und 180 000 Passagiere abgefertigt.

Deutschland bis zum Wochenende betroffen

Der Vulkanausbruch kann sich Wetterexperten zufolge bis zum Wochenende auf den Luftverkehr über Deutschland auswirken. Die Aschewolke solle bis Donnerstagabend von Bremen nach Frankfurt ziehen und dort bis zu einen Tag bleiben, sagte der Meteorologe Andreas Beck von der Luftfahrtberatungszentrale Nord des Deutschen Wetterdienstes.

In der Nacht zum Freitag lägen die Wolken über Deutschland, Schweden, Finnland, Norwegen, Polen, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und Nordfrankreich. "Die betroffenen Lufträume werden dann zur Sicherheit geschlossen", erklärte Beck. Die Sperrung könne 12 bis 24 Stunden dauern.

Schon am Donnerstag führte die Sperrung zahlreicher Flughäfen in Großbritannien und Skandinavien zu Ausfällen auch in Deutschland. Allein am bundesweit größten Flughafen in Frankfurt wurden bis zum frühen Nachmittag knapp über 100 gestrichene Starts und Landungen gezählt, sagte Flughafensprecher Wolfgang Schwalm.

Zugleich landeten auf der Frankfurter Luftverkehrs-Drehscheibe aber auch mehrere Dutzend Flugzeuge, die auf dem Weg nach London waren und dort wegen der Sperrung der Flughäfen nicht mehr landen durften. Betroffen waren vor allem Langstreckenflüge aus den USA oder Asien.

Am zweitgrößten Flughafen Deutschlands in München wurden bis zum Mittag 36 Flüge gestrichen. Auf den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld traf es zunächst zehn Flüge. In Düsseldorf konnten zunächst 44 Maschinen von und nach Großbritannien und Skandinavien nicht starten. Am Flughafen Köln/Bonn wurden sieben Flüge gestrichen.

Die europäische Flugsicherungsbehörde Eurocontrol hatte zunächst erklärt, sie habe Teile des deutschen Flugraums wegen der Vulkanasche gesperrt. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und die Deutsche Flugsicherung stellten allerdings klar, dass es keine Sperrung gebe.

Luftraum über Großbritannien gesperrt

Die britische Flugüberwachung NATS sperrte ab 12.00 Uhr den gesamten Luftraum. Nur in Notfällen werde es Ausnahmen geben. Der britische Luftraum bleibe bis mindestens Freitagmorgen um 6 Uhr gesperrt, hieß es weiter. Auch in Irland verhängten die Behörden bis zum Abend ein Flugverbot.    

Die Lavaasche ist gefährlich für Düsentriebwerke sowie die Außenhaut der Flugzeuge und beeinträchtigt die Sicht. Ein Flug durch Vulkanasche sei "extrem gefährlich", erklärte der österreichische Airline-Chef und Ex-Autorennfahrer Niki Lauda der Nachrichtenagentur APA: "Das ist wie Hagel - auf eine andere Art." Der Wiener Luftfahrtunternehmer stufte das Flugverbot nach dem Vulkanausbruch auf Island als gerechtfertigt ein.

Wolken aus Vulkanasche werden von Piloten grundsätzlich gemieden. "Das ist sehr gefährlich", sagte der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse- Agentur in Frankfurt. Wenn ein Pilot versehentlich in eine solche Wolke gerate, "heißt es um 180 Grad wenden und nichts wie raus."

In Kopenhagen verlautete vom Flughafen Kastrup, dem wichtigsten Drehkreuz Nordeuropas, dass die komplette Schließung dort mindestens bis Freitagmittag Bestand haben werde. Auch am Brüsseler Hauptstadt- Flughafen wurden alle Flüge gestrichen. Air France und andere von Paris aus startende Airlines sagte zahlreiche Flüge Richtung Großbritannien und Skandinavien ab.

Vulkan spuckt weiter

Wenig Zuversicht konnten die Behörden auf Island machen, wo der Gletschervulkan am Vortag zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen und jetzt mit etwa 20-facher Stärke ausgebrochen war. Der Krater stieß auch am Donnerstag weiter eine gewaltige Säule aus Rauch und Asche aus, sie erreichte eine Höhe von elf Kilometern. Der Wind trieb wie am Vortag Asche in östlicher Richtung auf den europäischen Kontinent zu.    

Über die mögliche Dauer dieser Probleme sagte die Sprecherin der isländischen Luftfahrtbehörde ISAVIA, Hjördis Gudmundsdóttir, in Reykjavik: "Das wissen nur die Wettergötter. Es kann ein paar Tage dauern, aber auch ein paar Jahre." Wegen der Windrichtung weg von der Insel gab es auf Island selbst fast keine Flugverbote.

Die Lufthansa erklärte, dass es auf der Langstreckenflügen nach Nordamerika teilweise Verspätungen von wenigen Flugminuten gebe, da die Rauchwolken des Vulkans südlich umflogen werden müssten. In Reykjavik hieß es, dass Transatlantikflüge aus Amerika am ehesten noch südeuropäische Länder wie Portugal erreichen könnten.

(dpa)