Mehr Sauberkeit und weniger Müll in der Stadt – dieser Wunsch wird immer wieder laut. Aber wie soll’s gehen? Dazu gibt es in VS sehr unterschiedliche Ansichten.
Wäre die Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild etwas für Villingen-Schwenningen? Dieser Frage ist die Stadtverwaltung nachgegangen. Was dabei herauskam, wurde jetzt im Verwaltungs- und Kulturausschuss des Gemeinderats vorgestellt und diskutiert. Ergebnis: Die Verwaltung will eine solche Steuer für VS nicht, und eine Mehrheit im Rat stimmt ihr da zu. In einem Empfehlungsbeschluss an den Gemeinderat, der über das Thema am 7. Mai abschließend entscheiden wird, wurde mehrheitlich dafür votiert, hier keine Verpackungssteuer einzuführen.
Dirk Sautter (CDU) überzeugte die Argumentation der Verwaltung, wonach gemessen an den Erfahrungen aus Tübingen eine solche Steuer keine Auswirkung auf die Sauberkeit habe. „Das Ziel, weniger Müll in der Stadt zu haben, wird nicht erreicht“, meinte Sautter kurz und bündig. Außerdem sei das Ganze unsäglich kompliziert – hier nannte er das Beispiel der „warmen und kalten Schnitzelwecken“, für die jeweils unterschiedliche Regelungen gälten. „Wir sind gegen eine zusätzliche Regulierung, die am Ende das Ziel nicht erreicht”, fasste der CDU-Sprecher für seine Fraktion zusammen.
Tübinger Experten dürfen nicht kommen
Einen Vorschlag hatte Oskar Hahn (Grüne) mitgebracht: Er beantragte, das Thema zu vertagen und zur besseren Entscheidungsfindung jemanden mit Expertise aus Tübingen einzuladen. Einen entsprechenden Kontakt hatten die Grünen da sogar selbst schon hergestellt. Letztlich wurde dieses Ansinnen aber abgelehnt – sehr zum Leidwesen von Hahn, der das als vertane Chance begriff. Schließlich sei Tübingen ja gerade dabei, die strengen und bürokratischen Regelungen, die man dort nur eingeführt habe, um das Ganze rechtssicher zu machen, zu vereinfachen. Das sei möglich, weil die umstrittene Abgabe laut oberster Gerichtsentscheidung mittlerweile als verfassungsgemäß gilt. Damit herrscht nun Rechtssicherheit – auch für andere Städte und Gemeinden, wenn sie eine solche Regelung denn nun auch selbst einführen möchten.
Frage nach der Alternative
Grundsätzlich frage er sich schon, so Oskar Hahn, wie die Fraktionen, die sich gegen eine solche Abgabe aussprechen, denn das Problem Müll angehen wollen. Schließlich werde nicht nur die Verpackungssteuer abgelehnt. Auch der Grünen-Vorschlag, das Recup-System zu etablieren, stieß auf taube Ohren. Was aber solle denn dann die Alternative sein? Hahns Überzeugung nach brauche es Instrumente, um „die Menschen zu steuern” und dass Maßnahmen wie der Tübinger Vorstoß nichts brächten, sei noch gar nicht erwiesen. Sein Vorwurf: „Es geht darum, es aus Prinzip abzulehnen.” Von der Verwaltung wünsche man sich „ein ganzheitliches Konzept, wie man das Thema Müllvermeidung angehen will“.
Sautter wehrt sich
Die geäußerte Kritik ließ Dirk Sautter wiederum nicht auf sich sitzen. „Wir sind diejenigen, die sich das Thema Sauberkeit in den Innenstädten auf die Fahne schreiben”, insistierte er für seine Fraktion. Man habe sich für Pizzakartonhalter und Pfandringe an Mülleimern eingesetzt, mehr Streifen des Kommunalen Ordnungsdienstes befürwortet und Fraktionsmitglieder hätten eine Initiative für saubere Innenstädte gegründet. In Richtung von Oskar Hahn wehrte er sich: „Was Sie uns an den Kopf werfen, ist einfach Unsinn.”
Veronika Bastian aus der Fraktion der Freien Wähler wiederum bemerkte, dass sich immer mehr Städte für eine Verpackungssteuer interessierten. Das werfe schon die Frage auf, „wie valide die Aussagen der Stadtverwaltung“ im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Verpackungsabgabe seien. Und ob der Mehrbetrag, den die Kunden zu bezahlen hätten, diese beeindrucke oder nicht, könne man zum Beispiel nicht wissen. Zusätzliche Informationen aus Tübingen hätte man gerne gehabt, das sei jetzt aber “ums Eck”. Ihrer Meinung nach geht es darum „ein Bewusstsein gegen die unsägliche To-go-Mentalität zu schaffen”.
„Die Kritik war berechtigt“
Auch Birgitta Schäfer (SPD) hätte es für sinnvoll gehalten, den Vertreter der Stadt Tübingen einzuladen und fand: „Die Kritik an der Verwaltung war durchaus berechtigt. Dass wir ein Müllproblem haben, das dürfte ja wohl unstreitig sein.” Deshalb hätte sie schon erwartet, dass dann wenigstens ein Gegenvorschlag gekommen wäre. Sie ist der Überzeugung, dass eine Steuer Müll vermeidet und gab zudem zu bedenken: „Wenn wir Müll entsorgen müssen, müssen wir das alle bezahlen, und das ist einfach ungerecht.“
AfD und FDP dagegen
Olaf Barth (AfD) hingegen nannte die Verpackungssteuer „genauso abwegig wie die Zollpolitik von Herrn Trump – das geht gar nicht”, meinte er im Namen seiner Fraktion. Und auch Kathrin Piazolo erklärte für die FDP: „Wir sind gegen die Steuer. Wir sehen die Belastung für die Gastronomie.” Außerdem sei nicht erwiesen, ob es sich im Stadtsäckel tatsächlich auswirke. Eines räumte aber auch sie ein: „ Über das Thema Müll müssen wir uns Gedanken machen, keine Frage.”
Das Tübinger Modell
Steuer seit 2022
Seit dem 1. Januar 2022 erhebt die Stadt Tübingen eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, die beim Verkauf von Speisen und Getränken verwendet werden. Erklärtes Ziel ist die Reduzierung von Verpackungsmüll, Förderung von Mehrwegsystemen und die Beteiligung der Verursacher an Entsorgungskosten. Die Steuer beträgt 0,50 Euro pro Einwegartikel und wird von den Endverkäufern entrichtet. Die lokale Abgabe bringt der Stadtkasse Geld ein.
So sieht es die VS-Verwaltung
Im VS-Rathaus ist man der Auffassung, dass die Tübinger Steuer keinen nachweisbaren ökologischen Nutzen hat, zu erhöhtem bürokratischen Aufwand führt und zusätzliche Kosten für Verbraucher und Verwaltung verursacht, während man als Stadt Einnahmen erzielt. Deshalb wird dem Gemeinderat empfohlen, von der Einführung einer eigenen Verpackungssteuer abzusehen.