Ermittlungschef Thomas Hechinger (links) und Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann informierten nach der Razzia über die Ermittlungsergebnisse. Foto: Eich

Neun Angeklagte stehen in Konstanz wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor Gericht.

Karlsruhe/Konstanz/Villingen-Schwenningen/Rottweil - Die Mafia im idyllischen Schwarzwald? Wer hierbei an ein Hirngespinst glaubte, wurde vor einem Jahr eines Besseren belehrt. Denn am 21. Juni 2017 zerschlugen deutsche sowie italienische Ermittler nach einer Razzia im Schwarzwald-Baar-Kreis, in Rottweil, Konstanz, Esslingen, Stuttgart sowie in Italien einen Drogenhändlerring, der Verbindungen zur italienischen Mafia gehabt haben soll.

Bereits kurz nach der Razzia wurde dabei deutlich, wie tief mutmaßlichen Strippenzieher der Drogengeschäfte in der Gesellschaft verwurzelt waren. Denn einer der Köpfe des Drogenhändlerrings soll der Gastronom Placido A. (53) gewesen sein. Dieser hatte in Rottweil und Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) zwei Restaurants geführt und somit eine perfekte Fassade aufgebaut.

Genau wie sein Kompagnon aus Donaueschingen: Er leitete dort die Geschicke eines Bekleidungsgeschäftes sowie mehrere Gaststätten im Landkreis Tuttlingen. Während im Hintergrund mafiöse Strukturen aufgebaut worden sein sollen, habe sich vordergründig ein gutbürgerliches Leben mit legalen Einnahmequellen abgespielt.

Auch das habe die Ermittlungen so schwierig gemacht, wie Polizei und Staatsanwaltschaft im Nachgang der groß angelegten und grenzüberschreitenden Razzia mit 300 Beamten erklärt hatten. Nun müssen sich die insgesamt neun Angeklagte unter anderem wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor dem Landgericht Konstanz verantworten.

Wie komplex sich die Angelegenheit gestaltet, macht vor allem die veranschlagte Sitzungsdauer deutlich: An 67 Verhandlungstagen wird das Geschehen, das sich seit Oktober vor allem im Schwarzwald-Baar-Kreis abgespielt haben soll, unter die Lupe genommen werden.

Für Aufklärung sollen dabei die Männer im Alter von 26, 30, 34, 42, 49, 50, 51, 53 und 57 Jahren sorgen. Den Italienern, die nicht nur im Schwarzwald-Baar-Kreis, sondern auch in Stuttgart sowie Italien gewohnt hatten, wird vorgeworfen, knapp vier Jahre lang im großen Stil mit Drogen gehandelt zu haben. Im Visier hatten sie vor allem Abnehmer im Schwarzwald-Baar-Kreis, denen insbesondere Marihuana verkauft wurde.

Die Mengen, um die es dabei geht, verdeutlichen, dass es sich hierbei um keinen üblichen Fall handelt: So sollen insgesamt etwa 270 Kilo Marihuana, 20 Kilo Haschisch sowie 2,5 Kilo Kokain an den Mann gebracht worden sein.

Neben Drogen sollen die Männer auch scharfe Schusswaffen besessen und über die Grenze gebracht haben

Dass in die Ermittlungen auch die italienische Finanzpolizei mit eingebunden war, hängt mit zwei Dingen zusammen: Zum einen sollen die Verantwortlichen enge Beziehungen zur Mafia in Palermo gepflegt haben, zum anderen seien die Rauschmittel auch von Italien nach Deutschland geschmuggelt worden. Neben Drogen sollen die Angeklagten auch scharfe Schusswaffen besessen und über die Grenze gebracht haben.

Mit welchen brutalen Methoden die Bande gearbeitet hat, macht dabei ein Vorfall im Mai 2017 deutlich: In Hüfingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) hatten die Angehörigen des Drogenhändlerrings nach Unstimmigkeiten bei den Geschäften mit einem Revolver in eine Gaststätte geschossen, in der sich zwei Personen befanden – verletzt wurde hierbei jedoch niemand. Über diesen Mordversuch hinaus wird den Angeklagten Körperverletzung, Brandstiftung und Raub vorgeworfen.

Nach zwei Sitzungstagen im Landgericht Karlsruhe wird die Verhandlung, die voraussichtlich erst im Juni 2019 ein Ende finden soll, auf dem ehemaligen Siemens Areal in Konstanz stattfinden.

Das Gebäude des Landgerichts Konstanz steht nach Angaben eines dortigen Sprechers nicht zur Verfügung. Zwischenzeitlich war aus Sicherheitsgründen auch eine Verlegung in den Hochsicherheitstrakt in Stuttgart-Stammheim angedacht worden.