In Ägypten hat eine zweitägige Volksabstimmung über die neue Verfassung begonnen. Foto: dpa

Die Annahme des neuen Grundgesetzes durch die Bürger gilt als gesichert. Medien und Staatsorgane mobilisierten für eine hohe Beteiligung. Militärchef Al-Sisi könnte eine solche als „Vertrauensvotum“ für seine Präsidentschaftskandidatur betrachten.  

Die Annahme des neuen Grundgesetzes durch die Bürger gilt als gesichert. Medien und Staatsorgane mobilisierten für eine hohe Beteiligung. Militärchef Al-Sisi könnte eine solche als „Vertrauensvotum“ für seine Präsidentschaftskandidatur betrachten.

Kairo - In Ägypten hat am Dienstag eine zweitägige Volksabstimmung über die neue Verfassung begonnen. Der Entwurf beinhaltet mehr Rechte für die Bürger, privilegiert aber auch das ohnehin mächtige Militär, wie Menschenrechtsaktivisten und Experten kritisieren. Die Zustimmung einer klaren Mehrheit der teilnehmenden Bürger gilt jedoch als gesichert.

Zugleich soll das Votum den Umsturz im vergangenen Juli zusätzlich rechtfertigen, mit dem das Militär den gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi nach Massenprotesten aus dem Amt entfernte. Eine starke Beteiligung am Urnengang könnte den Architekten des Coups, den Militärchef Abdel Fattah al-Sisi, in seiner Absicht bestärken, bei Wahlen in diesem Jahr für das Amt des Präsidenten zu kandidieren.

Die Abstimmung läuft unter enormen Sicherheitsvorkehrungen. 250 000 Soldaten und Polizisten seien im Einsatz, um die rund 30 000 Wahllokale zu schützen, berichteten ägyptische Medien am Dienstag. Kurz vor Öffnung der Wahllokale um 08.00 Uhr (MEZ) explodierte vor einem Gerichtsgebäude in Kairo ein Sprengsatz. Es entstand Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt, teilte ein Sprecher der Polizei mit.

der Urnengang selbst verlief in den ersten Stunden am Dienstag weitgehend ohne Zwischenfälle. Reporter der Nachrichtenagentur dpa in Kairo berichteten von Menschenmengen, die geduldig auf Einlass in die Wahllokale warteten. Selbst in Al-Arisch, der Hauptstadt der Unruhe-Provinz Nord-Sinai, verlief die Abstimmung zunächst friedlich. In der Ortschaft Nasser, 110 Kilometer südlich von Kairo, wurde bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften ein Mursi-Anhänger getötet.

Muslimbruderschaft will Urnengang boykottieren

Die Wahllokale schließen an beiden Tagen jeweils um 20.00 Uhr (MEZ). Die Ergebnisse sollen innerhalb von 72 Stunden nach Ende des Votums veröffentlicht werden, teilte die Wahlkommission mit.

Militärchef Al-Sisi, mehrere linksgerichtete und liberale Parteien und fast alle Medien riefen die Wähler dazu auf, für den Verfassungsentwurf zu stimmen. Al-Sisi tourte am Dienstag vor laufenden Fernsehkameras und mit militärischem Gefolge durch Wahllokale in den Kairoer Stadtteilen Nasr City und Heliopolis, um die Bedeutung - und Gefahrlosigkeit - des Referendums zu unterstreichen. Als Oberkommandierender der Streitkräfte und Verteidigungsminister gilt er als der eigentlich starke Mann der ägyptischen Politik.

Die Muslimbruderschaft, aus deren Reihen der gestürzte und seitdem inhaftierte Präsident Mursi kommt, appellierte an ihre Anhänger, den Urnengang zu boykottieren. Werbung für ein „Nein“ zur Verfassung oder einen Boykott war praktisch nicht möglich. Mehrere Aktivisten einer kleineren, gemäßigt-islamischen Partei wurden deswegen verhaftet.

In den Straßen von Kairo und selbst an den Eingängen zu vielen Wahllokalen hingen zahllose Plakate mit dem Slogan „Ja zur Verfassung, nein zum Terrorismus“. Die Führung des Landes beschuldigt die Muslimbruderschaft, hinter den Anschlägen zu stecken, die seit ihrer Entmachtung zugenommen haben.