Der Rechtsstaat muss grenzwertige Äußerungen aushalten, so lange diese nicht strafbar sind, urteilt das Leonberger Amtsgericht.
Der Vorwurf: Volksverhetzung. Der Angeklagte: Thomas Hartung, seines Zeichens Pressesprecher der AfD-Fraktion im Land. Der Tatbestand: kompliziert. Vor fast einem Jahr, am 23. November 2023 hat Hartung auf seinem Facebook-Konto einen Beitrag erstellt. Er zeigt eine Stellenwerbung der deutschen Bahn für Busfahrer. Zu sehen ist ein fröhlich dreinblickender Mann mit schwarzer Hautfarbe. Sein Zutrauen sei weder in das eine noch das andere Verkehrsmittel besonders groß, kommentierte Hartung das Bild, und in einem zweiten Satz schrieb er, „es soll ja Menschen geben, die damit in andere Menschen hineinfahren“. Das Ganze versah der AfD-Sprecher mit dem Hinweis „Sarkasmus“.
Kein Zutrauen in Bus und Bahn
Unter den 5000 Facebook-Freunden entspann sich eine schwungvolle Diskussion, mit vielen Likes und Smilies. Ein Kommentator schrieb schließlich „Endstation Breitscheidplatz“, eine Anspielung auf das Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016. Auch diesen Kommentar kommentierte Hartung mit dem Hinweis auf Sarkasmus – und bald darauf landete der gesamte Post auf dem Schreibtisch der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.
Staatsanwalt will ein Urteil
Die Staatsanwälte wollten sich offenbar nicht unbedingt nachsagen lassen, das Gesetz zu nachlässig anzuwenden. Einen vorsichtigen Versuch des Richters, die Angelegenheit gegen die Zahlung einer Auflage einzustellen, lehnte der Sitzungsvertreter jedenfalls ab. Man wisse schon um die Komplexität des Themas, wolle aber, dass am Ende eine Entscheidung stehe. Die Argumentation der Ankläger: Man müsse die Äußerungen in einem Gesamtzusammenhang sehen. Und da sei dann der Eindruck erweckt worden, dass es sich bei jedem Immigranten um einen Terroristen handele. „Gezielte Hetze“, so das Fazit.
Klare Ansage des Richters
Die Anwältin des Angeklagten liest das Gleiche und kommt zu einer komplett anderen Bewertung. Keine Aufforderung zum Rechtsbruch, keine Verbreitung von Hass. Einzig ein Freispruch komme in Betracht. Amtsrichter Thomas Krüger sah das ebenso. Es sei nicht klar, was an dem Verhalten strafbar sein solle, so der Richter. Die Äußerung sei grenzwertig, aber nicht strafbar – das müsse der Rechtsstaat aushalten. Die Staatsanwaltschaft kann nun prüfen, ob sie die nächste Instanz anrufen will.