Im vergangenen Sommer hat die Deutsche Bauwert 160 Wohnungen am Stadtpark fertiggestellt. Es war das letzte Projekt des Baden-Badener Immobilienunternehmens in Lahr, wie Vorstand Uwe Birk nun mitgeteilt hat. Foto: Helbig

Uwe Birk will in Lahr keine Wohnungen mehr errichten – weil er von der Verwaltung enttäuscht ist. Der Ärger ist entstanden, da es ihm beim Singer-Areal zu langsam voranging. Er ist nicht der einzige, der über eine schleppende Bearbeitung bei der Stadt klagt.

Die Villa Graf Zeppelin machte den Anfang – in denkmalgeschützter Bausubstanz in der Flugplatzstraße errichtete die Deutsche Bauwert 2009 36 moderne Wohnungen. Es war der Beginn einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung, insgesamt hat die Firma in Lahr im Lauf der Jahre 843 Wohnungen mit 63 000 Quadratmetern Wohnfläche gebaut, sei es am Altenberg, Langenhard, Hohbergsee und im Kanadaring. Zuletzt stellte das Unternehmen mit Sitz in Baden-Baden im Vorjahr 160 Wohnungen beim Stadtpark bezugsfertig.

 

„Wir schaffen Wohnraum“, lautet das Leitbild der Deutschen Bauwert. Allerdings wird sie das nicht mehr in Lahr tun. Vorstand Uwe Birk hat die Stadt am Dienstag per Mail darüber informiert, dass er das Singler-Areal in der Geroldsecker Vorstadt verkaufen will und von Bauprojekten in Lahr künftig Abstand nehmen wird. Über den Schritt habe er gründlich nachgedacht, sagte er in einem Gespräch mit unserer Redaktion. Aber andernorts warteten interessante Bauprojekte auf sein Unternehmen, dem es dort von den Verwaltungen leichter gemacht werde.

Verzögerung löst den Ärger aus

Der Ärger ist aufgekommen, weil Birks Bauprojekt auf dem Singler-Areal seit geraumer Zeit stockt. Die Deutsche Bauwert hatte es im Mai 2022 mit der Absicht gekauft, das frühere Möbelhaus Singler abzureißen und dort 118 Wohnungen zu errichten.

Die verkehrsgünstige Lage scheint für Wohnen ideal – die Natur ist nahe und die Innenstadt nicht weit. Bevor er das Areal erwarb, habe er sich in einem Gespräch mit Baubürgermeister Tilman Petters und Sabine Fink, damals Leiterin des Stadtplanungsamts, versichert, dass die Verwaltung seinen Plänen positiv gegenübersteht, so Birk. Dabei habe er von Anfang an vorgehabt, auch ein größeres Gebäude zu bauen, da in der Nähe bereits ein Hochhaus steht. Auf Bitte der Verwaltung habe er einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben und der Stadt bereits im September 2022 einen Entwurf präsentiert.

Birk sagt, er sei der Verwaltung entgegengekommen

Doch von der Stadt seien danach immer neue Wünsche gekommen, das Bauvorhaben zu reduzieren – „weniger Geschosse, weniger Wohnfläche“, so Birk. Daraufhin habe er die Pläne zweimal angepasst – zuletzt sollten es lediglich noch 90 Wohnungen sein. Auch in anderer Hinsicht sei er der Verwaltung entgegengekommen. So habe er sich deren Wunsch nicht verschlossen, in dem geplanten Neubau Räumlichkeiten für die Lahrer Tafel vorzuhalten. Letztlich zerschlugen sich diese Pläne, da die Diakonie als Träger der Tafel den Standort in der Oststadt als nicht ideal für die Sozialeinrichtung ansah.

Aber auch mit dem Bauprojekt selbst ging es nicht voran. Im vergangenen Herbst habe er von Tilman Petters dann erfahren, dass aus Sicht der Stadt ein Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan erst 2027 möglich sei, da das Projekt verwaltungsintern nur auf Prioritätenstufe 3 angesiedelt sei. Bis zum Baustart wären danach weitere Jahre verstrichen, verdeutlicht Birk im Gespräch mit unserer Redaktion. Vom Kauf des Geländes bis zur Fertigstellung der Wohnungen hätten so insgesamt zehn Jahre vergehen können. „Das ist inakzeptabel“, sagt er.

Nun hat Birk sich nicht nur von dem Projekt auf dem Singler-Areal verabschiedet – er werde künftig gar nicht mehr in Lahr bauen, betont er gegenüber unserer Redaktion. Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung sei einst gut gewesen, aber seit einiger Zeit empfinde er das anders.

Birk will nicht noch jahrelang warten, bis er mit dem Bau loslegen kann

Birk ist natürlich nicht entgangen, dass das Stadtplanungsamt mit wichtigen Projekten alle Hände voll zu tun hat. „Aber immer nur Klinikum, Klinikum, Klinikum, das kann auch nicht sein“, betont er. Nach Petters’ Mitteilung im September 2024, dass sich der Bebauungsplan-Aufstellungsbeschluss für das Singler-Areal verzögert, habe bei ihm deshalb ein längerer Denkprozess eingesetzt, wie es für ihn in Lahr weitergehen soll.

Die Entscheidung zum Ausstieg habe er sich nicht leicht gemacht. Doch die lange Zeitspanne bis zur möglichen Fertigstellung der Wohnungen auf dem Singler-Areal sei „unsäglich“, betont Birk. Daher habe er einen Schlussstrich gezogen, und zwar unter sein gesamtes Engagement in Lahr. In das frühere Möbelhaus Singler soll nach Informationen unserer Redaktion nun eine Kunstgalerie einziehen.

Im Gespräch mit unserer Redaktion äußert Birk sein Unverständnis darüber, dass die Stadt das Erstellen von Bebauungsplänen nicht extern vergibt, wenn die eigenen Kapazitäten nicht ausreichten. Auch von anderen Bauherren höre er, dass es in Lahr zu langsam vorangeht, sagt er.

Unsere Redaktion hat in dieser Woche auch mit Karl-Rainer Kopf gesprochen, dem Geschäftsführer der Kopf-Gruppe aus Schwanau, die aktuell in Kippenheimweiler einen Penny-Markt entwickeln will. Der schnellen Realisierung steht hier entgegen, dass erst der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden müsste, teilte die Stadtverwaltung unserer Redaktion mit. Wann das getan werden kann, vermochte die Verwaltung mit Hinweis auf die Priorisierung von Projekten im Stadtplanungsamt nicht zu sagen.

Anders als Birk, der aus seinem Frust keinen Hehl machte, war Karl-Rainer Kopf im Gespräch mit unserer Redaktion wichtig, kein Porzellan zu zerschlagen, sich mit Kritik an der Stadt zurückzuhalten. Doch auch ihm war anzumerken, das er sich verwaltungsintern eine zügigere Bearbeitung seines Bauprojekts wünscht. Dabei meinte auch er, dass es insgesamt schneller gehen würde, wenn der Projektentwickler – hier die Kopf-Gruppe – den Bebauungsplan vergeben würde.

Das sagt die Stadt

Unsere Redaktion hat die Verwaltung um eine Stellungnahme zum Rückzug der Deutschen Bauwert gebeten. In ihrer Antwort betont die Stadt unter anderem, dass sie andere Vorstellungen davon gehabt habe, wie die Bebauung auf dem Gelände aussehen soll.

„Wir hatten mehrfach eine deutliche Reduzierung der von Bauwert geplanten massiven Bebauung gefordert, weil wir an dieser Stelle am Ortsausgang Richtung Schuttertal bis zu siebengeschossige Gebäude für unangemessen halten“, sagt Nicolas Scherger, der Pressesprecher der Verwaltung. Stattdessen habe man eine Orientierung an der Neubebauung Ecke B 415 / Willy-Brandt-Straße vorgegeben. Der Technische Ausschuss habe diese Haltung in der Sitzung vom 6. November 2024, in der die Verwaltung den damaligen Stand der Vorschläge für das Bauvorhaben vorgestellt hat, bestätigt.

Stadt nimmt die Bauwert in die Verantwortung

„Leider hat Bauwert seitdem kein entsprechend überarbeitetes Konzept vorgelegt“, so Scherger. Somit liege aktuell kein städtebaulicher Entwurf vor, der den Anforderungen der Stadt Lahr und ihres Gemeinderats entspreche. Somit sei auch keine Umsetzung in einen Bebauungsplan möglich. „Es geht also nicht nur um die Reihenfolge in einer Prioritätenliste, sondern auch um das Anstreben eines klaren Ziels: die Stadt Lahr qualitätvoll für die Zukunft weiterzuentwickeln“, stellt Scherger fest. Grundsätzlich gelte: „Die Verwaltung ist an die Ziele des Rates gebunden – und der Eigentümer an die Vorgaben der Stadt“.

Man habe indes immer betont, dass der Bebauungsplan für das Areal Singler als neues Projekt in der Priorisierung nicht vorne stehen könne – insbesondere vor dem Hintergrund, dass kein abgestimmtes Konzept vorliege, so Scherger. Auf der Grundlage eines überarbeiteten Entwurfs hätte Bauwert alle für einen Bebauungsplan notwendigen Vorarbeiten – etwa Gutachten für Lärmschutz, Artenschutz, Altlasten, Entwässerung, Verkehrsabwicklung, eventuell Klimatologie – und erste Abstimmungen mit Fachbehörden vorab selbstständig leisten können. Damit wäre das Bebauungsplanverfahren selbst aus Sicht der Stadt zügiger zu realisieren gewesen, legt Scherger dar.

Scherger weist auch darauf hin, dass ein Eigentümer im Rahmen des bestehenden Planungsrechts jederzeit einen Bauantrag stellen könne. Allerdings gebe es keinen Anspruch auf Änderung des Planungsrechts. „Dieser entsteht allein aus einem planungsrechtlichen Erfordernis heraus, das aus Sicht der Stadt beurteilt wird“, stellt Scherger klar.

Auch die Prioritätenliste der Stadt hat Scherger verteidigt. Darüber werden wir in unserer morgigen Ausgabe ausführlich berichten.