Der Balinger Thomas Bareiß steht in der Kritik. Foto: Maier

Nach dem Masken-Skandal, von dem Bundespolitiker der CDU und CSU betroffen sind, rückt der nächste Unionsvertreter ins Zwielicht: Der hiesige Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß soll sich für eine bevorzugte Lieferung von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan eingesetzt haben.

Balingen/Berlin - Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und CDU-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen hat nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 eine deutsche Herstellerfirma von Beatmungsgeräten, Löwenstein Medical aus Bad Ems, angerufen und sich nach dem Bearbeitungsstand eines Auftrags der Regierung von Aserbaidschan über 150 Geräte erkundigt.

Bareiß weist Vorwürfe zurück

Zu diesem Zeitpunkt waren solche Geräte in deutschen Krankenhäusern Mangelware. Laut RND hat das Unternehmen die Aufforderung zurückgewiesen, angesichts der guten wirtschaftlichen Beziehungen Aserbaidschan bevorzugt zu beliefern.

Bareiß ist im Rahmen des Besuchs einer deutschen Wirtschaftsdelegation in Aserbaidschan im Januar 2019 auch vom autokratischen Präsidenten Alijew empfangen worden.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Bareiß wiesen die Vorwürfe am Freitag zurück. Ein Amtskollege aus Aserbaidschan sei an das BMWi herangetreten, "der sich in Anbetracht der im Frühjahr allseits bestehenden Unsicherheit Sorgen um die medizinische Versorgung der Bevölkerung ausgesetzt sah". Er habe um "Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf Liefertermine im Rahmen eines konkreten Vertrages mit einem Hersteller medizinischer Geräte" gebeten: "Dieser Bitte folgend hat Staatssekretär Bareiß telefonisch Kontakt zu dem Unternehmen aufgenommen und die Antwort anschließend der aserbaidschanischen Seite übermittelt. Im Rahmen des Telefonats hat Bareiß keinen Zweifel daran gelassen, dass die Lieferungen für deutsche Unternehmen wie Krankenhäuser oder medizinische Einrichtungen natürlich an erster Stelle stünden. Ein weiterer Kontakt in der Sache fand nicht statt."

Unternehmen fühlte sich nicht "unter Druck gesetzt"

Es sei, so das Ministerium weiter, ureigenste Aufgabe des BMWi und seiner Staatssekretäre, Unternehmensanliegen zu unterstützen und sich in Fragen bilateraler Regierungs-Kooperation gemeinsam konstruktiv abzustimmen. Deswegen gebe es "eine institutionalisierte deutsch-aserbaidschanische Regierungsarbeitsgruppe, die 2019 in Aserbaidschan zuletzt getagt hat, aber im ständigen Austausch, insbesondere auch zu Unternehmensanliegen, ist".

Das Unternehmen Löwenstein erklärte zudem am Freitag, dass es sich "zu keinem Zeitpunkt durch Staatssekretär Bareiß unter Druck gesetzt gefühlt" habe.

Bareiß beont weiter, ihm sei wichtig, dass er sich zu jeder Zeit ordnungsgemäß verhalten habe. Er versehe seine Arbeit als Staatssekretär und Abgeordneter "stets ehrlich und redlich".

Vertrauensverlust sei harter Rückschlag

Derweil bewertet Bareiß’ politischer Konkurrent im Wahllkreis Robin Mesarosch, Bundestagskandidat der SPD, die Angelegenheit ganz anders: "Während im Zollernalbkreis und im Kreis Sigmaringen Beatmungsgeräte fehlten, setzte sich Thomas Bareiß für eine Lieferung nach Aserbaidschan ein. Das ist widerwärtig, eines Abgeordneten unwürdig und gefährdet im schlimmsten Fall Menschenleben." Und weiter: "Beatmungsgeräte in eine menschenfeindliche Diktatur wie Aserbaidschan zu liefern, hat auf der Prioritätenliste unseres Abgeordneten nichts zu suchen. Bareiß‘ Vorgehen wirft drängende Fragen auf. Die aserbaidschanische Diktatur besticht und lobbyiert seit Jahren westliche Politiker."

Unterdessen hat Bareiß erklärt, er habe die Erklärung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterschrieben. Er habe "weder 2020 und 2021, noch zu einem anderen Zeitpunkt, weder direkt noch indirekt und auch nicht über Gesellschaften aus dem Kauf oder Verkauf von Medizinprodukten oder Schutzausstattungen oder aus dem Vermitteln von Kontakten finanzielle Vorteile oder sonstige Vorteile erzielt". Weiter äußert er sich so mit Blick auf die Fraktionskollegen, die im Zusammenhang mit Corona ordentlich privat Kasse machten: Er sei "persönlich sehr enttäuscht, und es ärgert mich, dass das Verhalten Einzelner die ganze Politik in Verruf bringt". Bareiß weiter: "Für alle, die Tag und Nacht hart arbeiten und sich politisch für unser Land und die Menschen engagieren, ist dieser Vertrauensverlust ein harter Rückschlag."