Windkraft und Photovoltaik – am Ausbau der erneuerbaren Energien scheiden sich die Geister. (Symbolfoto) Foto: © mirkomedia/Ezio Gutzemberg – stock.adobe.com/Montage: SWB – Druve

Zu teuer, nicht wirkungsvoll, falsche Schlagrichtung – hart gingen die Referenten beim Vortragsabend der Initiative für St. Georgen (IfStG) mit Deutschlands Strategie für die Energiewende ins Gericht. Fünf zentrale Thesen – und wie sie einzuordnen sind.

Weitere Windkraft- und Photovoltaikanlagen sollen die Energiewende vorantreiben – auch in St. Georgen und Umgebung sind einige Projekte geplant. Und wie vielerorts formiert sich auch hier oftmals Widerstand – gegen die Auswirkungen vor der eigenen Haustür, aber auch gegen die Energiewende an sich.

 

Äußerst kritisch steht dazu auch die Initiative für St. Georgen (IfStG), die nun bei einem Vortragsabend „den Finger in die Wunde legen“ wollte, wie Lothar Schwarz sagte. Hochschulprofessor Eduard Heindl ging mit der Energiewende, die er als „wirtschaftliches Desaster“ sieht, ins Gericht. Unternehmer Wilfried Hahn pries Kernkraft an. Eine Einordnung.

1. Die Energiewende belastet die Volkswirtschaft.

Eines platzierten Heindl und Hahn prominent: Die Energiewende koste Deutschland viel Geld – zu viel auch Sicht der Referenten. „Die Energiewende kostet fünf bis 20 Billionen Euro und ist nicht finanzierbar“, meinte etwa Hahn. Heindl sprach von „riesigen Geldmengen“.

In einer Kurzinformation der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zur Berechnung der Investitionskosten ist von Beträgen zwischen 500 Milliarden Euro pro Jahr oder 13,3 Billionen Euro insgesamt bis 2045 die Rede. Der Bundesrechnungshof geht ebenfalls von massiven Kosten aus: Allein für den Ausbau der Stromnetze, der für die Energiewende nötig ist, ist in einem Sonderbericht von 2024 von Investitionskosten von mehr 460 Milliarden Euro die Rede.

Heindl folgerte: Die Energiewende schadet der Volkswirtschaft – eine These, die er mit Zahlen der OECD aus dem September untermauerte: Dort wird für Deutschland im Jahr 2024 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,1 Prozent prognostiziert, für 2025 von einem Prozent. Damit rangiert die Bundesrepublik unter den G20-Staaten 2024 auf dem drittletzten, 2025 auf dem letzten Platz, was eine schwache wirtschaftliche Entwicklung illustriert. Diese allein auf die Energiewende zurückzuführen, greift aber zu kurz. Die Zahl der Einflussfaktoren ist groß: Internationale Unsicherheiten, private Haushalte, die nur zurückhaltend konsumieren, die viel kritisierte Bürokratie und ein Investitionsstau bei der Infrastruktur sind nur einige davon.

2. Von einer erfolgreichen Energiewende kann nicht die Rede sein.

Nicht nur sei die Energiewende teuer – bisher wurde auch nicht viel erreicht, meinte Heindl. Von 2004 bis 2023 habe Deutschland seinen CO₂-Ausstoß pro Kopf um 3,6 Tonnen auf 7,1 Tonnen verringert. Die Angaben basieren auf Zahlen des Projekts „The Global Carbon Budget“. Im Vergleich zu Reduktionen von fünf Tonnen im Vereinigten Königreich sowie sieben Tonnen in den Vereinigten Staaten eine schwache Leistung, fand Heindl.

Was er unerwähnt ließ: Dieselbe Datenbasis zeigt, dass der CO₂-Ausstoß pro Kopf weltweit in dieser Zeit von 4,4 auf 4,7 Tonnen leicht anstieg. Und in den Vereinigten Staaten ist nicht nur die CO₂-Reduktion pro Kopf größer als in Deutschland – auch die Gesamtemissionen liegen deutlich höher: 2004 bei 20,9 Tonnen und 2023 noch immer bei 14,3 Tonnen.

3. Die Energiewende bringt weniger Versorgungssicherheit.

Windkraft- und Photovoltaikanlagen produzieren nur wetterabhängig Strom – daher leide die Versorgungssicherheit in Deutschland unter einer Abkehr von Kern- und Kohlekraftwerken, argumentierte Heindl. Bei viel Sonne und Wind übersteige schon jetzt die in Deutschland installierte Leistung an erneuerbaren Energien die Nachfrage. Ohne Speichermöglichkeiten „wird dann für den Müll produziert“, meinte Heindl.

Und zusätzliche Leistung in den Bereichen Solar- und Windkraft helfe im Fall einer Dunkelflaute bei Windstille und Dunkelheit nicht weiter. Die Folge: Die gesicherte Leistung sinkt. Auch in Deutschland gab es schon Dunkelflauten. Dann musste Strom aus dem Ausland eingekauft werden oder Kraftwerke mussten ans Netz gehen, was viel kosten kann. Dennoch lag der durchschnittliche Strompreis für Haushalte in Deutschland laut Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft 2024 niedriger als 2023, wobei er höher war als 2019 bis 2022. Für die Industrie lag der Durchschnittspreis 2024 seit 2019 auf dem niedrigsten Niveau.

„Die sichere Stromversorgung ist nicht gefährdet. Deutschland verfügt über ausreichend Erzeugungskapazitäten“, lautete im Januar die Einschätzung der Bundesnetzagentur. Zudem gebe es eine ausreichende Reserven an „Regelenergie“.

4. Netzausbau und Speichermöglichkeiten sind ein massives Problem.

Um Engpässe in der Energieversorgung überbrücken zu können, braucht es Speicher. Doch derzeit gebe es „keine kostengünstige Speichermöglichkeit“, kritisierte Heindl – und war auch der Ansicht, dass eine Lösung des Problems in naher Zukunft nicht zu erwarten ist. Wasserstoff habe einen geringen Wirkungsgrad von nur etwa 30 Prozent und sei zudem nicht großtechnisch verfügbar; für Pumpspeicher fehlten die verfügbaren Flächen auf Bergen.

Die beiden Problemfelder Netzausbau und Speicher benennt auch der Bundesrechnungshof in seinem Bericht von 2024. Beim Netzausbau hinkte Deutschland demnach Ende September 2023 sieben Jahre und fast 5960 Kilometer hinter dem Plan her. Bei Speichern sieht die Behörde Restriktionen, auch technischer Art. Gleichzeitig steigt in Deutschland aber die Zahl der realisierten und geplanten Batteriespeicher und -großspeicher. Der Bundesrechnungshof fordert – ebenso wie die Bundenetzagentur – den Zubau steuerbarer Kapazitäten. Im Rahmen einer 2022 angekündigten Kraftwerksstrategie liegt der Fokus auf Wasserstoff-, Bioenergie- und Gaskraftwerken.

5 Statt erneuerbare Energien auszubauen, sollte Deutschland in eine andere Richtung gehen.

Dieses Fazit zogen beide Referenten – auch wenn ihre Lösungsvorschläge unterschiedlicher Natur waren. Heindls Forderung für Deutschland: Füße stillhalten – andere Länder werden es richten. Durch günstige Solarzellen aus China werde Photovoltaik weltweit „ganz von selbst“ massiv ausgebaut werden, behauptete Heindl, der auf dieser Grundlage von einer Halbierung des globalen CO₂-Ausstoßes bis 2050 ausgeht.

Hahn hingegen plädierte für eine Fokussierung auf Kernenergie – so wie sie Copenhagen Atomics verfolgt. Das Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat er sitzt, ist derzeit noch mit keinem Produkt am Markt, hat aber bereits mehrere Restreaktoren entwickelt und getestet – jedoch bislang ohne radioaktive Brennstoffe.

Obwohl beide Referenten viel von dem kritisieren, was auch der Bundesrechnungshof skeptisch sieht, sieht die Lösung der Bundesbehörde ganz anders aus. Der Bundesrechnungshof stellt die Energiewende nicht infrage, sondern fordert die Regierung auf, Defizite zu beseitigen – „denn das Gelingen der Energiewende ist von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation sowie das Erreichen der Klimaschutzziele“.