Mit Leidenschaft und Emphatie tritt Friedrich Engelke für Erinnerungskultur ein. Foto: Siegfried Kouba

Friedrich Engelke referierte auf Einladung des Bildungswerks über den Nationalsozialismus.

Einen beeindruckenden Vortrag zum Thema „Leben im Oberen Bregtal während des Nationalismus“ bot das Bildungswerk Bregtal im katholischen Pfarrsaal. Referent war Friedrich Engelke, der von 1986 bis 2008 an der Fachhochschule lehrte.

 

Margit Klausmann konnte ein interessiertes Publikum willkommen heißen und stellte den Redner vor, der Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins „Pro Stolpersteine“ in Villingen-Schwenningen ist.

Engelke zeigte einen Betonblock als Stolperstein, derer es in Europa 100 000 gibt, die vom Künstler Gunter Demnig entworfen wurden und die Menschen mental anstoßen sollen.

Man spürte, dass die Erinnerungskultur eine Herzenssache von Friedrich Engelke ist, die er empfindsam und passioniert vertritt: „Stolz bin ich nicht, aber erleichtert.“ Betroffen seien nicht nur jüdische Bürger. Erst 1862 hatte der badische Staat Juden die Ansiedlung in Städten zugelassen. Meist waren sie in ländlichen Gebieten als Textil- und Viehhändler unterwegs. 1920 gab es in Villingen nur 120 Juden.

Mit den Stolpersteinen soll an ihre Deportation und Vernichtung erinnert werden, auch wenn die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, die Sache kritisch sieht. Badische Juden wurden ins südfranzösische Gurs und von dort in Vernichtungslager verbracht.

In Villingen lehnte der Stadtrat die Stolpersteine zweimal ab. Demonstrationen, Runder Tisch und Mahnwachen führten zum Erfolg.

Engelke erinnerte an Amalie Rimbrecht in Furtwangen, die vom jüdischen zum katholischen Glauben konvertierte und Schikanen zu erdulden hatte. Seine intensiven Forschungen in rund 36 000 Krankenakten, darunter auch Bregtäler, führten zu „Kranken-Morden“, die im NS-Jargon mit „Euthanasie“ (schöner Tod) ummäntelt wurden. Real war es ein schrecklicher Tod – „Dysthanasie“. Damit war nicht nur die Vernichtung kranker Menschen, sondern nach „A hoch 4“ auch Arme, Alte, Alleinstehende, Austherapierte gemeint. Schlimmes Beispiel war die Tötungsanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb, wo mehr als 10 000 Menschen ermordet wurden – in einem „Schopf“ mittels Kohlenmonoxid.

Schicksal des Furtwangers Ernst Schlageter

Als Einzelschicksal wurde Ernst Schlageter aus Furtwangen bekannt. Als „traurigsten Ort im Kreis“ bezeichnete Engelke den Friedhof der Krankenpflegeanstalt Geisingen, wo 76 Sterbefälle im Jahr 1944, 186 im Jahr 1945, 87 im Jahr 1946 und 41 Sterbefälle im Jahr 1947 dokumentiert sind. Alles passte in das staatlich verordnete Vernichtungs-System, das auch nach dem Krieg Fortsetzung fand. Die Verantwortlichen seien relativ glimpflich davongekommen und mit einem ansehnlichen Altersruhegeld bedacht worden.