Um der Forderung nach einem höheren Mindestlohn Nachdruck zu verleihen, hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Von einer 14-Euro-Untergrenze würden im Kreis 34 100 Jobs profitieren.
„Im Ortenaukreis arbeiten aktuell rund 15 900 Menschen für den gesetzlichen Mindestlohn. Sie verdienen 12,41 Euro pro Stunde. Das ist das Ergebnis einer Arbeitsmarkt-Untersuchung vom Pestel-Institut“, erklärt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Schwarzwald-Hochrhein in einer Mitteilung. Dabei hätten die Wissenschaftler auch berechnet, was ein höherer Mindestlohn für den Ortenaukreis bedeuten würde. Konkret geht es dabei um den Anstieg des gesetzlichen Mindest-Stundenlohns auf 14 Euro.
„Davon würden enorm viele Menschen profitieren. Im Ortenaukreis ginge der Lohn auf einen Schlag in rund 34 100 Jobs hoch. Immerhin werden heute noch in 14 Prozent aller Jobs im Kreis weniger als 14 Euro pro Stunde verdient“, sagt Matthias Günther. Er leitet das Pestel-Institut, das die aktuellen Mindestlohn-Berechnungen im Auftrag der Gewerkschaft NGG gemacht hat.
Die NGG Schwarzwald-Hochrhein will damit laut Mitteilung ihrer Forderung nach einem höheren gesetzlichen Mindestlohn Nachdruck verleihen. „Es arbeiten zu viele Menschen zum Niedriglohn. Das muss sich ändern. Ziel muss es sein, die Jobs im Ortenaukreis aus dem Lohnkeller zu holen. Der Mindestlohn ist dabei nur die unterste Haltelinie. Wirklich fair bezahlt wird nur, wer Tariflohn bekommt“, sagt Burkhard Siebert, Geschäftsführer der NGG Schwarzwald-Hochrhein.
Rückenwind vom Kanzler
Rückenwind komme dabei auch vom Kanzler: Immerhin habe sich Olaf Scholz für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. „Wenn’s nach dem Kanzler geht, dann soll das unterste Lohnniveau in zwei Schritten steigen – zunächst auf 14 Euro und dann auf 15 Euro pro Stunde“, so Siebert. Die Erhöhung des Mindestlohns sei für die NGG das „entscheidende Signal für mehr Lohngerechtigkeit“. Nach Berechnungen des Pestel-Instituts würde ein Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde in der Ortenau den Beschäftigten in rund 45 900 Jobs „zum Teil deutlich vollere Lohntüten bescheren“, sagt Institutsleiter Matthias Günther.
Die NGG Schwarzwald-Hochrhein macht deutlich, dass es bei der Forderung nach einem höheren Mindestlohn darum gehe, die Menschen vor Armut zu schützen: „Es geht auch um mehr, als die Existenz zu sichern. Der gesetzliche Mindestlohn muss reichen, um davon bei einer Vollzeitarbeit vernünftig leben zu können. Vor allem ohne dabei auf Bürgergeld als staatliche Unterstützung angewiesen zu sein“, betont Siebert.
Erhöhung der Tarifbindung gefordert
Wer nur den gesetzlichen Mindestlohn verdiene, müsse – immer auf einen Vollzeit-Job bezogen – am Monatsende mindestens 60 Prozent von dem Geld verdienen, das die Gesamtbevölkerung als mittleres Einkommen zur Verfügung habe. Ab Januar wird der Mindestlohn „um lediglich 41 Cent auf nur 12,82 Euro steigen“, erklärt die NGG. Das habe die Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften bereits im Sommer 2023 so beschlossen. „Dabei müsste er eigentlich schon jetzt in Deutschland bei rund 14 Euro liegen“, sagt Siebert. Das gehe klar aus der EU-Mindestlohnrichtlinie hervor. „Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn der Bundesarbeitsminister die Mindestlohnkommission auffordert, die Vorgaben der EU-Richtlinie umzusetzen“, so der NGG-Geschäftsführer.
Nach europäischen Vorgaben müsse der Mindestlohn aktuell nicht nur bei rund 14 Euro, sondern bald schon bei mindestens 15 Euro liegen. Außerdem gebe die EU-Richtlinie der Bundesregierung eine weitere wichtige Aufgabe: „Sie muss für eine Erhöhung der Tarifbindung sorgen. Also dafür, dass mehr Menschen von einem Tarifvertrag profitieren“, so Siebert.
Erhöhung in zwei Schritten
Seit dem 1. Januar 2024 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 12,41 Euro. Zuvor waren es 12 Euro brutto pro Stunde. Ein Jahr später – Anfang des kommenden Jahres – folgt die nächste Erhöhung um weitere 41 Cent auf 12,82 Euro.