Einen guten Eindruck von der Höhe der Windräder vermittelt der Windpark Hohenlochen. Foto: Heuer

Windkraft war das beherrschende Thema im Gemeinderat. Was mit der Vorstellung des Vorhabens für den Bau von fünf Windrädern nahe der Gemarkungsgrenze begann, endete mit der Diskussion über die Suche nach potenziellen Zusatzstandorten auf eigener kommunaler Fläche.

Vöhringen - Den Planungsstand zum Windpark nahe der A 81 zwischen Bochingen, Brittheim und Trichtingen stellten Mitarbeiter der Badenova Wärmeplus vor. Anwesend waren Kommunalmanager Wolfgang Marksteiner, Projektentwickler Sebastian Schüßler und Tamara Raschhofer. Die Projektleiterin betonte, die Bereitstellung von Grünem Strom sei zum Standortfaktor bei der Firmenansiedlung geworden.

Windkraft verursache deutlich geringere Stromgestehungskosten als Gas. Rund 50 Millionen Kilowattstunden jährlich sollen produziert werden, wodurch laut Anbieter 32 000 Menschen mit grünem Strom versorgt oder 24 000 Elektrofahrzeuge betrieben werden können. Die CO2-Einsparung liege bei 18 000 Tonnen.

Inbetriebnahme 2025

Der Zeitplan geht vom Abschluss der Pachtverträge in diesem Sommer, Windmessungen ab dem Winter, Untersuchungen zum Arten- und Naturschutz bis Herbst 2023 und einem Antrag auf Genehmigung im Frühjahr 2024 aus. Baubeginn wäre im Jahr 2024, die Inbetriebnahme 2025 oder 2026.

Die Gemeinderäte fragten angesichts einer Nabenhöhe von 160 Metern und einer Gesamthöhe von bis zu 260 Metern auf 620 bis 660 Metern über Normalnull kritisch nach negativen Auswirkungen durch Optik, Schall und Schattenschlag.

Helmut Maier (FWV) gab zu bedenken, die Ortschaften seien zugunsten der Allgemeinheit schon über Gebühr durch die A 81 und die Mülldeponie in Bochingen belastet. Mit mehr als 1000 Metern Abstand zu Wohnsiedlungen liege man über dem vorgeschriebenen Maß von 750 Metern, wurde versichert.

Wie profitiert Vöhringen?

Von der Kommunalabgabe der Badenova würden Vöhringen und Rosenfeld aufgrund ihrer teilweisen Lage in der 2,5-Kilometer-Pufferzone auch ohne Windrad auf eigenem Grund anteilig mit rund 20 000 Euro pro Jahr profitieren. Durch Pachteinnahmen und Gewerbesteuer könnten die kommunalen Einnahmen jedoch erhöht werden, was Überlegungen für einen bis zwei Standorte auf eigener Gemarkung auslöste.

Im Rahmen der Regionalplanentwicklung 2012 sei der Standort "Haderberg" an den Einwänden der Sternwarte Brittheim und an der Nähe zum Siedlungsgebiet gescheitert, teilte Bürgermeister Stefan Hammer mit. Heute gebe es für Windkraft unter dem Druck des Ukraine-Krieges und der Energiewende zum Klimaschutz eine größere Aufgeschlossenheit der Bevölkerung.

Großflächiges Abholzen?

Die Badenova würde eine gleichzeitige Antragstellung für sieben statt fünf Windrädern in den Nachbarkommunen begrüßen. Minimum seien drei Anlagen. Biologen für die arten- und naturschutzrechtlichen Untersuchungen über eine komplette Vegetationsperiode müssten frühzeitig gebucht werden. Ideale Standorte suche man üblicherweise laut Windatlas auf kommunalen Flächen. Als grobe Richtung benannte Hammer den Lohwald Richtung Karpfen im Bereich der Windplatte.

Andrea Kopp (CDU) befürchtete ein großflächiges Abholzen für den Transport der Bauteile zum Aufstellort und riesige Schneisen. Schüßler gab die Breite mit vier Metern an. Die 70 bis 85 Meter langen Rotorblätter würden auf ferngesteuerten Selbstfahrern transportiert und könnten platzsparend bis zu 60 Grad aufgerichtet werden.

Dauerhaft versiegelt werde nur der Fundamentkörper, wofür an einem Tag 80 Lastwagen-Ladungen Beton angefahren werden. Der Flächenbedarf pro Windrad liege bei den hiesigen Bedingungen unter 0,7 Hektar. Ein Drittel werde in Abstimmung mit dem Forst wieder begrünt.

Drängende Fragen

Hammer verdeutlichte die Bedeutung des Landesflächenziels für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zwei Prozent für Windenergie und Photovoltaik (PV) zur Verfügung zu stellen, bedeute 25 Quadratkilometer auf Regionalplanebene, was der gesamten Gemarkungsfläche von Vöhringen und Wittershausen gleichkäme. Eine gleichmäßige Verteilung auf die Kommunen sei nicht realisierbar, doch rechnerisch müsste Vöhringen 50 Hektar bereitstellen, wobei Bestandsanlagen berücksichtigt werden.

Die Gemeinderäte forderten die Verwaltung zur Feststellung auf, welcher Anteil in Vöhringen durch bestehende PV-Anlagen bereits erbracht sei. PV und Windkraft würden sich gut ergänzen, allerdings seien enorme PV-Flächen vonnöten, um die Effizienz einer WEA zu erreichen, rechnete Schüßler vor.

Den drängenden Fragen zur Infraschallimmission und zum Schattenwurf wichen die Fachleute mit der Begründung aus, sie würden aktuell noch nicht den exakten Standort und die Art der Anlagen kennen, hätten noch keinen Pachtvertrag abgeschlossen und könnten ohne die Sicherheit eines Vertrags nicht unendlich in Vorleistung gehen.

Wichtige Infos fehlen

Bürgermeister und Gemeinderat fanden es inakzeptabel, erst nach Vertragsabschluss wichtige Informationen zu erhalten, die Teil der Entscheidungsfindung seien. Sonst gebe es nur eine Rückfahrkarte, wenn sich der Antrag als nicht genehmigungsfähig erweise. Tamara Raschhofer sagte der Gemeinde zumindest eine Karte zu, die den Radius von 2,5 Kilometern um die WEAs und deren Abstände zur Wohnbebauung ersichtlich macht. Andrea Kopp wollte eine zeitnahe Visualisierung zur Einschätzung der tatsächlichen Höhe und optischen Wirkung sehen.

Man bewege sich innerhalb des deutschen Rechts und werde alle Genehmigungen einholen, versicherte Schüßler und gab sich gelassen. Für den im März 2021 in Betrieb genommenen Windpark Hohenlochen würden noch heute Klagen und Gerichtsverfahren laufen, doch er gehe aufgrund der politischen Weichenstellung von sinkenden Risiken aus.

Bedenken ernstnehmen

Auflagen mit zeitweisen Abschaltungen würden das konservativ gerechnete Vorhaben nicht gefährden. Mit Einschränkungen wegen der Sternwarte rechne er nicht. Man sei im Gespräch.

Hammer stufte es für Vöhringen als lohnend ein, sich mit dem Thema Windkraft auseinanderzusetzen und sich am Projekt zu beteiligen. Die Bevölkerung müsse ausreichend informiert werden. Dazu gehöre es auch, Bedenken ernst zu nehmen und mit Fakten zu entkräften.