In Waldrefugien wird die ausgewiesene Fläche sich selbst überlassen, ähnlich wie in den größeren Bannwäldern oder Nationalparks. Foto: Tröger

Ein neuer Ansatz vor allem auch für den Artenschutz wird in Gechingen nach dem Willen des Gemeinderats gewählt. Vorerst auf einem kleinen Teil des rund 500 Hektar großen Gemeindewalds wird die Natur sich selbst überlassen und auf eine Bewirtschaftung verzichtet.

Gechingen - Der Gechinger Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung Revierleiter Jürgen Martinek gemeinsam mit der stellvertretenden Leiterin der Abteilung Forstbetrieb und Jagd beim Landratsamt Calw Inge Hormel beauftragt, im Gechinger Gemeindewald geeignete Flächen dafür auszuwählen. Über die Vorschlagsliste soll im kommenden Jahr beraten und beschlossen werden.

Ökopunkte als Nebeneffekt

Beim Waldbegang im Sommer in Vorbereitung der Forsteinrichtung waren Waldrefugien schon angesprochen worden. Er persönlich sei grundsätzlich dafür, aus Naturschutzgründen und "ich freue mich über den Nebeneffekt der Ökopunkte", sagte Bürgermeister Jens Häußler. Der Schultes würde sich wünschen, dass diese Ökopunkte nicht nur für baurechtliche Entscheidungen eingesetzt werden können, sondern auch für wasserrechtliche wie Hochwasserschutz oder die Sanierung von Regenüberlaufbecken, Maßnahmen, die in Gechingen auf der Agenda stehen.

Extremstandorte sind interessant

Entscheidende Merkmale bei der Auswahl der künftig sich selbst überlassenen Refugienflächen ist ihre naturschutzfachliche Wertigkeit, sagte Inge Hormel in ihrer Präsentation. Zielsetzung zum Beispiel im Staatswald sei es, etwa fünf Prozent der Flächen so aus der Bewirtschaftung zu nehmen. In Gechingen ist im ersten Schritt an bis zu drei Prozent des rund 500 Hektar umfassenden Gemeindewalds gedacht. Das diene dann auch dem Artenschutz.

Extremstandorte, trockene Standorte seien interessant, "ein 100 Jahre alter Fichtenbestand macht keinen Sinn". Auswahlkriterien sind das Bestandsalter und die Artenvorkommen, Waldflächen mit bisher schon extensiver Nutzung sowie die räumliche Lage und Vernetzung mit anderen alten und besonders strukturreichen Waldteilen. "Dauerhafte Waldrefugien sind ein hochinteressanter Ansatz, weil der Zerfallsprozess nicht auf einzelne Bäume beschränkt ist, sondern in der Fläche stattfindet", erläuterte Hormel. Um Konflikte zu vermeiden, sollten die Flächen nicht an Straßen oder viel begangenen Wegen liegen. Sinn mache ebenso die Verteilung der einzelnen Waldrefugien wie Trittsteine über den ganzen Waldbestand.

Zurücknehmen ist schwierig

Er habe Bammel bei der dauerhaften Einrichtung, meldete Simon Klass Bedenken an, "kann ich das nie mehr zurücknehmen?" Zurücknehmen ist schwierig, so Hormel, es werde ja eine Alterungs- und Verfallphase eingeleitet, "nach zehn oder 20 Jahren erreiche ich die noch nicht. Auch Ökopunkte und Rücknahme widersprechen sich." Ob man als Privatperson oder Naturschutzgruppe bei der Auswahl der Flächen mitmachen könne, fragte Annette Klink-Stürner. Die Forstleute sind dafür offen, und auch der Schultes betonte, dass "wir es nicht im Saal beschließen wollen". Man müsse die Sache weit vorausdenken, denn es sei für die Ewigkeit, machte Martinek noch mal deutlich, "wir haben uns schon Ideen für Flächen in eine Kladde geschrieben". Es könnte ein interessantes Objekt werden, fand Gemeinderat Claus Schaible, "ich habe aber Bedenken, wenn wir es an übergeordnete Behörden abgeben". Man habe doch jetzt schon abgestorbene Bäume und sogenannte Spechtbäume im Wald. "Mir geht das alles zu weit in unserem kleinparzellierten Wald." Ratskollege Frank Schöninger fragte, ob die Flächen befriedet werden oder ob die Jagd in den Gebieten weiter uneingeschränkt möglich bleibt. "Außer dass in den Waldrefugien kein Holz mehr

gemacht werden darf, gibt es keine Einschränkungen", so Hormel. Die Flächen werden jedoch im Gelände kenntlich gemacht und die Gemeinde habe natürlich weiter die Verkehrssicherungspflicht.

Erste Vorschläge bis Februar 2022

Der Gemeinderat beauftragte die Forstverantwortlichen mit der Auswahl von geeigneten Flächen für Waldrefugien, lediglich Claus Schaible stimmte dagegen. Es soll laut Verwaltung ein Bekenntnis der Gemeinde zu den in der Forsteinrichtung festgelegten ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen wie nachhaltiger Waldumbau und Artenschutz mit Blick auf die Klimaveränderungen sein und ebenso die Erholungsfunktion des Gemeindewaldes erhalten. Bis Ende Februar 2022 machen Hormel und Martinek erste Vorschläge und kommen dann mit der Auswahlliste wieder in den Gemeinderat. Die interessierten Privatpersonen und Gruppen, die sich bei der Auswahl einbringen wollen, sollen sich im Rathaus melden.