German Khodunai bringt regelmäßig sein handwerkliches Geschick in der Fahrradwerkstatt der Kehler Flüchtlingshilfe ein. Foto: Stadt Kehl

Der 29-jährige German Khodunai ist vor dem Krieg in der Ukraine geflohen und hat sich in Kehl ein neues Leben aufgebaut. Er arbeitet als Bühnenhelfer in der Stadthalle und engagiert sich in der Fahrradwerkstatt der Kehler Flüchtlingshilfe.

German Khodunai ist aus Odessa vor dem Ukrainekrieg geflüchtet und hat sich in Kehl mit Unterstützung des Teams der städtischen Integrationsmanager in der Rheinstadt ein neues Leben aufgebaut. „Ich habe hier ein gutes Leben“, sagt er.

 

Russland hat am 24. Februar im vergangenen Jahr die Ukraine überfallen. Am 14. März 2022 erreichte Khodunai aus der ukrainischen Hafenstadt Odessa auf der Flucht vor dem Angriffskrieg die Rheinstadt. Bei der Suche nach einem Job und einer Wohnung habe ihn das städtische Integrationsmanagement unterstützt, erklärt die Stadt in ihrer Mitteilung. „Der russische Überfall hatte den 29-Jährigen sprichwörtlich aus dem Schlaf gerissen: Nahe bei Odessa schlugen russische Raketen ein und rüttelten ihn und seine Lebenspartnerin wach“, heißt es weiter.

Khodunai flüchtet Anfang März aus der Ukraine

„Im ersten Moment hielten wir die Explosionen für Feuerwerke“, erinnert sich German Khodunai. Rasch stellte sich dann aber heraus, dass die Realität deutlich besorgniserregender war.

Khodunai erinnert sich, wie er seine Freundin mit zittrigen Knien aufgefordert hatte, ihre Papiere und Sachen zusammen zu sammeln und zu ihrer Mutter zu flüchten. „Es ist mir unbegreiflich, wie man im 21. Jahrhundert noch einen Krieg anzetteln kann“, sagt er kopfschüttelnd. Wenige Tage nach dem Überraschungsangriff des russischen Militärs – es war bereits Anfang März – bricht der 29-Jährige dann zur Flucht auf. Über Zwischenstationen im polnischen Krakau und in den Niederlanden in Amsterdam entkommt er dem Krieg und landet in der Rheinstadt, wo er auch seine Freundin wiederfindet. Diese hatte die ukrainische Heimat ebenfalls fluchtartig verlassen und war über Moldawien und Dänemark schließlich zu ihrem Bruder nach Kehl gereist, wo dieser wohnte. Drei Monate lang lebte German Khodunai mit seiner Freundin und vier weiteren Menschen in der Drei-Zimmer-Wohnung des Bruders unter einem Dach. Anschließend bezog er ein Zimmer in der ehemaligen Gaststätte Sonnenhof in Odelshofen. Dort traf er auf Integrationsmanager Fares Mousa. „Ein guter Mann“, erinnert sich Khodunait.

Während seines Aufenthalts in Odelshofen erreichte auch seine Mutter sowie eine Freundin seiner Schwester die Rheinstadt. „Fares Mousa hat uns bei der Unterbringung geholfen“, so der 29-Jährige. Die Hilfe des städtischen Integrationsmanagements habe sich damit aber noch nicht erschöpft: Anna Kukharuk, selbst aus der Ukraine geflüchtet, verhalf ihm zu Arztterminen und unterstützte bei der Wohnungssuche.

29-Jähriger ist als Helferin der Stadthalle tätig

Der Integrationsmanagerin verdankt es German Khodunai auch, dass er inzwischen einer Nebentätigkeit in der Stadthalle nachgehen kann. Der Kehler Weihnachtsmarkt war dafür der Ausgangspunkt gewesen. An einem eigenen Stand hatten Geflüchtete aus der Ukraine den Besucherinnen und Besuchern landestypische Gerichte und Gebäcke angeboten – unter ihnen auch Anna Kukharuk. Dort war sie dann von Volker Lorenz, bei der Stadt Kehl für Stadthallenmanagement, Märkte und Wirtschaftsförderung zuständig, angesprochen worden. „Wir hatten noch helfende Hände für unser Stadthallen-Team gesucht“, berichtet Lorenz. Anna Kukharuk empfahl ihm daraufhin, German Khodunai anzufragen und dieser folgte ihrem Rat. Kukharuk übersetzte für den 29-jährigen Ukrainer.

Seither ist German Khodunai als Bühnenhelfer in der Stadthalle tätig. Zu seinen Aufgaben gehört es, Kulissen für Theaterstücke auf- und abzubauen, Stuhlreihen für Konzertabende aufzustellen und in der Garderobe auszuhelfen. „Er ist handwerklich begabt“, bestätigen sowohl Kukharuk als auch Lorenz. Dieses handwerkliche Geschick bringt Khodunai zusätzlich in der Fahrradwerkstatt der Kehler Flüchtlingshilfe in den Räumen hinter dem Sundheimer Grundschulgebäude ein. Dort flickt er löchrige Fahrradschläuche oder richtet verzogene Lenker. „Es ist eine willkommene Ablenkung“, sagt er. „Es hält mich davon ab, ständig über diesen blödsinnigen Krieg nachzudenken.“

Freundin wird im November nach Amerika auswandern

Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, nach Kriegsende wieder in die Ukraine zurückzukehren, gibt sich der 29-Jährige zurückhaltend: „Ich habe hier ein gutes Leben.“ Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb beteiligt sich German Khodunai in seiner Freizeit neben seinem ehrenamtlichen Engagement für die Fahrradwerkstatt an den Hilfsgütertransporten in seine ukrainische Heimat. Er sammelt Schlafsäcke, Isomatten, Kleidungsstücke und fährt dafür auch schonmal bis nach Köln, um die Hilfsgüter mit dem Sprinter abzuholen. „Mein Vater ist immer noch in Odessa“, berichtet er. Seine Freundin wird voraussichtlich Kehl im November in Richtung der Vereinigten Staaten verlassen. „Sie hat in der Greencard-Lotterie gewonnen“, sagt er.

Beauftragte der Stadt

Die Integrationsbeauftragten der Stadt Kehl übernehmen Koordinierungsaufgaben zwischen allen Institutionen, freien Trägern, Migrantenorganisationen und Ehrenamtlichen, die sich im Bereich Integration engagieren. Darüber hinaus setzen sie Projekte zur Chancengerechtigkeit und Teilhabe auf Grundlage der Integrationskonzeption um. Sie entwickeln Bildungsangebote für Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung, vermitteln Sprachkurse, unterstützen interkulturelle Feste und fördern Engagement.