Das Salzbergwerk der Südwestdeutschen Salzwerke AG in Bad Friedrichshall bei Heilbronn. Am Ende des Zweiten Weltkriegs suchte eine Gruppe alliierter Offiziere in Nazi-Deutschland nach versteckten Kunstschätzen. Diese "Monuments Men" kamen auch nach Heilbronn - 70 Jahre später bringt George Clooney die Story nun in die Kinos. Foto: dpa

Das „Rote Kreuz der Kunst“: Am Ende des Zweiten Weltkriegs suchte eine Gruppe alliierter Offiziere in Nazi-Deutschland nach versteckten Kunstschätzen. Diese „Monuments Men“ kamen auch nach Heilbronn - 70 Jahre später kommt ihre Geschichte nun in die Kinos.

Das „Rote Kreuz der Kunst“: Am Ende des Zweiten Weltkriegs suchte eine Gruppe alliierter Offiziere in Nazi-Deutschland nach versteckten Kunstschätzen. Diese „Monuments Men“ kamen auch nach Heilbronn - 70 Jahre später kommt ihre Geschichte nun in die Kinos.

Heilbronn - 180 Meter geht es in die Tiefe, mit einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde. Ein Streckennetz von insgesamt rund 650 Kilometern führt durch unterirdische Stollen und Gänge in einem Salzbergwerk nahe Heilbronn - ein perfektes Versteck.

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs lagerte in der Saline ein Kunstschatz von unschätzbarem Wert in mehr als 40 000 Kisten. Ein Selbstporträt von Rembrandt und Bilder von Vincent van Gogh waren darunter. Dass sie den Krieg heil überstanden, ist einer kleinen Truppe von allierten Kunstdetektiven zu verdanken. Die Story dieser „Monument Men“ bringt George Clooney nun in die Kinos.

Doch wie kamen die Schätze überhaupt nach Heilbronn? Museen, Kirchen und Privatiers aus ganz Nazi-Deutschland ließen ab 1942 ihre Kostbarkeiten in das Versteck karren, um sie vor Zerstörung und Diebstahl zu schützen. Das Bergwerk mit konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit war eines von mehreren Geheimlagern im Reich.

Die „Stuppacher Madonna“ von Matthias Grünewald zum Beispiel „lag hier einfach so rum“, erzählt der Direktor des Heilbronner Stadtarchivs Christhard Schrenk. Mit Sicherheitsschuhen, Schutzjacke und Helm ausgestattet fährt er in die ehemalige Schatzkammer. „Ohne den Einsatz einiger amerikanischer Offiziere wäre das alles verloren gewesen“, ist Schrenk sicher.

Hollywood kam nicht in Heilbronn vorbei

Ihre Aufgabe war es, die Kunst in Deutschland zu retten. Die Einheit hieß „Monuments, Fine Arts and Archive Section“, kurz „Monuments Men.“ Die meisten waren Kunstexperten, Restauratoren oder Architekten. Clooney präsentiert jetzt auf der Berlinale den gleichnamigen Film über die Männer, die in mühseliger Kleinarbeit Listen bearbeiteten, Schätze ausfindig machten und dann - anders als die russischen Besatzer - den Eigentümern zurückgaben.

„Sie waren sozusagen das Rote Kreuz der Kunst“, erzählt Schrenk. Die Experten waren vor allem auf der Suche nach Raubkunst, doch der Anteil war in Heilbronn gering. „Er lag bei ungefähr zwei Prozent“, weiß Schrenk.

Einer der „Monument Men“, James Rorimer, kam im April 1945 zum Bergwerk. In Clooneys Film wird er von Matt Damon dargestellt. Der Streifen wurde vor allem in Potsdam-Babelsberg gedreht, in Heilbronn kamen die Hollywood-Stars nicht vorbei.

Als Rorimer damals in Heilbronn auf Schatzsuche ging, sei es schon fast zu spät gewesen, weiß Schrenk. Risse waren nicht repariert worden, Wasser war eingedrungen - niemand pumpte es ab. Die wertvollen Stücke, die auch aus Venedig, Köln oder von der Insel Sylt hergebracht worden waren, wären fast verloren gewesen.

Der spätere Leiter des New Yorker Museum of Modern Art wollte das nicht hinnehmen. Mit einer 2000 Liter fassenden Wanne wurde das Bergwerk „leer gemacht“, erzählt Schrenk, während er durch einen fast 20 Meter hohen und rund 100 Meter langen Stollen marschiert. Unzählige Male wurde die gefüllte Wanne nach oben befördert. „Sonst wäre hier alles abgesoffen.“

In Heilbronn arbeitete auch ein junger Mann namens Harry Ettlinger. 1926 wurde er in Karlsruhe geboren. Mit seiner Familie wanderte der deutsche Jude aber 1938 in die USA aus - und kam als „Monument Man“ zurück in seine alte Heimat. Im Alter von 19 Jahren saß er dann nach Kriegsende in einem klitzekleinen Büro mit einem stinkenden, qualmenden Ofen. Seine Sprachkenntnisse machten ihn wertvoll. Ein Kunstexperte war Ettlinger aber nicht.

Selbstporträt von Rembrandt im Stollen

Das Selbstporträt von Rembrandt, das vor der Einlagerung in der Karlsruher Kunsthalle hing, soll er aber noch aus Kindertagen gekannt haben. Als er es dann später in den Stollen fand, soll das ein besonderer Moment gewesen sein. Heute hängt es wieder an seinem alten Platz. Genau hier bekommt Ettlinger am 15. Februar die goldene Staufenmedaille für seine Arbeit verliehen. Er ist der letzte noch lebende „Monument Man“.

Mit den von ihm und den anderen Soldaten gefundenen Werken wurden auch hochkarätige Ausstellungen initiiert, erzählt Schrenk, der heute mit Ettlinger befreundet ist. Alle Schätze gingen zurück an die Besitzer. Auch die hier gelagerten Fenster aus dem Straßburger Münster wurden nach ihrer Entdeckung an die Franzosen übergeben. Kisten voller Konstruktionszeichnungen der Firma Daimler waren in der Nachkriegszeit für den Autobauer von großem wirtschaftlichen Wert.

Bereichert habe sich damals niemand, weiß Schrenk. Fast drei Jahre lang recherchierte er für sein Buch über den Heilbronner Schatz im Salzbergwerk. Einzig ein paar Raketen nahmen die Soldaten für ein Fest in Heidelberg mit. „Das Feuerwerk war für den Endsieg gelagert, das wussten sie aber nicht“, erzählt er unter Tage. So schossen die Amerikaner nach Kriegsende Hakenkreuze in den Heidelberger Himmel.