Der 33-jährige Filipino Paulo Peru hat mithilfe von Pisacare in Villingen-Schwenningen als Pflegefachkraft Fuß gefasst. Foto: Simone Neß

Ein neues Land, eine fremde Sprache, ein Neuanfang: Paulo Peru hat den Schritt gewagt – und ist heute eine von Tausenden Pflegefachkräften, die in Deutschland so dringend gebraucht werden. Der 33-jährige Filipino tauschte tropische Hitze gegen Schwarzwälder Nieselregen und fand in Villingen-Schwenningen sein neues Zuhause.

Rund 4000 Menschen verlassen täglich die Philippinen, um in einem anderen Land Fuß zu fassen – Paulo Peru war einer von ihnen.

 

Der 33-Jährige ist ausgebildete Pflegefachkraft mit einem Bachelor of Nursing und entschied sich früh, seine berufliche Zukunft im Ausland zu suchen.

Der Grund, warum er sein Heimatland verlassen wollte, war der Wunsch, eine neue Sprache zu lernen. Sein Traum war Japan, doch das Schicksal führte den 33-jährigen Filipino in den Schwarzwald.

Pisacare hilft Paulo Peru auf dem Weg nach Deutschland

Der Weg nach Deutschland Im September 2022 kam Paulo Peru mit mithilfe von Pisacare von der philippinischen Insel Luzon nach Deutschland und arbeitet seither im Altenheim St. Lioba in Villingen-Schwenningen. Pisacare, eine Agentur aus Villingen-Schwenningen, hat sich darauf spezialisiert, ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu vermitteln. Das ist ein Prozess, der für viele Einrichtungen allein kaum zu stemmen ist. Der bürokratische Aufwand ist groß, die Anforderungen komplex. Deshalb begleitet die Agentur nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Bewerber eng auf ihrem Weg ins neue Leben.

„Ich hatte zuvor eine andere Agentur kontaktiert, aber sie haben mich im Stich gelassen“, schildert Paulo Peru die anfänglichen Schwierigkeiten. Dass er dann mit Pisacare und der Geschäftsführerin Isa Benzing in Kontakt kam, war für dem 33-Jährigen ein Glücksgriff.

Isa Benzing, Geschäftsführerin von Pisacare, hat Paulo Peru geholfen, nach Deutschland zu kommen. Foto: Simone Neß

Zwei Jahre lang hatte Paulo Peru bereits in seinem Heimatland Berufserfahrung in einem Krankenhaus gesammelt. Das sei für viele Arbeitgeber Voraussetzung, dass sie ausländische Fachkräfte überhaupt in Deutschland beschäftigen. Auch den nötigen B 2-Sprachnachweis hatte er auf den Philippinen erworben – eine Grundvoraussetzung, um in Deutschland als Pflegekraft arbeiten zu dürfen.

Mit Isa Benzing steht er noch heute in Kontakt

Mit Pisacare an der Seite durchlief er den langen und bürokratischen Prozess. Bei seiner Ankunft in Deutschland galt er zunächst als „Pflegekraft in Anerkennung“ und musste sich einer praktischen und mündlichen Prüfung stellen. Diese Prüfung dürfen die Fachkräfte insgesamt nur zwei mal antreten. Paulo Peru gehörte zu den glücklichen 50 Prozent, die es beim ersten Mal schafften. „Danach konnte ich endlich wieder besser schlafen“, erzählt er. Besonders die mündliche Prüfung sei ihm schwer gefallen – weniger wegen des fachlichen Inhalts, sondern wegen der Sprache.

Paulo Peru und Isa Benzing sind auch heute noch in engem Kontakt. Foto: Simone Neß

Heute ist Isa Benzing nicht nur Ansprechpartnerin, sondern auch Vertrauensperson geblieben. Denn auch zweieinhalb Jahre nach Paulo Perus Ankunft in Deutschland, stehen die beiden noch immer im Kontakt, und man hat den Eindruck: Hier ist eine Freundschaft entstanden.

Im Altenheim St. Lioba hat er seinen Platz gefunden

Arbeitsalltag im Pflegeheim Im Altenheim St. Lioba in Villingen, das vom Caritasverband getragen wird, hat Paulo Peru seinen Platz gefunden. Der 33-Jährige fühlt sich dort wohl – auch, weil seine anfänglichen Vorurteile schnell widerlegt wurden. „Ich dachte, die Deutschen sind kalt, aber das stimmt nicht. Die Deutschen sind zwar direkt, aber sie sind sehr hilfsbereit und freundlich. Man kann immer nachfragen. Das finde ich sehr toll“, erzählt er.

Im Altenheim St. Lioba in Villingen hat Paulo Peru seinen Platz als Pflegefachkraft gefunden. Foto: Simone Neß

Dennoch: Die Unterschiede zur Pflege auf den Philippinen sind deutlich – sowohl in den Arbeitsabläufen als auch im Umgang miteinander. Tatsächlich sind Pflegeheime auf den Philippinen eine Seltenheit, erzählt der 33-Jährige. Dort übernehmen in der Regel die Angehörigen die Pflege.

Kommunikation auf Augenhöhe

Schön findet er, dass er im St. Lioba mit den Ärzten auf Augenhöhe kommunizieren kann, was in seiner Heimat nicht so einfach möglich war. Dort würden sehr steile Hierarchien herrschen und Pflegefachkräfte hätten nur wenig Mitsprache.

Manches, was er früher routiniert erledigte, ist ihm in Deutschland nicht erlaubt. So darf er zum Beispiel keine Medikamente intravenös verabreichen, das ist hierzulande den Ärzten vorbehalten.

Auch körperlich bringt ihn der Job manchmal an seine Grenzen. Viele Bewohner im Heim haben Pflegegrad vier oder fünf und sind kaum mobil. Sie zu lagern, aufzurichten oder umzulagern, ist oft sehr anstrengend. Und auch das Telefonieren fällt ihm bei der Arbeit aufgrund der Sprachbarriere manchmal noch schwer.

Trotzdem: Der 33-jährige Filipino brennt für seinen Job. „Der Job gefällt mir, weil ich mich um Menschen kümmern kann“, sagt Paulo Peru. Gerade die älteren Leute hat der 33-Jährige ins Herz geschlossen. Und: Durch die Gespräche mit den Heimbewohnern habe er außerdem viel Deutsch gelernt.

Das Reisen hat er für sich entdeckt

Integration in Deutschland Inzwischen lebt Paulo Peru allein in einer kleinen Wohnung mitten in der Villinger Innenstadt. Zur Arbeit braucht er von dort nur 15 Minuten. Er liebt das deutsche Essen und schätzt die Ruhe auf den Straßen und die gute Luft.

Auch das Reisen hat er für sich entdeckt: Finnland, Schweden, Dänemark, Österreich, Monaco, Luxemburg und Frankreich kann er von seiner „Bucket List“ bereits streichen, als nächstes geht es nach Amsterdam und mit Freunden nach Spanien. Nur das milde Wetter im Schwarzwald – das bleibt für den Filipino eine Herausforderung.

In die Heimat will er nicht zurückkehren

Mit Rassismus musste der 33-Jährige glücklicherweise noch keine Erfahrungen machen. Auch Isa Benzing erzählt lediglich von einem Fall, bei dem ein Bewerber in einer Einrichtung von einer Patientin gefragt wurde, ob er dumm sei, weil er die Sprache nicht einwandfrei konnte. Doch das blieb glücklicherweise ein Einzelfall.

Paulo Peru fühlt sich in Deutschland jedenfalls sehr wohl. Ob er trotzdem manchmal Heimweh hat? „Meine Leute auf den Philippinen mögen Partys und sind laut – ich bin eher introvertiert“, sagt der 33-Jährige und lacht.

„Ich vermisse meine Familie, aber sonst eigentlich nichts“, sagt Paulo Peru. Erst vor kurzem habe er seine Familie in der Heimat besuchen können. Dass er dorthin einmal wieder zurückkehren wird, ist für den 33-Jährigen aber eher unwahrscheinlich.

Ausländische Pflegefachkräfte im Schwarzwald-Baar-Klinikum

Rekrutierung
Auch das Schwarzwald-Baar-Klinikum beschäftigt Pflegefachkräfte aus dem Ausland. Von derzeit rund 1100 Pflegefachkräften sind 40 aus dem Ausland geworben, erklärt Sandra Adams, Pressesprecherin der Klinikums auf Anfrage unserer Redaktion. Diese kommen von den Philippinen und aus Bosnien beziehungsweise Serbien. Mit Agenturen arbeitet das Klinikum dafür laut Adams aktuell nicht zusammen und erhalte stattdessen überwiegend Initiativbewerbungen. Damit Pflegefachkräfte am Schwarzwald-Baar-Klinikum arbeiten dürfen, müssen sie über das Sprachniveau B 2 verfügen und der Schulabschlusses durch das Regierungspräsidium Stuttgart anerkannt worden sein. „Im Schwarzwald-Baar-Klinikum bieten wir das Anerkennungsverfahren an. Im Rahmen eines speziellen Praktikums werden die Fachkenntnisse vertieft, so dass eine Anerkennung durch das Regierungspräsidium Stuttgart möglich wird“, erklärt Adams.

Fachkräftemangel
„Die Pflegefachkräfte, die wir aus dem Ausland rekrutiert haben, sind wichtig, vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels. Gleichzeitig machen sie aktuell nur einen kleineren Teil der Belegschaft aus“, erklärt Adams. Das Klinikum wolle ein attraktiver Arbeitgeber sein, wofür vieles getan werde – „zum Beispiel in Form moderner Arbeitszeitmodelle oder umfassender Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten“. Der Stellenplan im Bereich der Pflege sei aktuell zu 96 Prozent besetzt. „Auch bei unseren Ausbildungsangeboten verzeichnen wir eine gute Nachfrage“, betont Adams.