Katastrophen wie die Flut im Ahrtal erfordern gute Strukturen für eine schnelle Reaktion. Foto: dpa/Boris Roessler

Corona, Flut, Flüchtlinge, Krieg und Erdbeben: Die Krisen in Deutschland und weltweit nehmen zu. Das DRK in Baden-Württemberg sieht Schwachpunkte im System und will der Landesregierung Verbesserungen vorschlagen.

Ob durch Corona, Flut im Ahrtal und Flüchtlinge direkt vor unserer Haustür oder durch Krieg und Erdbeben nicht weit entfernt: Die Krisen und Katastrophen nehmen offenbar kein Ende. Das wissen auch die vorwiegend ehrenamtlichen Helfer im Bevölkerungsschutz, die immer dann anpacken, wenn Hilfe gebraucht wird. „Wir sind seit drei Jahren im Krisen-, aber auch im Lernmodus“, sagt Barbara Bosch, Präsidentin des Landesverbandes Baden-Württemberg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

Der Landesverband stellt 102 von 120 Bevölkerungsschutzeinheiten in Baden-Württemberg. Gemeinsam mit dem Badischen Roten Kreuz, das für Südbaden zuständig ist, sind es 117. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre leitet Bosch Forderungen an die Politik ab: „Der Bevölkerungsschutz muss flexibler werden und darf kein starres Konstrukt sein. Die Strukturen müssen auf den Prüfstand.“

Konkret sieht man beim DRK mehrere Punkte. Einer davon ist die Verbesserung der Kommunikationswege. Die Experten fordern ein gemeinsames Kompetenzzentrum aller beteiligten Akteure von den Behörden bis hin zu den Hilfsorganisationen. So soll im Krisenfall die Vernetzung besser funktionieren. Großes Thema ist aber auch die Finanzierung des Bevölkerungsschutzes. „Wir brauchen eine Vollfinanzierung durch das Land“, sagt Jürgen Wiesbeck, Landesdirektor der Bereitschaften und Krisenmanager beim DRK. Bisher zahlen die Organisationen mindestens die Hälfte der Kosten selbst. Die Ausbildung eines Sanitätshelfers kostet 1300 Euro, seine Schutzausrüstung 1200 Euro. „Wir bekommen als Zuschuss aber nur 130 Euro pro Kopf und Jahr“, so Wiesbeck. Den Rest müsse man mit Spenden finanzieren.

Das DRK sieht aber auch noch in weiteren Punkten Verbesserungsbedarf. Dazu gehören die Digitalisierung, aber auch die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung. Die müsse wieder Wissen über das Thema aufbauen. Auf diese Weise könne man auch „Mut machen, sich aktiv zu beteiligen“, so Wiesbeck. Zum Beispiel in einer Hilfsorganisation, aber auch – für alle, die nicht regelmäßig etwas tun wollen – in einer neuen Plattform, auf der sich ungebundene Helferinnen und Helfer registrieren können, wenn sie im Krisenfall zur Verfügung stehen.

Neues Gesetz in Arbeit

Seine Erkenntnisse will das DRK in einem Positionspapier der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtags vorlegen und dort auch vorsprechen. Ziel: So viele Vorschläge wie möglich sollen letztlich in der geplanten Neufassung des Landeskatastrophenschutzgesetzes auftauchen und umgesetzt werden. Beim DRK rechnet man damit, dass ein erster Entwurf im Frühjahr 2024 vorliegen könnte. Von der Notwendigkeit ist man fest überzeugt: „Es ist zu befürchten, dass die Krisen nicht weniger werden“, sagt Barbara Bosch.