Wenn schon der aktuelle Sponsorname runter muss vom Trikot, hofft man beim TV Rottenburg, dass zumindest die Mannschaft nicht auseinanderfällt. Doch aufgrund der unklaren finanziellen Lage herrscht kadertechnisch momentan noch Stillstand. Foto: Hirsch

Volleyball: Bundesligist muss sportlich und wirtschaftlich um den Ligaverbleib bangen.

Es sind nervenaufreibende Wochen für die Volleyballer des TV Rottenburg und die Geschäftsführung. Sowohl sportlich als auch finanziell droht das Ende des Erstligadaseins. Am heutigen Mittwoch will man das große Zittern zumindest sportlich schon einmal beenden.

Philipp Vollmers Sorgenfalten könnten derzeit kaum größer sein, auch wenn er sich das im Gespräch nicht anmerken lässt. Allein die sportliche Situation sorgt für Anspannung beim Geschäftsführer des TV Rottenburg Volleyball. Heute (ab 19 Uhr) entscheidet sich auswärts gegen die Netzhoppers König Wusterhausen in den Pre-Playoffs, ob die Neckarstädter das letzte Ticket für die Playoffs ziehen oder ins Abstiegsduell müssen. Friedrichshafen oder Solingen. Entspannte Bonusspiele oder akute Abstiegsgefahr.

Und auch wenn man da sauber rauskommt, ist die Gefahr des Abstiegs noch nicht gebannt. Denn es klafft immer noch eine große Lücke nach dem Rückzug des umstrittenen Kopp Verlags als Haupteinnahmequelle (wir berichteten). Eine sechsstellige Summe bekam das Bundesliga-Team aus Rottenburg von Jochen Kopp und seinem Verlag. Vor einigen Wochen machte der Verein bekannt, dass das Engagement von Verlagsseite eingestellt wird. Als Grund nannten Kopp und der TVR die öffentlichen Angriffe gegen das Unternehmen.

Doch wie sieht es finanziell aktuell aus? "Die Hälfte der Lücke ist bisher geschlossen, aber das reicht noch nicht. Grünes Licht für die Lizenz kann ich noch nicht geben", berichtet Vollmer. Die mediale Aufmerksamkeit nach dem Kopp-Ausstieg sei eher hilfreich gewesen, bekennt der Geschäftsführer. Denn dadurch hätten einige bestehende Sponsoren ihre Bereitschaft erklärt, ihr Engagement auszuweiten.

Vollmer nennt unter anderem die AOK Neckaralb. Und die Stadt Rottenburg, die mit einem fünfstelligen Betrag den größten Beitrag zum Lückenstopfen leistet ("Ich bin froh, dass Verein und Stadt da so zusammenrücken"). "Ich habe aber jetzt noch einiges vor mir, in zwei bis drei Wochen muss ich die andere Hälfte füllen." Gespräche gebe es schon, doch Vollzug könne er noch nicht melden. "Die potenziellen Sponsoren wissen, dass die Zeit drängt." Eines ist für Vollmer aber klar: "Ich glaube zurzeit kurzfristig nicht an DEN Hauptsponsor. Das war Kopp ja auch nicht, das war nur für eine Phase die EnBW."

Fahrplan ist klar

Doch was passiert, wenn die Lücke nicht gefüllt werden kann? Der Geschäftsführer nimmt da kein Blatt vor dem Mund: "Wenn 1000 Euro fehlen, dann wäre das nicht schlimm. Aber ohne tragfähiges Konzept wäre es nicht zu verantworten. Da muss schon deutlich was kommen, sonst macht es keinen Sinn." Der Fahrplan ist klar: Am 1. April muss die Lizenz beantragt werden. Er als Geschäftsführer Volleyball werde sich mit dem Verein zusammensetzen, ob der Verein als Lizenznehmer das möchte. Bis 1. Mai müssen die Zahlen bei der Liga eingereicht werden. Da es dort gerade einen Wechsel des Wirtschaftsprüfers gebe, sind es diesmal zwei Wochen mehr Zeit. "Das kommt mir natürlich entgegen."

Dann blieben noch fünf Monate bis zum Start der neuen Saison, um kleine Kurskorrekturen zu machen oder auch noch zusätzliche Sponsoren an Bord zu bekommen. "Wir sind stolz, dass wir trotz unseres immer knappen Budgets nie Auflagen bekommen haben und das soll auch so bleiben. Schulden wollen wir nicht machen."

Dann doch lieber der Gang in die zweite Liga? Wenn überhaupt! Auch da ist Vollmer schonungslos. "Die zweite Liga ist nicht viel weniger kostenintensiv. Dann wäre auch nicht klar, ob alle Sponsoren in der zweiten Liga mitmachen, wie der Kader aussieht, und wie es dann mit dem Spielort Tübingen wäre." Es droht also für den TV Rottenburg das große Durchrasseln.

Blick aufs Sportliche richten

Doch Vollmer möchte natürlich verhindern, dass diese Frage überhaupt gestellt wird. Und die kommenden Tage geht auch der Blick aufs Sportliche. Für heute Abend sieht er die Chancen "bei bestenfalls 50:50". Das erste Spiel ging klar verloren, das zweite Spiel konnte der TVR überraschend klar für sich entscheiden. "Ich war überrascht, dass die Netzhoppers die Leistungen beim zweiten Spiel nicht abrufen konnten." Deshalb hofft Vollmer, dass sein Team den Schwung in die entscheidende Partie mitnimmt. Falls nicht, dann sieht er den TVR gegen Solingen als klaren Favoriten, um den Abstieg zu verhindern. In beiden Fällen ist am kommenden Samstag das erste Spiel.

Und wie soll es perspektivisch weitergehen, wenn alles gut geht? Gerade fällt es dem Geschäftsführer schwer, langfristig zu blicken. "Ich würde mir natürlich wünschen, dass es mal wieder mehr ums Sportliche geht. Und wir auch dort konstanter ins Mittelfeld kommen." Doppelt so viele Spiele wie in der vergangenen Saison habe man gewonnen. Und trotzdem stehe man wieder weiter unten. "Daran sieht man, dass die Liga stärker geworden ist."

Andere Vereine baggern

Eigentlich ein klares Signal, dass man den Kader weiter verstärken muss. Doch da herrscht aufgrund der finanziellen Lage Stillstand. "Mit unseren Spielern gehen wir ganz offen um. Aber normalerweise hätte ich in dieser Phase schon unterschriebene Verträge." Und natürlich baggern andere Vereine an den Leistungsträgern des TVR, das berichten ihm seine Spieler. "Die anderen Bundesligisten bekommen natürlich mit, was gerade bei uns los ist." Aktuell gebe es aber keine Anzeichen eines Abgangs. Viele im Verein studieren parallel in Tübingen oder arbeiten in der Region.

Schwierige Wochen beim TVR. Vollmer versucht dennoch optimistisch zu bleiben: "Wir versuchen, am jetzigen Mittwoch das erste Abstiegsgespenst weghuschen zu lassen, dann liegt es an mir, das zweite zu verscheuchen", sagt er.