Freude über die Trophäe der besten Spielerin im Pokalfinale: Jelena Wlk Foto: Bm

Je enger das Spiel, desto ausgelassener die Feier. Die Stuttgarter Volleyballerinnen haben ihren Pokalsieg gegen die Ladies in Black Aachen ausgiebig genossen. Doch der Alltag holt sie schnell wieder ein. Vor allem Jelena Wlk.

Halle/Westfalen - Ganz entspannt saß Bernhard Lobmüller im Foyer das Hotels, das direkt neben der Gerry-Weber-Arena liegt. Vor sich ein Pils, in der Hand ein paar Erdnüsse. Der Manager von Allianz MTV Stuttgart war nach dem Pokalkrimi gegen die Ladies in Black Aachen, den sein Team nach einem 0:2-Satzückstand noch 15:13 im fünften Durchgang gewonnen hatte, derart zufrieden, dass er seine Spielerinnen aufforderte, es richtig krachen zu lassen: „Ich habe Nummer 117. Lasst alle Getränke auf mein Zimmer schreiben.“

Trinken, singen und tanzen – um den Pokal herum

Das haben die Pokalsiegerinnen gerne getan. Bis morgens um 3.30 Uhr dauerte das Fest an der Hotelbar. Die Stuttgarterinnen tranken, sangen und tanzten – um den Pokal herum, den sie ordentlich auf dem Boden drapiert hatten. Immer in der ersten Reihe feierte eine, die normalerweise nicht im Mittelpunkt steht: Jelena Wlk, die von den Kolleginnen nur noch „MVP“ gerufen wird.

Wlk, 21, war im dritten Satz ins Spiel gekommen und hatte mit ihrer Topleistung in Angriff und Abwehr wesentlich dazu beigetragen, die eigentlich schon so gut wie verlorene Partie doch noch zu drehen. Deshalb wurde sie hinterher als wertvollste Spielerin ausgezeichnet.

„Ich weiß, was sie kann. Und trotzdem muss man es in so einem wichtigen Spiel erst mal zeigen“, meinte Trainer Guillermo Naranjo Hernandez. „Sie ist so unbekümmert, hat keine Nerven“, erklärte Kapitänin Kim Renkema, „in so einem Moment so cool zu sein, da kann ich nur sagen: dickes Kompliment!“ Auch Manager Bernhard Lobmüller lobte: „Niemand anderes als Jelena hätte zur besten Spielerin des Pokalfinales gewählt werden dürfen.“

Harte Zeit mit einer langwierigen Rückenverletzung

Ganz schön viel Lob für Jelena Wlk, die normalerweise nur für den einen oder anderen Aufschlag eingewechselt wird. Und die eine harte Zeit mit einer langwierigen Rückenverletzung hinter sich hat. „Ich bin noch gar nicht aufgewacht aus meinem Traum“, meinte sie, als sie sich am Montag mit dem Team auf der Heimfahrt im Bus befand, „meine Eltern haben das Spiel aufgenommen. Ich muss es erst noch mal anschauen, um das alles realisieren zu können.“

Dafür bleibt der Außenangreiferin nicht viel Zeit. Während die Kolleginnen bis Donnerstag frei bekommen haben, muss Jelena Wlk an diesem Mittwoch schon wieder ran – in Pforzheim. Dort beginnt sie den Studiengang „International Business“. „Ich freue mich darauf, wieder was zu lernen“, sagt die Volleyballerin, „das wird spannend.“

Wie auch der Rest der Saison. Ein positives Erlebnis wie in diesem Pokalfinale kann einer Mannschaft, die sich vor allem über ihren außergewöhnlich guten Teamgeist definiert, noch einmal einen Schub geben. Das weiß auch Jelena Wlk. Doch ist sie klug genug, nun nicht Ziele auszugeben, an denen man später scheitern kann. Deshalb sagt sie lediglich: „Luft nach oben gibt es immer. Für mich, aber auch für das Team. Es wäre schon ein geiles Erlebnis, nun auch in der Meisterschaft das Finale der Play-offs zu erreichen.“

Das letzte Stuttgarter Eigengewächs

Bernhard Lobmüller hört solche Sätze gerne, erst recht von Jelena Wlk, die das letzte Stuttgarter Eigengewächs in seiner Mannschaft ist. Dies zu ändern, das weiß er, muss eines seiner Ziele sein. Im VolleyballStützpunkt in Stuttgart gibt es auch zwei, drei vielversprechende Talente, die derzeit noch im U-18-Team spielen und womöglich schon nächste Saison vermehrt ins Training des Bundesliga-Kaders eingebaut werden könnten. Doch Lobmüller räumt auch ein, dass es derzeit Themen gibt, die ihn mehr beschäftigen.

Zuvorderst geht es dem Manager darum, die Erfolge seiner Volleyballerinnen zu versilbern. Nach dem Pokalsieg, dem ersten Spiel der Stuttgarterinnen, das live im Free-TV zu sehen war, gibt es in dieser Woche eine größere (Mailing-)Aktion, um mit möglichen Sponsoren in Kontakt zu kommen. Lobmüller muss seinen Etat (aktuell rund 750 000 Euro) nächste Saison schon deshalb weiter erhöhen, um die Teilnahme am Europapokal finanzieren zu können.

„Wir werden Gas geben“, sagt der MTV-Manager, der allerdings weiß, dass Sponsoren gerne auf der Bremse stehen: „Ein Erfolg wie jetzt im Pokal erhöht zwar die Bereitschaft, möglicher Geldgeber, mit uns zu sprechen. Aber bis wir ein gegenseitiges Interesse in einen Betrag umgewandelt haben, der uns tatsächlich weiterhilft, muss man dicke Bretter bohren.“

Was nur zeigt: Den entspanntesten Moment dieser Saison hat Bernhard Lobmüller wohl schon hinter sich. Im Hotel in Halle/Westfalen, mit einem Pils vor sich und ein paar Erdnüssen in der Hand.