Die frühere Sportdirektorin von Allianz MTV Stuttgart hat einen neuen Job – und viel Verantwortung. Wir erklären, wie es zu ihrem beruflichen Aufstieg kam und vor welchen Herausforderungen sie nun beim Liga-Verband steht.
Manchmal muss man das gewohnte Umfeld hinter sich lassen, um den nächsten Schritt gehen zu können. Kim Renkema (37) wollte beim Volleyball-Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart nicht nur einen neuen Drei-Jahres-Vertrag unterschreiben, sondern auch von der Sportdirektorin zur Geschäftsführerin Sport aufsteigen – beide Forderungen brachte sie bei den Verantwortlichen des Triple-Siegers nicht durch, es kam zur vorzeitigen Trennung. An Optionen fehlte es ihr danach nicht, nun ist ihr beruflicher Aufstieg perfekt: Kim Renkema wird ab 1. Mai als Teil einer Doppelspitze Geschäftsführerin der Volleyball-Bundesliga (VBL), die Vertragsdauer beträgt drei Jahre. „Ich habe lange überlegt, was ich tun soll, am Ende ist mir die Entscheidung leicht gefallen“, sagt Kim Renkema, „den Ausschlag hat gegeben, dass mein Herz weiter für Volleyball brennt. Ich habe nicht das Gefühl, mit Volleyball fertig zu sein.“
Ausgeschlagen hat Kim Renkema unter anderem ein Angebot des VfB Stuttgart, das nach Informationen unserer Zeitung, was Aufgabengebiet und Verdienstmöglichkeiten angeht, durchaus eine ernsthafte Alternative für sie war. „Letztlich habe ich auf mein Bauchgefühl gehört“, sagt Kim Renkema, „als Geschäftsführerin des Ligaverbandes die Sportart weiterentwickeln zu können, die ich seit meinem fünften Lebensjahr voller Leidenschaft betreibe, ist eine Chance, die man nicht häufig bekommt.“
Suche nach einem Liga-Sponsor
Bei der VBL wird Kim Renkema Nachfolgerin von Julia Retzlaff, die im Sommer ausscheidet und ihre Nachfolgerin zuvor noch einige Monate einarbeiten kann. Kim Renkema verantwortet künftig die Bereiche Vertrieb und Sportentwicklung. Zuständig ist sie unter anderem für den Aufbau und die Pflege von Sponsoringpartnerschaften, die Markenpositionierung der VBL sowie die Weiterentwicklung der Highlight-Veranstaltungen. Außerdem wird ihr Fokus auf der Club- und Standortentwicklung sowie den Themenfeldern Spitzensport und Nachwuchs liegen. Das Führungsduo des Ligaverbandes komplettiert Daniel Sattler, der seinen im Sommer 2025 auslaufenden Vertrag verlängert hat. Er kümmert sich um die Bereiche Organisation, Finanzen, Recht, Gremienmanagement, Medienrechte und Lizenzierung – und er sagt: „Ich bin hochmotiviert, in der neuen Doppelspitze an unseren Kernzielen weiterzuarbeiten.“ Zu tun gibt es genug.
Vor allem die Frauen-Bundesliga, in der aktuell nur neun Teams spielen, hat neben sportlichen Problemen (Zahl der Vereine, große Leistungsunterschiede) auch enorme wirtschaftliche Sorgen – als kerngesund gelten nur der SSC Palmberg Schwerin und Allianz MTV Stuttgart. Impulse, die finanzielle Lage zu verbessern, kamen von der VBL kaum einmal, beispielsweise wird schon seit Jahren nach einem großen Ligasponsor gesucht. Bislang ohne Erfolg.
Siegmar Müller: „Herausragende Persönlichkeit“
Die Hoffnung ist nun, dass Kim Renkema an der VBL-Spitze eine ähnliche Strahlkraft wie bei Allianz MTV Stuttgart entwickelt. Dort war sie nach ihrer erfolgreichen Zeit als Spielerin sieben Jahre Sportdirektorin und wurde zum Gesicht des Vereins, der unter ihrer Führung acht große Titel holte (4x Meister, 2x Pokalsieger, 2x Supercup-Gewinner). „Meine Aufgabe ist sehr interessant“, so die Niederländerin, „wir wollen neue Partner überzeugen, in den Volleyballsport zu investieren, und unsere Reichweite erhöhen. Dafür benötigt es nicht nur eine gute Kommunikation, sondern auch kreative Marketingstrategien, die wir entwickeln wollen. Die wirtschaftliche Situation ist sehr schwierig, auch an unseren Bundesliga-Standorten.“ Trotzdem sei das Ziel, „unseren Sport wieder so attraktiv zu machen, wie er vor einigen Jahren schon einmal gewesen ist“.
Dass Kim Renkema für diese Aufgabe genau die Richtige ist, daran hat Siegmar Müller keine Zweifel. „Wir gewinnen mit ihr eine herausragende Persönlichkeit mit tiefgehendem Volleyball-Fachwissen“, erklärt der Aufsichtsratsvorsitzende der VBL, „sie verkörpert unseren Sport authentisch und nahbar, kennt die Strukturen und Herausforderungen der Liga bestens und wird entscheidende Akzente für deren Weiterentwicklung setzen. Sie und Daniel Sattler bilden aufgrund ihrer unterschiedlichen Profile und Stärken ein ideales Team, um die VBL in die Zukunft zu führen.“
Kim Renkema zieht nicht nach Berlin um
Dabei wird auf Kim Renkema auch Neues zukommen, sie ist beispielsweise künftig für die Männer-Bundesliga und deren Perspektive zuständig („Da muss ich mich sicher noch einarbeiten, worauf ich mich sehr freue“). Einiges bleibt aber auch, wie es ist. So wird die Mutter einer bald dreijährigen Tochter mit ihrer Familie weiterhin in Esslingen wohnen und nicht nach Berlin ziehen, wo die VBL ihren Standort hat. „Ich werde sicherlich immer wieder in Berlin sein, aber vor allem habe ich eine Reisetätigkeit übernommen“, sagt Kim Renkema, „die tägliche Arbeit kann ich im Homeoffice erledigen, für alles andere muss ich noch ein Gefühl entwickeln.“
Bevor Kim Renkema ihren neuen Job antritt, besucht sie noch einmal die Scharrena: Am 1. März wird die Ex-Sportdirektorin beim Heimspiel gegen den SC Potsdam offiziell von Allianz MTV Stuttgart verabschiedet. Dessen Geschäftsführer war von der Nachricht, dass Kim Renkema zur VBL wechseln wird, nicht überrascht. „Die Gerüchte hatten sich ja verdichtet, und sie hat sich schon im vergangenen Jahr für diesen Job interessiert“, sagt Aurel Irion, „wir gratulieren ihr zu ihrer neuen Aufgabe und hoffen, dass es mit ihr in der Liga weiter vorangeht. Die VBL steht vor großen Herausforderungen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, den Volleyballsport gemeinsam weiterzuentwickeln.“