Immer auch ein Ort der Begegnung: Im Kreishaus in Freudenstadt hat die VHS ihren Verwaltungssitz. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Corona stellt Bildungseinrichtung vor Bewährungsprobe / Schub für die Digitalisierung

Die Teilnehmerzahlen sind bei den VHS-Kursen um 40 Prozent zurückgegangen. Dennoch ist die Freudenstädter Volkshochschule vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen.

Corona und die Folgen haben den Betrieb der Kreis-Volkshochschule (VHS) Freudenstadt im vorigen Jahr auf den Kopf gestellt. Die Institution ist dennoch vergleichsweise gut durch die Krise gekommen.

Kreis Freudenstadt. Mit dieser Botschaft wartete VHS-Direktor Sascha Falk in der Sitzung des Verwaltungs- und Sozialausschusses auf. Demnach löste die Pandemie einen Digitalisierungsschub bei der Bildungseinrichtung aus. Hatte es 2019 noch 25 Internet-Kurse mit 120 Teilnehmern gegeben, seien es voriges Jahr 92 Online-Angebote mit 1222 Besuchern gewesen. Geräte und Programme zu kaufen, digitale Angebote zu schaffen, Mitarbeiter zu schulen und Kursteilnehmer zu beraten, habe enorm viel Arbeit mit sich gebracht. "Der Beratungsbedarf war groß. Nicht jeder, der bei Amazon bestellen kann, hat automatisch ausreichende Digitalkompetenz", so Falk.

Qualität der digitalen Kurse ist nicht dieselbe

Bei den Deutschkursen für Zuwanderer und Flüchtlinge, Voraussetzung für Arbeit und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, sei die Nachfrage zu Jahresbeginn zwar groß gewesen. Dennoch seien die Teilnehmerzahlen zwangsläufig um 40 Prozent zurückgegangen. Internet-Schulungen seien für Einsteiger ungeeignet. Die VHS habe reagiert und Präsenzunterricht in kleineren Gruppen gegeben.

Aber auch in anderen Teilen der Bevölkerung gebe es Lücken in der Grundbildung, die die VHS schließen wolle. Etwa 8000 Einwohner im Kreis hätten statistisch eine Lese- und Rechtschreibschwäche. Seit Juni 2019 sei die Kreis-VHS eins von neun Grundbildungszentrem im Land. Ab Januar nächsten Jahres erhalte sie dafür EU-Förderung. "Grundbildung wird für uns eine langfristige Aufgabe bleiben", sagte Falk.

Weiteres Ziel der VHS sei es, ältere Einwohner fit für die digitale Welt zu machen. Das Projekt sei zum zweiten Mal bis Ende Juli verlängert worden und werde danach in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Empfingen fortgeführt. Ins Internet verlagert worden ist außerdem die Bildungsmesse "Schlaufuchstage". Zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Industrie sowie Geldgebern sei es gelungen, ein zugkräftiges Angebot auf die Beine zu stellen. 3207 Anmeldungen zeugten davon, dass das Format mittlerweile "eine Marke" geworden sei. Allerdings seien VHS-Mitarbeiter an ihre Belastungsgrenzen gestoßen. "Ohne Partner geht es hier nicht", so der VHS-Leiter.

Trotz Corona und Ausgangsbeschränkungen habe die VHS voriges Jahr 908 Kurse und Veranstaltungen angeboten, immerhin noch halb so viele wie 2019. 20 000 Unterrichtseinheiten (2019: 33 700) seien zusammengekommen, rund 12 400 Teilnehmer waren dabei (2019: 22 250).

Auch finanziell sei die Bildungseinrichtung "unerwartet gut und glimpflich" durch das Krisenjahr gekommen. Der Betrieb der Einrichtung mit Geschäfts- und Außenstellen in zwölf Städten und Gemeinden im Kreis kostete voriges Jahr rund 1,87 Millionen Euro, 230 000 Euro weniger als kalkuliert. Über Kursgebühren kamen etwa 1,3 Millionen Euro zurück, 560 000 Euro wurden über Zuweisungen vom Land, Coronahilfen und sonstige Zuwendungen gedeckt. Unterm Strich verbuchte die Einrichtung, die laut Landrat Klaus Michael Rückert von Natur aus ein Zuschussbetrieb sei, eine finanzielle Punktlandung. Der "Nettoressourcenbedarf" hatte bei rund 430 000 Euro gelegen.

Aktuell sieht die Welt für den Kreis und damit auch die VHS wieder freundlicher aus, was die Corona-Lage anbelangt. VHS-Leiter Falk geht davon aus, dass Internet-Veranstaltungen weiterhin eine Rolle im Angebot spielen, die durchaus Vorzüge hätten, weil sie bequem vom heimischen Computer aus genutzt werden könnten. Der Schwerpunkt liege nun aber wieder auf Präsenzveranstaltungen. "Die Qualität der Digitalangebote ist nicht dieselbe", so Falk, "die VHS ist immer auch ein Ort der Begegnung."