Die Volksbank Welzheim hat die Kontoverträge von 40 Kunden gekündigt. Foto: dpa/Marijan Murat

Ein Bankkunde hatte unter Berufung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs Gebühren zurückverlangt. Ihm wurde gekündigt. Das sei rechtens, urteilt das Landgericht Stuttgart.

Frankfurt/Stuttgart - In einem viel beachteten Rechtsstreit um Kontogebühren hat das Landgericht Stuttgart am Dienstag eine Klage gegen die Volksbank Welzheim abgewiesen. Sie richtete sich gegen die Kündigung eines Kunden, der unter Berufung auf ein höchstrichterliches Urteil Gebühren von der Volksbank zurückverlangt hatte.

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Die Vorgeschichte: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im vergangenen Frühjahr das bis dahin von Banken und Sparkassen angewandte Verfahren für Gebührenerhöhungen und andere Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für unzulässig erklärt. Damit machte er den Weg für Erstattungsforderungen frei.

Die Volksbank zahlte, beendete aber die Kundenbeziehung

Die Volksbank Welzheim hatte erst Anfang 2020 eine Monatsgebühr von fünf Euro für das zuvor kostenlose Schwabenkontoprivat eingeführt. Nach dem BGH-Urteil schrieb sie ihren Kunden im Juli, dass sie die bis dahin aufgelaufenen Gebühren zurückfordern könnten. Sie rief die Kontoinhaber aber auf, auf eine Erstattung zu verzichten. Dafür garantiere sie, die Kontogebühren bis Ende 2022 stabil zu halten. Im Falle einer Ablehnung dieses „Angebots“ müsse der Kontovertrag gekündigt werden, hieß es in dem Kundenanschreiben weiter – was in rund 40 Fällen letztlich auch geschah.

Das Gericht sieht keinen Grund zur Beanstandung

Das Landgericht Stuttgart erklärte, das Vorgehen der Bank sei „aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar und, auch für den Laien erkennbar, objektiv nicht zu beanstanden“. Der von der Verbraucherzentrale unterstützte Musterkläger, Daniel Kühn, sagte dazu: „Das wirtschaftliche Argument zieht nicht. Das BGH-Urteil zielte ja darauf ab, dass die Gebühren auf unrechtmäßige Weise erhöht wurden. Wenn Mercedes einen falschen Motor einbaut, können die ja auch nicht aus wirtschaftlichen Gründen auf einen Rückruf der Autos verzichten.“

Der Anwalt der Volksbank, Ferdinand Scholl, begrüßte das Urteil. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lasse sich zwar ein Anspruch auf Gebührenerstattungen ableiten, nicht aber auf Weiterführung des Kontovertrags, sagte Scholl unserer Zeitung.

Erstattungen für alle Kunden hätten Hunderttausende gekostet

Eine Weiterführung des Vertrags zum Monatspreis von fünf Euro sei der Volksbank Welzheim nur möglich, wenn die Kunden auf eine Erstattung der von Anfang 2020 an erhobenen Entgelte verzichteten, erklärte der Anwalt. Denn eine Rückzahlung der Gebühren für alle 9000 betroffenen Konten hätte allein für das Jahr 2020 rund 500 000 Euro gekostet. Nur denjenigen Kontoinhabern Geld zu erstatten, die dies ausdrücklich einforderten, hätte wiederum gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.

Die Verbraucherzentrale hatte in ihrer Klage argumentiert, die Kündigungsandrohung sei eine unzulässige Beeinflussung der Kunden, damit diese auf den ihnen rechtlich zustehenden Erstattungsanspruch verzichteten.

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Das Landgericht erklärte dazu, von einer unzulässigen Beeinflussung des Kunden wäre nur auszugehen, „wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher zur Ausübung von Druck in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers zu einer informierten Entscheidung wesentlich beeinträchtigt“. Eine solche Machtposition wäre aber nur bei einer „marktbeherrschenden Stellung der Bank“ gegeben. Die Volksbank Welzheim konkurriert in ihrem Geschäftsgebiet im Rems-Murr-Kreis unter anderem mit der Kreissparkasse Waiblingen.

Verbraucherschützer hoffen auf Erfolg in der nächsten Instanz

Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass den Kunden für ihre Entscheidung eine Bedenkzeit von drei Monaten eingeräumt wurde, an die sich wiederum eine zweimonatige Kündigungsfrist anschloss. Für diesen Zeitraum wurden keine Gebühren berechnet. „Man kann Kunden rechtlichen Klartext schreiben, und diese Aufrichtigkeit wird belohnt an dieser Stelle“, meinte Rechtsanwalt Scholl. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bekräftigte dagegen, sie halte das Vorgehen der Volksbank für rechtswidrig. „Wir bleiben dran, werden in Berufung gehen und sind zuversichtlich, dass die Entscheidung vom Oberlandesgericht aufgehoben wird“, erklärte der Finanzexperte der Verbraucherzentrale, Niels Nauhauser.

Auch andere Banken drücken sich um Zahlungen

Die Verbraucherzentrale hat Klagen gegen weitere Institute angestrengt, darunter die Sparda-Bank Baden-Württemberg. Diese hatte angekündigt, Kontoinhaber, die Entgelte zurückforderten, müssten künftig höhere Monatsgebühren zahlen als die anderen. Ein Leser berichtete uns, er habe Geld zurückverlangt und die neue Gebührenordnung abgelehnt. Daraufhin sei ihm das Konto gekündigt worden. Weitere Klagen richten sich gegen die Volksbank Ludwigsburg und die Flatexdegiro-Bank in Frankfurt.