Am Sonntag, 9. Oktober, geht in Albstadt wieder der "Volksbank Albstadt Charitylauf" über die Bühne. Der Ertrag kommt diesmal nicht Projekten in Übersee zugute, sondern den Tafeln des Zollernalbkreises.
Albstadt-Ebingen - Die können das Geld gut brauchen: Den Tafeln geht es – nicht nur in Albstadt, Balingen und Hechingen, sondern überall im Land – schlecht. Schon vor der Corona-Pandemie hatte sich abgezeichnet, dass die Unternehmen, die etatmäßig Waren zur Verfügung stellten, vor dem Hintergrund des Konjunkturabschwungs versuchten, die Masse des Ausschusses zu reduzieren – die Leidtragenden waren die Tafeln, bei denen weniger Waren ankamen.
Mit Corona wuchs die Kundschaft; vor allem aber schlug die Pandemie in personeller Hinsicht ins Kontor: Die Ehrenamtlichen, überwiegend ältere Semester, zogen sich aus Angst, sich zu infizieren, zurück. Zwar sprangen zeitweilig jüngere Helfer, unter anderem aus der Foodsharer-Szene, ein, aber bei ihnen war die Lebensplanung naturgemäß kurzfristiger angelegt als bei den Älteren – mit 20 ist das Leben eben noch kein langer, ruhiger Fluss – , und so ergab sich keine personelle Kontinuität.
Weniger Ware und viel mehr Kunden
Indes waren diese Probleme noch überschaubar, verglichen mit denen, die sich den Tafeln in Albstadt, Balingen und Hechingen seit dem Eintreffen der ukrainischen Flüchtlinge im Frühjahr stellen. Hinzu kommt der exorbitante Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise: Als Folge der Inflation ist die Zahl der einheimischen Kunden ebenfalls stark angestiegen; mittlerweile wird auch der untere Mittelstand, der bis dato ohne Tafel über die Runden kam, an der Ladentheke vorstellig. Zwar entziehen sich manche Stammkunden, vor allem ältere Menschen, dem Gedränge, indem sie wegbleiben; dennoch ist die Nachfrage so groß geworden, dass die Tafelbesatzungen sich gezwungen sahen, Aufnahmestopps zu verhängen oder vorzeitig den Verkauf einzustellen.
Verärgerung über die Politik
Was sie begreiflicherweise ungern tun und zum Anlass nehmen, Systemfehler bei der Flüchtlingsversorgung anzuprangern: Die, monieren Matthias Siegler von der Caritas in Albstadt und Nathalie Hahn und Peter Blechmann vom Förderverein der Balinger Tafel unisono, hätte von der Politik auf anderen Wegen sichergestellt werden müssen als unter Inanspruchnahme von Organisationen wie den Tafeln – dass, wie geschehen, Behörden hilfesuchenden Ukrainern den Gang zur Tafel nahelegten, sei ein Unding, findet Siegler; dafür seien die Tafeln nicht da. "Die Hilfesysteme greifen nicht mehr – und wir sind jetzt diejenigen, welche die Hunde beißen."
Auch die Betriebskosten explodieren
Kann gespendetes Bargeld in dieser Situation helfen? Eigentlich ist der Grundgedanke des Tafelbetriebs der, Waren an den Verbraucher weiterzuvermitteln, die ohnehin nicht mehr verkauft würden – zum regulären Marktpreis einzukaufen und dann 90 Prozent des Preises wegzusubventionieren, kann nicht Sinn der Sache sein: "Das wäre Geldvernichtung, sagt Nathalie Hahn. Indes kann der Balinger Förderverein, der etwas mehr Spielraum hat als der strikten Regeln unterworfene Caritas-Mann Siegler, Geld in Sonderposten investieren, beispielsweise in Lebensmittel, deren Verfallsdatum noch nicht gekommen ist, aber unmittelbar bevorsteht. Im Übrigen aber fallen bei den Tafeln Betriebskosten an, nicht zuletzt für Sprit, und auch die sind in den vergangenen Monaten explodiert.
Umso mehr freuen sich Hahn, Blechmann und Siegler darüber, dass die Veranstalter des "Volksbank Albstadt Charity Laufs" sich dafür entschieden haben, den Erlös der Veranstaltung in diesem Jahr nicht in Afrika oder Südasien, sondern im Zollernalbkreis einzusetzen. Die Zahl der Teilnehmer war 2019 auf fast 1100 gestiegen, die Spendenerträge in den vergangenen Jahren regelmäßig fünfstellig gewesen. Die Tafel-Offiziellen hoffen, dass die Aussicht, Menschen aus der eigenen Region unter die Arme zu greifen, die Lauf- und Spendenbereitschaft beflügeln und zumindest die Folgen der allgemeinen Sparzwänge auf den Spendenertrag aufwiegen kann.
Info
Volksbank Albstadt Charitylauf
Das Prinzip ist bekannt: Es gibt zwei Läufe; die Teilnehmer des einstündigen Charitylaufs für Vereine, Firmen und Behörden – er wird um 11 Uhr gestartet – zahlen zehn Euro Startgeld, von dem 25 Cent pro gelaufener Runde in die Spendenkasse fließen. Die Kinder und Jugendlichen, die um 13 Uhr ebenfalls für die Dauer einer Stunde auf die Strecke gehen, werben in ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis Sponsoren an, die für jede zurückgelegte Runde einen vorher ausgehandelten Obolus spenden.
Die Erwachsenenrunde, ein Dreieck mit den Seiten Bahnhofstraße, Gartenstraße und Untere Vorstadt, ist 560 Meter lang, die Schülerrunde 400 Meter. Ihr Auslauf liegt in der sogenannten "Color-Zone", in der die Kinder sich mit farbigem Maismehl bewerfen lassen können.