Im Vogelschutzzentrum kümmert man sich um viele Vogelarten. Im Bild ein Turmfalke (Symbolbild) Foto: © Raquel Pedrosa – adobe.stock.com

Verletzte Vögel können im NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen abgegeben werden. Doch Waldspaziergänger sollten beim Fund eines Tieres auf einiges achten.

Mössingen - Das Zentrum des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) hat eine Vielzahl von Patienten. Ob ein kleines Rotkehlchen, dass gegen die Glastür einer Veranda geflogen ist oder ein Mäusebussard, der nach der Jagd am Straßenrand mit einem Auto kollidierte.

Werden die Tiere gebracht, erfolgt eine Erstuntersuchung, bei der die Schwere der Verletzungen beurteilt wird. "Ein junger Weißstorch fiel im Mai aus seinem Nest und der Tierarzt stellte beim Röntgen eine Fraktur des Flügels fest", schildert Dr. Daniel Schmidt-Rothmund, Leiter des NABU-Zentrums, solch eine Untersuchung. Da der Vogel dadurch flugunfähig ist, werde nach einer Gnadenhaltung in einem Wildpark oder Zoo gesucht. Doch dies ist nur eine seltene Ausnahme.

Mensch kann Vogeleltern nicht immer ersetzen

"Scheue Wildvögel, die nicht an den Menschen gewöhnt sind, haben hier meist nur eine geringe Überlebenschance", erläutert der Biologe das Problem. Ein junger Waldkauz sei zum Beispiel lange auf die Fürsorge seiner Eltern angewiesen – das Zentrum könne diese elterliche Pflege nicht ersetzen. Viele Spaziergänger sähen oftmals jedoch nicht, dass ein aus dem Nest gefallener Jungvogel – wieder dorthin zurückgesetzt – in der Natur besser aufgehoben sei als in der Pflegestation.

Die kürzeste Pflege haben Jungvögel, die beim Anblick eines Menschen in Schockstarre verfallen. Werden keine Verletzungen festgestellt, können sie am gleichen Tag zurückgebracht und in die Freiheit entlassen werden.

Eine der schönsten Freilassungen für Schmidt-Rothmund war der Fall eines Gänsegeiers. Dieser wurde nach seinem Aufenthalt in Mössingen 2016 mit einem Peilsender versehen und flog über Norditalien und Frankreich nach Spanien. "Gerade befindet er sich im Kalksteingebirge Picos de Europa", liest er die tagesaktuellen CPS-Daten aus. Man sehe, dass es dem Tier sechs Jahre nach seiner Freilassung gut gehe.

Vom kleinen Zaunkönig bis hin zum majestätischen Höckerschwan gibt das Vogelschutzzentrum jedes Jahr über tausend Vögeln eine befristete Bleibe. Im vergangenen Jahr waren die häufigsten Arten Haussperlinge, Amseln, Turmfalken und Mäusebussarde. Dies komme daher, dass es große Populationen seien, die häufig in der Nähe des Menschen, etwa in Gärten oder alten Gemäuern, vorkämen. 2021 beherbergte das Zentrum 63 einheimische Vogelarten, die alle eine unterschiedliche Pflege und Futterversorgung benötigten.

Hohe Auslastung: neue Vogelkäfige nötig

In der letzten Zeit wurden so viele Weißstörche als Pfleglinge aufgenommen, dass das Zentrum an seine baulichen Grenzen stieß. "Aktuell planen wir eine neue Großvoliere, um ausreichend Platz für die Flugübungen zu haben", erklärt Schmidt-Rothmund die schrittweise Erweiterung in den nächsten Jahren.

In diesen Gehegen können die Tiere, wenn etwaige Frakturen an den Flügeln ausgeheilt sind, ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachkommen. Bei der Fütterung werden die Vögel extra dazu animiert, vermehrt Flügelschläge zu machen, um die Muskulatur zu stärken und somit fit für die Freiheit zu werden.

Manchmal geht es jedoch auch kriminalistisch zu. "Besteht bei toten Vögeln der Verdacht auf Giftköder, können sie auch zu uns gebracht werden, sagt der Leiter. Zuvor sei es jedoch wichtig, erst die Polizei zu informieren und eine Anzeige gegen Unbekannt zu stellen. Ist dies geschehen, schickt das Zentrum die verendeten Tiere ins Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg, wo der Mageninhalt der Vögel untersucht wird.

Auch engagiert sich der NABU bei vielen regionalen und internationalen Projekten. Das Programm zum Rebhuhnschutz im Landkreis Tübingen wird seit sechs Jahren betreut, in der Schweiz hilft man bei der Wiederansiedlung von Fischadlern.

Darüber hinaus bietet das Vogelschutzzentrum verschiedene pädagogische Angebote rund um das Thema Umweltbildung an. Dabei sind die Inhalte von Programmen wie "Bildung für Nachhaltige Entwicklung" auf die einzelnen Lehrpläne abgestimmt. "Unsere ›Vogelschule‹ vermittelt den Kindern und Jugendlichen spielerisch Wissen zu Vögeln und Natur", erklärt Schmidt-Rothmund das niedrigschwellige Konzept. Aber auch Erwachsene können an Führungen durch das Zentrum teilnehmen.