Die vorgestellten Aufzugs-Varianten am und im Rathaus gehen ins Geld.Archiv-Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Verwaltung plädiert für alternative                                      Lösungen / Gremium fordert Kostendeckelung

Im Sommer 2019 hatte die Freie Bürgervereinigung (FBV) einen Antrag auf einen Aufzug für das Rathaus gestellt. Bislang sind mehrere Büros, das Standesamt und der Sitzungssaal auf verschiedenen Etagen für körperlich beeinträchtigte Personen, etwa mit Rollator oder Rollstuhl, unerreichbar.

Vöhringen. Bürgermeister Stefan Hammer schlug in der Gemeinderatssitzung am Montag als Grundsatzentscheidung vor, derzeit auf den Einbau eines Aufzugs zu verzichten. Er begründete dies mit verschwindend geringem Bedarf in den vergangenen 13 Jahren seiner Amtszeit sowie einem nicht vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis und warb für alternative Lösungen.

Wie bisher würden Kunden, die Treppen nicht steigen können, vom zuständigen Rathausmitarbeiter im Erdgeschoss bedient. Gemeinderatssitzungen könnten bei Bedarf vom Sitzungssaal in die Tonauhalle verlegt werden, die sich derzeit im Rohbau befinde und allen Ansprüchen an die Barrierefreiheit genüge.

Gegen diese Argumentation regte sich Widerstand im Gremium mit Verweis auf die demografische Entwicklung und darauf, auch Mitarbeiter könnten auf ein barrierefreies Büro angewiesen sein oder würden beim Transport von schweren Gegenständen von einem Lift profitieren. Sitzungen in der Tonauhalle seien als Notlösung anzusehen, und die regelmäßige Raumblockade an den Sitzungsterminen verfehle den ursprünglichen Sinn des Mehrzweckraums.

Simon Stenzel vom Büro Riehle und Assoziierte aus Reutlingen hatte zwei Aufzugvariantenten mit Kostenschätzungen vorgestellt und auf Rückfrage betont, für die im Haushalt 2021 bislang berücksichtigten 200 000 Euro sei kein Aufzug zu haben. Architekt Riehle Senior hatte das neue Vöhringer Rathaus 1987 geplant. Es wurde 1988 eingeweiht. Im Folgejahr wurden dann die Vorschriften zur Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden geändert. Gesetzlich verpflichtend wie bei einem Neubau ist der Einbau eines Aufzugs ins Rathaus nicht.

Beide architektonisch und technisch ausgefeilten Lösungen in Glas-Stahl-Bauweise, die im Design dem Charakter des Hauses entsprechen, Licht ins Gebäude lassen und den Gedanken einer transparenten Verwaltung widerspiegeln, würden Kosten verursachen, die sowohl bei Hammer als auch im Gemeinderat auf wenig Gegenliebe stießen und ausgiebige Diskussionen auslösten. Ein mittig im Gebäude eingebauter Aufzug, der vier Etagen bedient, würde samt Schachtgerüst, Wandversetzungen, Brandschutzverglasung und Nebenkosten 575 000 Euro kosten. Für einen freistehenden Aufzug auf der Westseite Richtung Parkplatz würden rund 580 000 Euro fällig. Werden zusätzlich Eingangsbereich und Büros im Erdgeschoss umgestaltet, um ein vom restlichen Gebäude abtrennbares Bürgerbüro mit erweiterten, bürgerfreundlichen Öffnungszeiten zu realisieren, sind weitere 140 000 Euro erforderlich.

Für Hammer spielten hierbei Sicherheitsaspekte eine wesentliche Rolle, um im Gebäude die Zugangsmöglichkeiten zu kontrollieren. Allerdings störten sich mehrere Ratsmitglieder daran, dass die Glasschiebetür den Nutzern des Bürgerbüros keinen freien WC-Zugang ermöglicht.

Weiterer Gegenstand der Voruntersuchungen war der Einbau einer behindertengerechten Toilette im Erdgeschoss für 39 000 Euro durch Zusammenlegung zweier bestehender Toilettenräume. Das Gremium beschloss einstimmig, noch vor dem Stichtag Ende September einen Antrag auf Fördermittel aus dem ELR-Programm zu stellen, die 40 Prozent der förderfähigen Kosten (13 000 Euro) abdecken könnten. Die Restfinanzierung durch Eigenmittel wird in den Haushaltsplan 2021 berücksichtigt.

Um die Gesamtkosten von rund einer Dreiviertelmillion Euro zu drücken, wurde das Architekturbüro Riehle bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung beauftragt, eine Lösung für den Aufzug zu finden, die inklusive Nebenkosten 250 000 Euro Eigenmittel der Gemeinde und 400 000 Euro Gesamtkosten unter Berücksichtigung von ELR-Fördermitteln nicht überschreitet.

Ferner sollen die Umbaukosten des Erdgeschosses zur Umwandlung des Einwohnermeldeamtes zum Bürgerbüro kritisch unter die Lupe genommen und sauber abgegrenzt werden. Stenzel kündigte an, die Kostendeckelung gehe zulasten von Funktion und Design und bedeute den Ersatz der licht- und luftdurchlässigen Glas-Stahl-Konstruktion durch eine dunkle Betonlösung.