Bürgermeister Stefan Hammer Mitte Dezember beim Ortstermin auf der Empore der neuen TonauhalleFoto: Fahrland Foto: Schwarzwälder Bote

Rückblick: Wirtschaftliche Folgen der Krise noch schwer einzuschätzen / Digitalisierungsschub in allen Bereichen

Aus finanzieller Sicht hat die Gemeinde Vöhringen im Corona-Jahr 2020 noch Glück gehabt, findet Bürgermeister Stefan Hammer im Rückblick auf das vergangene Jahr. Dennoch blicke er mit einem großen Fragezeichen auf die wirtschaftlichen Folgen in naher Zukunft.

Vöhringen. Die Gemeinde konnte wichtige infrastrukturelle Projekte für die Zukunftsentwicklung voranbringen, doch das öffentliche Leben und die Gastronomie leiden weiterhin stark unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Laut Stefan Hammer flossen allein in diesem Jahr weitere 3,3 Millionen Euro aus Eigenmitteln in den Neubau der Tonauhalle, der im August 2019 begann und Mitte nächsten Jahres abgeschlossen wird.

Ebenfalls ein Schwerpunktthema ist das Hofäckerareal. Der Bebauungsplan für den ersten Abschnitt wurde aufgestellt und das Projekt Gesundheitszentrum mit Bäckerei und Café im Erdgeschoss im Juni erstmals öffentlich präsentiert. Als künftiger Mehrheits-Eigentümer verfolgt die Gemeinde das Ziel, möglichst viele Flächen mit Arztpraxen und Dienstleistern des Gesundheitssektors zu belegen.

In Kraft getreten ist die Satzung für das Sanierungsgebiet "Ortskern III". Für die Ortsmitte wurden Gestaltungsrichtlinien beschlossen. Hammer zeigte sich erleichtert, dass aufgeschobene Maßnahmen wie der Kreisverkehr Bergfelder Straße und die Sanierungen der Daimlerstraße sowie der Römerstraße und der Leichenhalle Wittershausen aus dem Haushalt finanziert und im nächsten Jahr umgesetzt werden können.

Insolvenzwelle 2021?

"Finanziell ist die Gemeinde 2020 glimpflich durch die Krise gekommen", konstatiert das Gemeindeoberhaupt. Die Steuereinnahmen seien nicht derart eingebrochen, wie im Frühjahr vermutet. Wie es volkswirtschaftlich weitergehe, bereite ihm jedoch Kopfzerbrechen. Der Staat könne seine Finanzhilfen nicht unendlich aufrechterhalten und müsse seine Schulden auch wieder zurückzahlen. Viele Pandemiebetroffene hätten ihre Ersparnisse aufgebraucht. Zu Hammers größter Befürchtung zählen menschliche und wirtschaftliche Dramen durch eine mögliche Insolvenzwelle 2021 und steigende Arbeitslosigkeit.

Kräfte sammeln

Er hofft, dass das Infektionsgeschehen bald eingedämmt werden könne. Er selbst werde sich impfen lassen, sobald seine Altersgruppe an der Reihe sei. Mit einem frommen Wunsch wendet er sich an die Bevölkerung.

"Vielleicht lehrt uns die Situation, wieder etwas demütiger zu sein. Was in Deutschland in den vergangenen 70 Jahren aufgebaut wurde, ist keineswegs selbstverständlich. Wirtschaftlicher Erfolg und persönliche Freiheit mussten erkämpft werden. Nach einem anstrengenden Corona-Jahr, das alle Bürger in irgendeiner Art betraf, sollten wir die verordnete Ruhe genießen, sie zur Besinnung nutzen und Kräfte sammeln."

Über viele Wochen hatte Corona die Arbeit im Rathaus massiv bestimmt und Neuland dargestellt, das der Verwaltungsspitze und dem Personal zu schaffen machte. Andere Themen mussten zurückgestellt werden. "Unser Hauptanliegen war die Informationsweitergabe an Dienstleister, Betriebe und Betroffene", betont Hammer. "Im Team ist es uns gelungen, arbeitsfähig zu bleiben, aus dem Stand einen Digitalisierungsschub zu bewältigen und die Arbeitsorganisation umzustellen." Videokonferenzen wurden eingeführt, in zwei Gruppen abwechselnd in Präsenz und im Home Office gearbeitet.

Besonders stolz ist Hammer auf seine Mitarbeiter, die auch am Wochenende Dienst schoben, samstags klaglos zur Stabssitzung erschienen und den zunehmenden Aufwand durch amtliche Bescheide und Quarantäneanordnungen bewältigten. Ihnen gelte ein dickes Dankeschön.

Auch an Hammer selbst ist die belastende Verantwortung nicht spurlos vorbeigegangen. Das Bewusstsein, welche schwerwiegenden Folgen eine Entscheidung am Ende einer Domino-Kette nach sich ziehen könnte, raubte ihm so manches Mal den Schlaf. Schwieriger als der Lockdown im Frühjahr seien die langsamen Lockerungen im Frühsommer zu vermitteln gewesen. "Berechtigte Existenzsorgen der Betroffenen lösten schwierige Diskussionen aus."

Durch bewusste Spielräume in den Landesverordnungen hätten die Gemeinden teilweise ihren eigenen Weg finden müssen. Trotz überwiegender Einsicht der Bevölkerung hätten findige Mitbürger versucht, entstandene Lücken auszunutzen. Auch jetzt spüre er die wachsende Ungeduld und mahnt zum Durchhalten.

Lücke im sozialen Leben

Eine extreme Lücke klafft laut Hammer im gesellschaftlichen Leben, das wesentlich von den Vereinen mitgetragen werde. Steigende Infektionszahlen hätten alle Hoffnungen aus dem Frühherbst zunichte gemacht, Veranstaltungen mit Abstands- und Hygienekonzepten im zulässigen Rahmen abhalten zu können.

Unter anderem seien viele geplante Konzerte der Musikvereine ins Wasser gefallen. Neben drohenden Mitgliederverlusten fehle es den Vereinen weiterhin an Einnahmen – trotz angefallener Kosten etwa für Trainer oder Dirigenten.

Die Gemeinde habe kein großes Füllhorn zur Verfügung, aber wenigstens ein Zeichen gesetzt durch den Verzicht auf die Bewirtschaftungskosten. Hammer hofft, dass das Vereinsleben im neuen Jahr wieder etwas Fahrt aufnehmen könne. Bei der Freiwilligen Feuerwehr wirke sich der von der Landesbranddirektion vorgeschriebene Verzicht auf die Übungsdienste, um die Einsatzkräfte vor Infektionen zu schützen, allmählich auf die Übungsroutine aus und verhindere jegliche Neuaufnahme bei den Floriansjüngern.

Auch die Besuche bei Geburtstagsjubilaren oder goldenen Hochzeiten mussten durch briefliche Gratulationen ersetzt werden. Gerne hätte die Gemeinde die entfallene Sportlerehrung vom Frühjahr nachgeholt. Stattdessen wurden die Auszeichnungen vor Jahresende kontaktlos zugestellt. Gleiches gilt für die Blutspenderehrungen und die Dankesschreiben an die Bürger für Bürger und sonstigen Ehrenamtlichen. "Bewusst haben wir Verzehrgutscheine bei der örtlichen Gastronomie beigelegt in der Hoffnung, dass sie auch eingelöst werden können", sagt Hammer.