Das Firmengelände der Orchestrion-Firma Welte & Söhne im Jahre 1912 in Freiburg. Foto: Augustinermuseum Freiburg

Von einem, der auszog, um eine Weltfirma zu werden. So ungefähr ließe sich der Lebenslauf von Michael Welte beschreiben. Welte war berühmter Orchestrionbauer und gilt als Begründer der Vöhrenbacher Orchestrionfabrik.

Vöhrenbach - Durch den Orchestrionbau wurde Vöhrenbach zwischen den Jahren 1833 und 1920 weltbekannt.

Weltes Vater stammte aus Sumpfohren und war Weißgerber. 1794 heiratete er die Vöhrenbacherin Maria Stöhr. Michael Welte kam 1807 auf die Welt. Er besuchte in seiner Heimat die Volksschule. Vom 15. bis zum 17. Lebensjahr erhielt er bei Pfarrer Kleiser in Nauenheim Fortbildungsunterricht in den Realfächern und Musik.

Lehre beim Musikwerkebauer

Mit 17 Jahren begann er eine Lehre beim Unterkirnacher Musikwerkebauer Jacob Blessing. Nach sieben Jahren kehrte er in das Elternhaus in Vöhrenbach zurück. Dieses Haus wurde später von Musikwerkebauer Imhof & Mukle übernommen. Michael Welte gründete dann 1833 eine eigene Firma. Sein Bruder Valentin war daran beteiligt und so firmierten die beiden unter dem Namen Gebr. Welte. Welte stellte zuerst Flötenuhren her, aus denen immer mehr größere und aufwendigere Musikwerke wurden.

Riesenorchestrion für die russische Stadt Odessa

Zunehmend konnte Welte dadurch internationale Kundschaft gewinnen. Er führte die Firma bis etwa 1844. Großen Anklang gab es, als Welte um diese Zeit ein Werk ohne Uhren vorstellte. Folgedessen erhielt er 1845 einen Auftrag für ein Riesenorchestrion mit etwa 1100 Pfeifen für die russische Stadt Odessa. Auslöser der Bestellung war der aus dem Schwarzwald stammende Großkaufmann Heinrich Stratz.

Hohe Auszeichnungen

Drei Jahre Arbeit waren für die Fertigung nötig. Welte fuhr mit dem Orchestrion selbst nach Odessa. Viele Aufträge resultierten aus dieser Präsentation. Als Anerkennung für die immer mehr vervollkommneten Musikwerke erhielt Welte Auszeichnungen. Von Großherzog Leopold, königliche Hoheit, gab es die große goldene Gedächtnismedaille, Großherzogin Sophie, ebenfalls königliche Hoheit, gab ein sinnreiches Album und vom Fürsten zu Fürstenberg freute sich Welte über eine silberne Familienmedaille.

Bei der Weltausstellung in London zu sehen

Für das badische Herrscherhaus folgte 1856 die Bestellung eines Orchestrions für das Schloss in Karlsruhe. Der Großherzog stellte dieses Orchestrion im Jahre 1862 für die Weltausstellung in London zur Verfügung. Dort staunte man und das Orchestrion wurde zum Tagesgespräch. Als Anerkennung bekam Welte eine Medaille für sein Orchestrion in ausgezeichneter Qualität. Bereits im Jahre 1861 erhielt Welte eine der wenigen Goldmedaillen bei der Landesindustrieausstellung in Karlsruhe und das bei 1100 Ausstellern. Während des Krimkrieges (1853 -1856) brach der russische Markt zusammen.

Niederlassung in New York gegründet

Als wieder Frieden herrschte, gab es dafür einen umso größeren Aufschwung. Zu gesteigerten Preisen liefen über mehrere Jahre Aufträge zur Lieferung nach St. Petersburg, Moskau und Odessa ein. Von 1833 bis 1858 fertigte Welte im Vöhrenbacher Betrieb 161 kleinere und größere Musikwerke. 1866 gründete Welte eine Niederlassung in New York. Sein ältester Sohn Emil übernahm hier die Leitung.

Firma zieht 1872 nach Freiburg

Im Jahre 1872 musste sich die Firma Welte zu einem Umzug entscheiden, denn die Platzverhältnisse in Vöhrenbach wurden zu eng und auch verkehrsmäßig lag Vöhrenbach ungünstig. Bessere Verkehrsmöglichkeiten gab es erst 21 Jahre später, als die Bregtalbahn 1893 in Betrieb ging. So baute Welte deshalb seine Firma in Freiburg, im Stadtteil Stühlinger, auf, wo es in der Nähe auch einen Bahnhof gab. In den USA erhielt Emil Welte 1883 ein Patent für die Steuerung der Instrumente mit Papierstreifen, statt der sperrigen Stiftwalzen.

Patent beschert hohe Lizenzverträge

Das war ein bedeutender Schritt und brachte für Welte hohe Lizenzerträge. Angesichts des internationalen Erfolges war der Umzug nach Freiburg vor 150 Jahren goldrichtig. In Weltes Umgebung in Freiburg gab es zudem noch zahlreiche andere Industriebetriebe. Das Bild des Firmenareals aus dem Jahre 1912 zeigt ein beachtliches Firmengelände mit Villa. Zu guten Zeiten beschäftige Welte hier 200 Mitarbeiter. Michael Welte verstarb im Jahre 1880. Seine Söhne Berthold und Michael jun. übernahmen den Betrieb. Danach trat Bertholds Sohn Edwin in die Firma ein.

Der nächste Hit: ein Reproduktionsklavier

Eine vielversprechende Entwicklung schaffte die Firma Welte mit dem Produkt Reproduktionsklavier Modell Mignon, ohne Tastatur, das 1904 zum Patent angemeldet wurde. Edwin Welte hatte dieses Verfahren mit seinem Schwager Karl Bockisch entwickelt. Ein ähnliches Modell, ein selbstspielendes Klavier, gab es zwar bereits seit 1895 in Amerika, doch Weltes Produkt war der Konkurrenz überlegen. Die weltbesten Pianisten spielten nun in den Aufnahmestudios in Freiburg und Leipzig Stücke ein, die mittels der gelochten Papierrollen fast originalgetreu wiedergegeben werden konnten.

Ab 1907 Mignon-Klavier

Welte nutzte die Steuerungen für seine 1912 vorgestellten Philharmonie- Orgeln. Der Absatz florierte. Die Firma Krupps kaufte eine solche Orgel für ihre Villa Hügeln in Essen. Sogar in den Passagierschiffen Titanic, sowie die Schwesternschiffe Britannic und Olympic sollten die Welte-Orgeln eingebaut werden. Ab 1907 fertigte Welte auch die Mignon-Klaviere die handbespielbar waren. Welte arbeitete hierbei mit den Klavierbauern Feurich, Blüthner, Ibach oder Steinway zusammen.

Dann kommen Schallplatten und Radios

In den USA stieg der Absatz der Reproduktionsklaviere nach dem Ende des Patentstreits 1911 so stark an, dass Welte-USA eine eigene Fabrik baute, die aber nach dem Ende des Ersten Weltkrieges enteignet wurde. Doch die Entwicklung von Schallplatten und Radios führten zum Ende der teuren Reproduktionsinstrumente. Auch das gut angelaufene Geschäft mit aufwendigen Kinoorgeln kam zum Erliegen. Edwin Welte stieg 1931 aus der Firma aus.

Konkurs 1932 noch abgewendet

Welte hatte noch mit Telefunken die Produktion einer Lichttonorgel geplant. Der NS-Staat verbot dies jedoch 1936, weil Welte durch seine jüdische Frau Betty Dreyfuß als unzuverlässig galt. Karl Bockisch schaffte es im Jahre 1932 gerade noch den Konkurs abzuwenden. Mit klassischen Haus- und Kirchenorgeln hielt sich die Firma über Wasser.

Welte-Flötenuhr im Augustinermuseum

Im Augustinermuseum in Freiburg steht eine solche im Jahre 1935 gebaute Orgel. In diesem Museum gibt es auch eine Welte-Flötenuhr aus Vöhrenbach, der private Steinway-Welte-Flügel von Edwin Welte und ein Ibach-Welte-Flügel, zusammen mit zahlreichen Musikrollen und Dokumenten aus dem Firmenbesitz.

Bombenhagel zerstört Firmenkomplex

Am 27. November 1944 wurde der gesamte Firmenkomplex durch den Bombenhagel der Royal Air Force zerstört. Rund 2800 Menschen starben dadurch in Freiburg. Karl Bockisch versuchte 1949 einen Neuanfang, doch mit seinem Tod im Jahre 1952 endete die Firmengeschichte. Bockisch ruht im Familiengrab der Weltes auf dem Freiburger Hauptfriedhof. Wer in Vöhrenbach wohnt oder durchfährt, wird mit der Michael- Welte-Straße jeden Tag an den berühmten Sohn Vöhrenbachs erinnert.

Aktuell gibt die Welte-Orgel seltsame Geräusche von sich

Aktuelle Schlagzeile über die Welte-Orgel im Augustiner-Museum gibt es in diesen Tagen von der Stadt Freiburg. So wird informiert, dass die Welte-Orgel seltsame, pfeifende Geräusche von sich gibt und deshalb momentan nicht gespielt werden kann. Ähnliches gab es vor schon vor sechs Jahren. Störfrequenzen in der Elektronik waren damals die Ursache. Mit Abschirmungen behob man den Mangel und das Instrument spielte danach wieder reibungslos. Warum die Geräusche jetzt wieder auftreten wird untersucht.