Viel könnte das Schrienermatihus in Vöhrenbach erzählen, denn es hat 350 Jahre Stadtgeschichte miterlebt. Foto: Schwarzwälder Bote

Chronik: Schrienermartihus entstand vor 350 Jahren / Heiligenfiguren stellen Verbindung zur Kirche her

Eine wechselvolle Geschichte hat das am Kälbergäßle gelegene Haus von Berthold Hummel, gegenüber dem Pfarrhaus. Älteren Vöhrenbachern ist es als Schrienermartihus bekannt, und eine frühere Bezeichnung nennt das Gebäude den alten Pfarrhof. 2018 wird das Haus 350 Jahre alt.

Vöhrenbach. Das Schrienermartihus zählt somit zu den ältesten Häusern in der Stadt. Sichtbares Dokument dieses Alters ist ein Stein in der Grundmauer mit der Jahreszahl 1668. Vermutet wird, das die Buchstaben HB auf dem Grundstein dem Pfarrer Hans Hattenberger zuzuordnen sind. Es ist fast verwunderlich, dass dieses Haus noch steht, denn es überstand sogar den dritten Vöhrenbacher Großbrand im Jahr 1819. Auch die früher gegenüberliegende Pfarrscheuer, sowie die darunterliegende Bäckerei und Mühle Wiest überstanden den Großbrand. Beide Gebäude wurden jedoch später abgerissen.

Die Geschichte des Pfarrhofes beginnt mit der Stiftung des Magisters Hans Hattenberger im Jahr 1504. Hattenberger war seit 1480 Pfarrer in Vöhrenbach. Wie in der Chronik von Professor Bader zu lesen ist, vermachte er zu seinem eigenen Seelenheil und zum Gedächtnis seiner Eltern sein eigenes Haus mit Garten neben dem Langenbacher Tor der Pfarrgemeinde. Aus dieser Stiftung ist der selbstständige Pfarrhof entstanden.

In einem Verzeichnis der Stadt Vöhrenbach aus dem Jahr 1795 steht, das der Pfarrhof aus drei Gebäuden bestand: Pfarrhof, Scheuer und Stall. Interessant ist in Baders Chronik hinterlassen, dass das Langenbacher Tor zu den drei nördlichen Stadttoren von Vöhrenbach gehörte. Die Tore sind später als lästige Störenfriede beseitigt worden. Bader schreibt jedoch auch, dass die Tore vielleicht deshalb nicht mehr gewollt waren, da Vöhrenbach in vier Jahrhunderten drei Mal zerstört wurde und der mittelalterliche Charakter verloren gegangen ist.

Zum Vöhrenbacher Pfarrbezirk gehörten damals Her zogenweiler und Schönenbach. Der Bestand von drei Gebäuden des Pfarrhofes erklärt sich damit, weil es schwierig war die andern Pfarrfilialen zu versorgen. Pferde, Wagen und Schlitten waren deshalb absolut nötig. Im Jahr 1657 wird der Viehbestand des Pfarrhofes wie folgt beschrieben: Fünf Pferde, je vier Kühe, Kälber und Schafe, zwei Schweine sowie Hühner, Gänse und Tauben. 1639 wurde Schönenbach kraft päpstlicher Entscheidung selbstständig.

Die Ereignisse während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 trafen auch den Pfarrhof. Das Essgeschirr wurde von den Soldaten zerschlagen. 1639 steckten die Schweden Vöhrenbach in Brand. Alles, was in den Ringmauern stand, wurde in Asche gelegt. So auch das Pfarrhaus. Es ist aber nur ausgebrannt und nicht völlig zerstört worden. Professor Bader schreibt, dass das Gebäude wenig später wieder bewohnbar war.

Unheimliche Geschichten stehen mit dem Schrienermartihus in Verbindung. So berichtet die Furtwängler Chronik, dass an Samstagen väterliche Treffs, genannt "Mer goht’z Liacht", stattgefunden haben. Karrensigmund, Holzmacher, Orgeltreter und andere hätten sich bei Flaschenbier und waldbrandduftigen Pfeifentabak Grusel- und Gespenstergeschichten erzählt, die das Blut erstarren ließen. Auch wurden Quacksalberrezepte gegen Kröpfe und Warzen besprochen.

Zeugen des Pfarrhofes im heutigen Haus am Kälbergäßle sind etwa 30 Zentimeter große Heiligenfiguren. Berthold Hummel hat sie von seinem Vater Stefan übernommen. In gut gesicherten Vitrinen sind der heilige Martin und die heilige Barbara aufbewahrt. Daraus ergibt sich eine nachvollziehbare Verbindung zur heutigen Vöhrenbacher Stadtkirche, die St. Martin als Kirchenpatron hat. Herzogenweiler hat übrigens auch eine Martinskirche. Künstlerischen Wert besitzt zudem eine weitere Figurengruppe im "alten Pfarrhaus". Sie wird als Christus in Ruh oder Christus in Ketten bezeichnet. Rechts und links der Figurengruppe sind der heilige Nepomuk und der heilige Antonius.

Fast hätte das Schrienermartihus den 350. Geburtstag nicht erlebt, denn 1978 wurde im Vöhrenbacher Gemeinderat diskutiert, ob das Haus nicht abgerissen werden soll te, um die Verkehrssituation an der Einmündung Kälbergäßle in die Herdgasse zu verbessern. Doch dazu kam es nicht, und so blieb ein Zeugnis alter Vöhrenbacher Stadtgeschichte doch noch erhalten.