Eine neapolitanische Sargkutsche bringt den Leichnam von Mafia-Boss Vittorio Casamonica zur Kirche Don Bosco in Rom. Foto: dpa

Wer zur Mafia gehört, ist für Papst Franziskus kein Katholik mehr. Das sehen allerdings nicht alle Geistlichen so eng und so demonstriert ein Clan in Rom mit einer pompösen Beerdigung des ehemaligen Chefs seine Macht.

Rom - Etwa 200 Pkw mit Trauergästen erscheinen vor der Kirche Don Bosco am östlichen Stadtrands von Rom. Darunter viele Rolls Royce und Ferraris. Eine von sechs Pferden gezogenen schwarze Kutsche aus dem späten 19. Jahrhundert bringt unter den Klängen der Filmmelodie des „Paten“ einen Eichensarg mit vergoldeten Handgriffen zu dem zweitgrößten Gotteshaus der Stadt. Über dem Haupteingang der Kirche hängt ein Plakat mit der Aufschrift: „Du hast Rom erobert und jetzt wirst du das Paradies erobern“. Als der Sarg nach der Totenmesse die Kirche wieder verlässt wirft ein Hubschrauber Tausende rote Rosenblätter ab.

Was wie eine Szene aus einem Mafiafilm wirkt, ist die kitschig und pompös präsentierte Trauerfeier für Vittorio Casamonica, ein berühmt berüchtigter Mann in Rom. Lange war er unbestrittener Chef des gefürchtetesten Mafiaclans der Hauptstadt: den Casamonicas. Diese kriminelle Organisation kontrolliert Drogenhandel, Hehlerei und Prostitution im nahezu gesamten Ostteil der Stadt.

Die Familienmitglieder sind Sinti und katholisch. Also ist es für die Angehörigen selbstverständlich, ihrem Familienoberhaupt das letzte Geleit mit dem Segen der Kirche zu geben. Dass ihnen das möglich war, sorgt für einige Verwunderung. Im vergangenen Jahr hat Papst Franziskus bei einem Besuch in Süditalien die Mafia exkommuniziert. Bischöfe und Geistliche sehen darin eine ausdrückliche Anweisung, Clan-Angehörige vom Gemeindeleben auszuschließen. Das bedeutet auch, dass sie von geistlichen Zeremonien im Todesfall ausgeschlossen sind. Theoretisch jedenfalls.

Schlag ins Gesicht der Kirche

Die spektakuläre Trauerfeier für Vittorio Casamonica am Donnerstag ist ein offener Schlag ins Gesicht der Kirche und der Gesellschaft, sagt Erzbischof Michele Pennisi. Er untersagt in seiner Diözese im sizilianischen Monreale kirchliche Zeremonien für Mafiamitglieder.

Die Totenfeier für den verstorbenen römischen Clanchef zelebrierte Don Giancarlo Manieri, ehemaliger Journalist und Geistlicher der Kirche Don Bosco. Seine Verteidigung, er habe nicht gewusst, „wer dieser Casamonica ist“, nimmt ihm niemand so recht ab. „In den östlichen Stadtvierteln Roms weiß jedes Kind wer die Casamonica sind“, sagt Rosi Bindi, Präsidentin der parlamentarischen Antimafiakommission. Und eine Anwohnerin vermutet: „Der Herr Pfarrer wird sicherlich Geld bekommen haben, um beide Auge fest zuzudrücken“. Auch hohe Kuriengeistliche aus dem Vatikan und die italienische Bischofskonferenz kritisieren Don Manieri scharf. Für Nunzio Galantino, Sekretär der Bischofskonferenz, „hätte dieser peinliche Vorfall nie geschehen dürfen“.

Die Totenfeier-Show für den Boss zeigt, so Rosi Bindi, „dass es in Rom seit Jahrzehnten eine aktive lokale Mafia gibt, vor der immer alle politisch Verantwortlichen ihre Augen geschlossen halten“. Ende vergangenen Jahres hat die Polizei einen Korruptionsring aus Lokalpolitikern, einem Ex-Bürgermeister, Unternehmern und der organisierten Kriminalität aufgedeckt.

Die Familie Casamonica spielt in Rom seit den 1960er Jahren eine wichtige Rolle. Seither ist sie zu großem Reichtum gekommen, besitzt mehr als zehn Villen, pflegt kriminelle Beziehungen nach Süditalien und hat, Schätzungen der Polizei zufolge, mehr als 1000 Mitarbeiter in Rom.