Roland Leyhr vom GHV (links) und Weinhändler Chris Laich gestalten für rund 40 per Video-Konferenz zugeschaltete Teilnehmer die dritte Althengstetter Online-Weinstube. Foto: Tröger

In Althengstett ist man um Ideen nicht verlegen. Wenn Zusammenkünfte in Präsenz in Pandemiezeiten nicht möglich sind, gestaltet man diese eben online. So geschehen am Samstag mit der dritten Online-Weinstube, diesmal inklusive einer Weinprobe mit dem Simmozheimer Weinhändler und Önologen Chris Laich.

Althengstett/Simmozheim - Im Ladengeschäft der Wein- und Getränkehandlung Laich in der Simmozheimer Mittelfeldstraße sitzen Chris Laich und der stellvertretene Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins Althengstett (GHV), Roland Leyr, vor den Regalen mit Weinen aus aller Welt und testen die Technik für die gleich per Videokonferenz stattfindende Online-Weinstube. Die Kamera funktioniert, auf einem großen Monitor werden gleich die Teilnehmer erscheinen, das Licht passt und die zu verkostenden Weine stehen parat. Das Internet sei nicht so sehr sein bevorzugtes Medium, lieber spreche er bei Weinproben "in echt" mit den Menschen in seinem Probierkeller, gesteht der Weinexperte. "Es ist heute eine Premiere für mich, ich bin gespannt, wie es läuft."

Roland Leyhr hat schon mehr Erfahrung mit diesem Format. Zwei solcher Online-Zusammenkünfte hat er in Zusammenarbeit mit der Bereichsleiterin im Familienzentrum Althengstett (FAZ) Barbara Ogbone im vergangenen Jahr schon organisiert. Die Idee dazu entstand im Rahmen des Althengstetter Zukunftsdialogs, dessen übergreifende Intention es ist, Menschen und ihre Ideen zusammenzubringen und Gemeinschaft zu stärken.

Teilnehmer aus umliegenden Gemeinden

Nach und nach füllt sich die virtuelle Weinstube mit rund 40 Teilnehmern, die sich zum Teil kennen und zum Teil neu in der Runde sind. Althengstetter aus allen drei Ortsteilen sind dabei, Simmozheimer, Calwer, Stammheimer, ein Teilnehmer aus Gechingen, der sich zusammen mit Freunden von Radolfzell aus zugeschaltet hat. "Die Idee für die Zukunft, nach der Pandemie, ist es, einen Bürgerstammtisch zu etablieren, mit Weinproben oder anderen Themen, und dabei auch regionale Händler vorzustellen", sagte Barbara Ogbone zur Begrüßung. Sie freute sich über die Teilnehmer aus den umliegenden Gemeinden, speziell aus Simmozheim und Gechingen. "Unsere Orte verbindet ja auch viel", weshalb sich auch der GHV für Unternehmen aus diesen Gemeinden geöffnet hat.

Chris Laich führt die Getränke- und Weinhandlung mit Küferei in der fünften Generation und hat Weinbau und Önologie an der Hochschule in Geisenheim im Weinbaugebiet Rheingau studiert. "Wir haben unseren Schwerpunkt in den letzten Jahren mehr auf den Wein gelegt und führen rund 200 Weine aus aller Welt im Sortiment." Für die Weinprobe konnten die Teilnehmer ein Probierpaket aus zwei Weiß- und zwei Rotweinen bei Laich erstehen. "Wir werden jedoch anders, als Sie es vielleicht gewohnt sind, mit den Rotweinen beginnen, unsere Verkostung also von gerbstoffbetont zu fruchtbetont gestalten, das macht aus meiner Sicht mehr Sinn", stimmte Laich die Teilnehmer auf den Ablauf ein.

Es kommt auf die Gewürze an

Zum Start hatte er einen "leichten, aber fein strukturierten Württemberger Lemberger" ausgewählt, für ihn eine rote Rebsorte "mit Potenzial für hochwertige Weine". Der zweite Rotwein stammt aus Apulien im südlichen Italien. "Die alte, autochtone (gebietsbezogene, Anm. d. Red.) Rebsorte Nero di Troia hat ihren Ursprung wohl im Nahen Osten", erläuterte er den ganz anderen Typ Wein. Zwischendurch beantwortete er Fragen der Teilnehmer zum Anbau der Reben sowie zum Ausbau der Weine in der Kellerei. Roland Leyhr hatte Tipps, welche Speisen nach seinem Gusto zu den verkosteten Weinen passen könnten. "Heute gilt nicht mehr das Dogma, dass die Weinfarbe auch die Fleischfarbe bestimmt", so Laich. Es komme eher auf die Gewürze, die Zutaten und die Zubereitungsart der begleitenden Speisen an, welcher Wein sich empfiehlt.

Der erste verkostete Weißwein war ein Grauburgunder Kabinett – "spritzig, fruchtig, frisch" – vom Kaiserstuhl. "Mittlerweile schreibt man wieder Grauburgunder aufs Etikett, nicht mehr wie vor 20 Jahren Pinot Grigio", erzählte Laich. "Hier zeigt sich das Selbstverständnis der jungen Winzer." Den Abschluss machte ein Riesling eines Pfälzer Familienweingutes, "das früh den Terroir-Gedanken aufgegriffen hat".

Viel Lob bekommen

Er habe keinen Lieblingswein, sagte der Weinfachmann, "Die Stimmung, die Gegebenheiten, der Rahmen machen für mich den Weingenuss aus." So sei es zum Beispiel erwiesen, dass Wein je nach umgebender Lichtfarbe anders schmeckt. Unterhaltsam, lehrreich und angenehm waren die zustimmenden Attribute, die Laich für seine Online-Premiere aus dem virtuellen Auditorium vernehmen durfte.

An den "offiziellen" Teil der Weinprobe schloss sich ein Austausch und ein Brainstorming zu weiteren Ideen für unkomplizierte Treffen und Veranstaltungen an. Einhellig wünschten sich die Teilnehmer eine Fortsetzung solcher Zusammenkünfte, egal ob online oder in Präsenz. Von kulinarischen Wanderungen, Walk and Talk-Runden mit Picknick, einem "Hengstetter Trinkwegle" mit Verköstigungsstationen, Weinproben mit speziellen Themen, zum Beispiel im neuen Waldensermuseum in Neuhengstett, reichten die Ideen. Und weitere sind herzlich willkommen, machten sowohl Ogbone wie Leyhr deutlich. Auch touristisch sei in Althengstett noch einiges zu tun und möglich, Stichwort Hesse-Bahn. Unter dem anderen Stichwort Interkultureller Austausch sahen die Teilnehmer der Online-Weinstube ebenfalls Potenzial für spannende Treffen von Alteingesessenen und Zuwanderern. Wer sich bei solchen Projekten mitengagieren möchte, kann sich direkt bei Roland Leyhr oder im Familienzentrum melden.