Die Grillcotta, wo alle ganz demokratisch in gleicher Entfernung zum Feuer sitzen, gehört zur Vinz-Pflegewerkstatt-Oase, die am Sonntag offiziell eingeweiht wird. Diakon Michael Weimer, Gründer der Vinzentinischen Ersthelfer, freut sich auf viele Besucher. Foto: Karina Eyrich

Das kleine Jubiläum – coronabedingt zwei Jahre verspätet – ist nur ein Grund für die Vinzentinischen Ersthelfer Albstadt, am Sonntag groß zu feiern: Vor allem wird die Vinz-Pflegewerkstatt-Oase offiziell eingeweiht – ein in der Region einzigartiges Projekt.

Auf allem, was Diakon Michael Weimer anpackt, scheint ein Segen zu liegen: 2011 hat er im Kloster Untermarchtal die Vinzentinischen Ersthelfer gegründet, und seither werden alle ihre Aktivitäten zum Segen für die Menschen in Albstadt – bis auf die Inszenierungen der Vinz-Theatergruppe. Die sind einfach nur lustig und fürs Publikum eine Auszeit vom Alltag.

 

Wo Wertschätzung gelebt wird

Eine solche ermöglichen die Ersthelfer allen, die in der Pflege tätig sind, in der Vinz-Pflegewerkstatt-Oase, die am Sonntag, 24. September, eingeweiht wird (siehe Info). Dort trifft sich der Gesprächskreis für pflegende Angehörige, bilden sich Pflegeteams weiter, erleben sie Begegnungs- und Wellnesstage. So etwas wie „Reisen ohne Koffer“, das Vinz-Projekt für Senioren, sollen ganze Wohngruppen künftig in der Pflegewerkstatt-Oase erleben, die schon jetzt gut ausgestattet ist, um dort abzuschalten und einen schönen Rahmen für Begegnungen zu erleben. Nur eine behindertengerechte Toilette fehlt noch, und außerdem möchte Weimer eine Wellnessliege anschaffen, damit sich Pflegende bei einer Massage entspannen können. „Das Haus soll ein Segen sein“, wünscht sich Weimer, „wo Wertschätzung gelebt wird und neue Ideen entstehen.“

Mit einem kleinen Köfferchen fing es an

Alles begann ganz klein mit den Köfferchen, mit denen die Vinzentinischen Ersthelfer Schüler der Ignaz-Demeter-Schule ausgestattet haben, damit sie in Notfällen das passende Utensil zur Hand haben. „Oft helfen ja schon ein kleines Pflästerchen, wenn ein Kind sich weh getan hat, und ein paar Gummibärchen“, sagt Michael Weimer, dessen Gruppe seit zwölf Jahren auch Vinz-Unterricht in der Lautlinger Schule erteilt, orientiert an dem, was Weimers Vorbild Vinzenz von Paul vorgelebt hat: „Liebe sei Tat.“

Um die 30 Projekte haben die Ersthelfer seither umgesetzt, angefangen vom Meditationsgarten mit Labyrinth vor der Pfarrkirche St. Johannes Baptista – auch daran waren die Ignaz-Demeter-Schüler beteiligt. Prominent platziert sind auch die Skulpturen des barmherzigen Samariters am Zollernalb-Klinikum Albstadt und der Acura-Fachklinik Albstadt, die zeigen sollen, „hier hilft man selbstlos“, wie Weimer sagt.

„Fit mit Susi“ ist schon ein Markenzeichen

Im Schwesternhaus kommen donnerstags alle zusammen, die „Fit mit Susi“ werden wollen: Nach dem Training mit Susanne Hofele gibt es dann noch Mittagessen. Kirchenmusikdirektor i. R. Rudolf Hendel begleitet die Senioren-Projektchöre in Heimen, und der Tafelladen profitiert von den frischen Eiern, welche die Hühner im Gehege bei der Pflegewerkstatt täglich legen und für die Schüler ebenso Paten sind, wie für die Stallhasen daneben. „Auch Menschen, die sich das nicht leisten können, sollen gute Bio-Eier bekommen“, ist laut Weimer die Idee dahinter.

Agieren auf Augenhöhe

Die Teilnahme an allen Vinz-Projekten – Krabbelgruppe, Trauergruppe, das jüngste Märchen-Projekt und vieles mehr setzen die Liste fort – ist kostenlos, das ist Weimer ebenso wichtig wie die Zusammenarbeit der inzwischen rund 100 Vinzentinischen Ersthelfer auf Augenhöhe: „Die Chef-Frage kann ich gar nicht brauchen“, sagt er schmunzelnd.

Finanziert werden die Projekte durch die Einnahmen bei Theater-Aufführungen, Spenden und Fördergelder, für deren Akquirierung Michael Weimer ein glückliches Händchen hat – es ist der Lohn für einen Tüchtigen, denn Weimer packt bei allem selbst kräftig an: Wie Vinzenz von Paul will er zuerst vorleben, was er von anderen erwartet.

Einweihung der Vinz-Pflegewerkstatt-Oase

Das Festprogramm
 beginnt am Sonntag, 24. September, um 10.30 Uhr mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Johannes Baptista mit Vinzentinerpater Norbert Ensch, Pater Andreas Müller und den Barmherzischen Schwestern aus Untermarchtal. Es musizieren Kirchenmusikdirektor i. R. Rudolf Hendel und der Kirchenchor von St. Elisabeth unter der Leitung von Dekanatskirchenmusikerin Theresa Hinz.

Eine Segensfeier
 zur Einweihung der Vinz-Pflegewerkstatt-Oase beginnt um 14 Uhr. Daran wirken die Musikkapelle Frohsinn Lautlingen unter der Leitung von Michael Bach und Schüler der Ignaz-Demeter-Schule Lautlingen mit.

Am Tag der offenen Tür
mit Kinderprogramm dürfen sich Besucher in der Pflegewerkstatt-Oase mit Grillcotta und Tiergehege umsehen. Vor den Märchenbildern – eines der generationenverbindenden Vinz-Projekte – werden Märchen vorgelesen.

Ein Benefizkonzert
mit Tenor Johannes Petz von der Staatsoper Stuttgart, Organist Hans-Peter Merz, den Kirchensingern Lautlingen unter Leitung von Sigrun Pfeil und Vinz-Impulsen von Schwester Marzella Krieg beginnt um 17 Uhr in der Pfarrkirche St. Johannes Baptista.

Schirmherrin
 Nicole Hoffmeister-Kraut, CDU-Landtagsabgeordnete und Wirtschaftsministerin in Baden-Württemberg, nennt Vinzenz von Paul, der 1732 heilggesprochen wurde, den „Begründer der neuzeitlichen Caritas, also der Nächstenliebe und Solidarität mit Menschen, die unserer Unterstützung und Begleitung bedürfen“. Er habe sein Leben der Armenfürsorge und Krankenpflege gewidmet und sei damit Vorbild für die mehr als 500 000 Menschen, die bis 2035 in der Pflege gebraucht würden. Die Vinzentinischen Ersthelfer seien dem Leitsatz „Liebe sei Tat“ verpflichtet, das verdiene „unseren herzlichen und demütigen Dank“, so die Schirmherrin.

Gründer Michael Weimer
 hat seine Ausbildung zum Krankenpfleger bei den Vinzentinern in Rottenmünster absolviert und sich danach berufsbegleitend zum Diakon ausbilden lassen. 2007 wurde er zum Diakon geweiht. Er arbeitet als Krankenhausseelsorger für die katholischen Seelsorgeeinheiten Ebingen-Lautlingen-Margrethausen und Talgang.