50 Jahre ist es her, dass sich eine Handvoll Modelleisenbahner zu einem Verein zusammentaten. Seither werkeln die Mitglieder des Villinger Eisenbahn-Clubs (VEC) in der Webergasse.
Die Idee dazu hatte Detlev Weiß, inzwischen 83 Jahre alt und als Modellbauer nach wie vor aktiv. Noch im Gründungsjahr stieß Wolfgang Riedel dazu, Vorsitzender seit 1988.
Beide Herren erinnern sich an fünf Jahrzehnte eines Vereinslebens, das sich von Beginn an in einem ehemaligen Lager von Spielwaren Bauer in der Webergasse 5 abspielt. Der Gründungsvorsitzende war der bereits 1989 verstorbene Bernd Lorenz, der im Untergeschoss seine Malerwerkstatt hatte und dessen Frau Gretel Flaig-Lorenz das Spielwarengeschäft an der Ecke Webergasse/Färberstraße betrieb.
Die Mitglieder des neuen Vereins fanden nackte Räume vor ohne Heizung und Strom. Die ersten Arbeiten fielen unter dem Dach bei der Einrichtung einer Werkstatt und eines gemütlichen Clubraumes an, dann widmete man sich eine Etage tiefer dem Aufbau einer Modellbahnanlage.
Der erste Zug
„1977 fuhr der erste Zug, 1979 war unsere erste öffentliche Ausstellung“, erinnert sich Detlev Weiß, der als Radio- und Fernsehtechniker die technische Leitung übernommen hatte und mit einer Art „mechanischem Computer“ mittels Relaistechnik automatische Verkehrsabläufe ermöglichte.
Weiß öffnet ein Schränkchen, in dem sich ein Gewirr aus bunten Drähten befindet. An der Technik von vor 50 Jahren hat sich nichts geändert. Der VEC ist einer der ganz wenigen Clubs, deren Anlage (noch) nicht digitalisiert wurde. Warum? „Weil es funktioniert und weil der Umbau eine immense personelle und finanzielle Anstrengung bedeuten würde“, sagt Wolfgang Riedel.
Moderne hält Einzug
Doch auch beim VEC hat die Moderne schon Einzug gehalten: Der Rangierbereich und die Schmalspurbahn laufen digital. Der 80 Quadratmeter große Anlagenraum mit den Kathedralfenstern bot seinerzeit gute Voraussetzungen für eine Gemeinschaftsmodellanlage, die entgegen der meisten Heimanlagen von privaten Modellbahnfreunden, Platz bot, Modellzüge getreu den Originalen fahren zu lassen. Authentisch nachgebaut wurde nach und nach der Villinger Bahnhof.
Von damals, versteht sich, denn zu sehen ist neben den beiden längst ersetzten Stahlbrücken, auch die Kantine der Eisenbahner, das einstige Möbelhaus Raff und das Gebäude, in dem Südfrüchte umgesetzt wurden. In künstlerischer Freiheit schufen die Landschaftsbauer sogar eine Art Gedenkstätte für die im Zweiten Weltkrieg einem Bombenangriff zum Opfer gefallene Bickenkapelle.
Historische Schätze
Ansonsten sei die Anlage der Schwarzwaldbahn und ihrer Umgebung nachempfunden, sagt Wolfgang Riedel. Ergänzt wird sie um historische Schätze, die man im Laufe der Jahre vor der Verschrottung rettete und auf die man an vielen Stellen der Vereinsräume stößt. Wie etwa Stationsschilder, stellwerkstechnische Apparate, Signalhebel und Schrankenkurbeln.
Herzstück der Sammlung ist ein Fahrkartendrucker der Firma AEG, der bis 1982 im Villinger Bahnhof im Einsatz war und bis heute die Eintrittskarten für die stets zur Adventszeit stattfindende Modellbahnausstellung ausspuckt.
Interesse weiter groß
Wuchs der Mitgliederstand nach der Gründung schnell auf 50 Personen an, so zählt man derzeit rund 30. Auch der VEC habe mit der allgemeinen Unlust der Menschen auf ein Vereinsleben, geschweige denn auf die Übernahme von Verantwortung, zu kämpfen. Das Interesse an Modelleisenbahnen sei hingegen ungebrochen. „Viele, auch Prominente, basteln an einer Anlage in ihrem Haus“, weiß Riedel.
Verhältnis zur Bahn
Auch das Verhältnis zur Deutschen Bahn habe sich im Laufe der Jahrzehnte geändert. „Zu Staatsbahnzeiten gab es in Karlsruhe noch eine Pressestelle, an die wir uns jederzeit wenden konnten“, erzählt der Vorsitzende, der betont, dass man sich nicht nur für die kleinen Züge interessiere, sondern um die gesamte Eisenbahnwelt.
Gerne nach Zittau
Der Blick über den Tellerrand fiel daher schon kurz nach dem Mauerfall auf die Partnerstadt Zittau und dessen Modellbahngemeinschaft. Seither steht man im engen Kontakt und feierte das Jubiläum des VEC im April gemeinsam.
Nächste Ausstellung
Im Advent wird sich die Tür der Webergasse 5 erneut für die Bevölkerung öffnen. Noch laufen Überlegungen, ob man den Besuchern der Ausstellung 2025 eine Jubiläumsüberraschung bereiten wird, verraten Riedel und Weiß.