Mag die Welt im Jahre 2021 etwas aus den Fugen geraten zu sein – Stichwort: Corona-Pandemie –, so machte sich dieser Einschnitt am Vorabend der „Zeitenwende“ (Olaf Scholz) nicht im Haushalt der Gemeinde Villingendorf bemerkbar. Im Gegenteil. Die Zahlen dieses Jahres klingen erfreulich.
Es sind ziemlich genau drei Jahre vergangen, seitdem Kämmerer-Legende Michael Hardtmann, seit Sommer 2022 im Ruhestand, in einem Parforceritt den Jahresabschluss 2020 präsentiert hat. Kurz, nachdem er die Eröffnungsbilanz und die Zahlen des Jahres 2019 vorgestellt hatte (selbiges übrigens ebenso für die Gemeinde Bösingen).
Dies ist interessant zu erwähnen, weil gerade auf die Kämmerei einer Landgemeinde seit der Umstellung auf das neue kommunale Haushaltsrecht in Baden-Württemberg eine kaum einzuschätzende Mehrarbeit zugekommen ist. Jenseits zu all den anderen Aufgaben, die in diesem Jahrzehnt rasant zugenommen haben.
Und es erklärt den Umstand, dass bisher nicht so viele Gemeinden eine Eröffnungsbilanz präsentieren konnten oder gerade dabei sind, eine zu präsentieren.
Premiere für die Fachfrau
Das neue kommunale Haushaltsrecht ist an jenes, welches für Betriebe gilt, angelehnt. In einer Eröffnungsbilanz wird die Gemeinde durchleuchtet. Es wird sichtbar, was sie besitzt und was dieses wert ist. Doch was ist eine Straße wert?
Dies und so manch andere Veränderungen ermöglichen eine Ahnung, wieso das zügige Verfahren von einst – im ersten Halbjahr des aktuellen Jahres erfolgte der Blick auf den Haushalt des vergangenen Jahres – (noch) nicht Usus ist.
In Villingendorf hat sich Hardtmanns Nachfolgerin, Daniela Duttlinger, mittlerweile einen Namen gemacht. Ihren ersten Jahresabschluss im Gemeinderat nehmen die Ratsmitglieder wohlwollend zur Kenntnis. Kein Wunder: die 2021er-Zahlen leuchten himmelblau.
Ein Anfang ist gemacht
Duttlingers Ziel war es, damit früher an die Öffentlichkeit zu gehen. Nun, nach einem sogenannten „Checklisten-Termin“ mit „KommOne“, besteht die Hoffnung, künftig so fix wie das sprichwörtliche Brezelbacken arbeiten und in diesem Jahr möglicherweise zwei weitere Jahresabschlüsse vorstellen zu können.
Apropos „KommeOne“
Nebenbei: „KommOne“ ist eine Anstalt öffentlichen Rechts, die Verfahren der automatisierten Datenverarbeitung für kommunale Körperschaften beschafft, entwickelt und betreibt und unterstützende Dienstleistungen der Personalverwaltung sowie Beratungs- und Schulungsleistungen erbringt. Kernaufgabe sei die Entlastung der baden-württembergischen Städte und Gemeinden bei der elektronischen Datenverarbeitung und bei der Entwicklung standardisierter Software. (Entlastung, klingt ja mal grundsätzlich erfreulich.)
Himmelblaue Zahlen
Doch zurück zu 2021. Und zu himmelblauen Zahlen. Villingendorf weist statt eines negativen Ergebnisses (minus 220 000 Euro), wie Ende 2020 nicht ausgeschlossen schien, ein maximal positives aus.
Das Haushaltsjahr wurde mit einem Gesamtergebnis von 1,144 Millionen Euro abgeschlossen werden. Ein Plus zum Plan in Höhe von 1,364 Millionen Euro.
Weiter wird bilanziert, dass der Zahlungsmittelüberschuss der Ergebnisrechnung (1,47 Millionen Euro) besser als der Planansatz (108 800 Euro) ist. Diese 1,36 Millionen Euro kamen der Liquidität zugute.
Mittendrin: der Hallenbau
Damals, 2021, drehte sich bei den Investitionen fast alles um den Bau der Mehrzweckhalle (die seit 2023 unzählige Bürger erfreut und von ihnen genutzt wird). Von den Investitionen – Auszahlungen von 4,218 Millionen Euro sind registriert – entfielen 3,396 Millionen Euro auf den ersten Bauabschnitt des Hallenprojekts. Die Gesamtauszahlungen waren um 1,63 Millionen Euro geringer als geplant. Einnahmen aus Zuwendungen betrugen damals 2,157 Millionen Euro.
Weiter auf der mentalen Habenseite verbucht werden durfte, dass auf eine – genehmigte – Kreditaufnahme von maximal 3,0 Millionen Euro verzichtet werden konnte. Um jedoch die Investitionen bezahlen zu können, wurde, wie geplant, das Festgeldkonto „geplündert“. Festgelder in Höhe von 3,5 Millionen Euro wurden aufgelöst und standen als liquide Mittel zur Verfügung.
371 Seiten voller Zahlen
Gelder, die all die Jahre zuvor nicht vom Himmel gefallen sind, sondern – vor allem – für die Mehrzweckhalle angespart wurden. Im Prinzip das Prinzip schwäbische Hausfrau (das gefühlt im Bund im seltener anzutreffen ist).
Kurz zurück zu den liquiden Mitteln: Dank der Auflösung der Festgelder hatte die Gemeinde am Jahresende 2021 besagte Mittel in Höhe von 3,581 Millionen Euro.
Zusammen mit dem Ratsgremium werden gewisse Passagen des 371 Seiten starken Jahresabschlusses angesprochen, um ein Gefühl für Zahlen und Veränderungen zu bekommen. Ein Beispiel betrifft die „Corona-Aufwendungen“. Aus dem Planansatz von 3000 Euro (aufgestellt im Dezember 2020) wurden schließlich 66 882,13 Euro.
Anderes Beispiel: Die Gewerbesteuereinnahmen stiegen bemerkenswert. Aus kalkulierten 1,1 Millionen Euro sind es 1,657 Millionen Euro geworden. Nicht zu verachten. In diesem Haushaltsjahr verringerten sich die Schulden der Gemeinde. Aus 730 760,22 Euro wurden 562 531,07 am 31. Dezember 2021.
Blick auf die Bilanz
Zwar wurden bisher viele Zahlen erwähnt, interessieren könnten dennoch fünf weitere. Die Bilanz weist auf der Aktivseite eine Veränderung beim Vermögen aus. Waren es 2020 genau 29 223 555 Euro, wurden es 2021 gar 31 687 328 Euro. Auf der Passivseite der Bilanz ist das Eigenkapital vermerkt. Hier lautet die Veränderung von 2020 zu 2021: Aus 18 765211 Euro wurden 19 909 698 Euro.
62,6 Prozent
Dies bedeutet, dass sich die Eigenkapitalquote leicht verringert hat: von 64 Prozent (2020) auf 62,6 Prozent, aber immer noch über 60 Prozent liegt, was als „gut“ gilt.
Für die „umfangreiche Fleißarbeit“ (Bürgermeister Marcus Türk) bekommt die Spielmacherin und ihr Team das eine und das andere verbale Dankeschön von Gemeinderat und Rathausspitze überreicht.