"Wir sind Engel mit nur einem Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir uns umarmen", steht auf Stöllgers Arm. Foto: Stöllger

Heike Stöllger trägt Liebe zum Kind auch auf der Haut. "Meine Tochter ist mein Engel".

Villingendorf - Ihre Tochter hat Heike Stöllger das Leben gerettet – seitdem verbindet sie nicht nur die Liebe zueinander, sondern auch ein Tattoo. Jeder trägt einen Engelsflügel auf dem Arm.

Heike Stöllger ist 65 Jahre alt und hat einiges durchgemacht, eine schwere Erkrankung und einen Autounfall überlebt. Wenn ihre Tochter nicht gewesen wäre – das ist der Villingendorferin ganz klar –, würde es sie heute nicht mehr geben. "Ich bekam keine Luft mehr, konnte nicht weiter als ein paar Meter gehen", erzählt Stöllger. Die Ärzte hätten es auf ihr Alter geschoben. "Sie sind eben keine 20 mehr", habe es geheißen.

Enge Mutter-Kind-Bindung

Doch Stöllgers Tochter Denise habe weiter Druck gemacht. Sie wusste, dass bei der Mutter etwas nicht stimmt, habe es dank ihrer engen Bindung sofort gemerkt. Schließlich stellte sich heraus: Heike Stöllger hatte eine beträchtliche Menge Blut verloren.

Dann kam die Diagnose: Darmkrebs. "Ich fühlte mich mehr tot als lebendig", erinnert sich die 65-Jährige an ihren damaligen Zustand. Ihre Tochter und sie verbindet seit acht Jahren ein Engelsflügel-Tattoo. "Wir sind Engel mit nur einem Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir uns umarmen", steht außerdem auf dem Arm geschrieben.

Den Text hat die Tochter gestochen, die mittlerweile selbst Tätowiererin ist. "Wir wollten etwas, das für unsere enge Verbindung steht", erklärt die Villingendorferin. Es habe ihr auch Trost geschenkt, als die Tochter wegzog. "Sie ist mein Engel."

Und es blieb nicht das letzte Tattoo. Auch der Rest der Familie sollte auf Stöllger verewigt werden – mit Sternen und den jeweiligen Anfangsbuchstaben. An Anfang und Ende des Sternenschweifs stehen ein "H" für Heike und ein "W" für ihren Mann Walter.

"Wo das Leben beginnt"

Vor einiger Zeit durfte sich Tochter Denise dann auch auf Stöllgers Oberarm austoben. Dort prangt nun ein Herz mit Rosen. "Sie durfte sich einfach etwas einfallen lassen. Auf den anderen Arm kommt auch noch etwas", ist der 65-Jährigen schon klar.

Richtig Sorgen wegen ihres Alters habe sie sich keine gemacht. "In unserer Jugend war das noch nicht so in, aber dafür offen war ich schon immer. Junge Haut ist schön, aber bei alter ist es völlig egal, ob die blank oder bemalt ist", findet die Villingendorferin.

Doch die 65-Jährige gibt auch zu, dass sie anfangs dachte, sie könnte zu alt für Tätowierungen sein. "Aber dann hat meine Tochter gesagt, dass ich total der Typ dafür bin. Ich bin sehr stolz auf sie und meine Tattoos. Diese Entscheidung sollte letztlich jeder selber treffen", findet sie.

Für Heike Stöllger ist es jedes Mal eine Erinnerung an die Menschen, die sie liebt. "Familie ist, wo das Leben beginnt", sagt sie.

Tattoo-Serie

Sommer, Sonne, nackte Haut – wer mit offenen Augen durch die Straßen geht, sieht viel Körperkunst. Ob chinesische Schriftzeichen, Tribals, Portraits oder Schriftzüge – wir blicken in unserer Serie "Das geht unter die Haut" auf die Geschichte hinter der Körperkunst. Wer aus Rottweil oder Umgebung kommt und etwas Besonderes mit seinen Tattoos verbindet, der kann sich per E-Mail an redaktionrottweil@schwarzwaelder-bote.de melden.