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Benjamin Bühl leitet eine Dolmetscheragentur in Villingendorf

Weltenbummler, Organisationstalent und Geschäftsmann – Benjamin Bühl ist einer, der das Neue und Herausfordernde liebt. Auch deshalb entschied er sich gegen ein Studium und für ein eigenes Unternehmen.

Villingendorf. "Sprache war für mich schon immer ein großes Thema, damals wusste ich das aber noch nicht", sagt Benjamin Bühl lachend. Als junger Erwachsener reiste er durch Australien und Neuseeland. Nach dem Zivildienst absolvierte er eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann. Doch der Villingendorfer wollte mehr: am liebsten Marketing studieren – "so wie alle".

Doch es sollte ganz anders kommen. Der Wunsch nach einem regelmäßigen Einkommen brachte ihn dazu, eine Stelle in einem Schenkenzeller Unternehmen anzutreten. Dort fand er seine Passion. "Organisieren war schon immer mein Ding – vom Wasen-Ausflug bis zur Skiausfahrt", sagt der 38-Jährige. Er war als Projektmanager für Übersetzungen tätig, organisierte Messen und kam dem Thema Vertrieb näher.

Das weckte in ihm abermals die Lust, auf Reisen zu gehen. "Ich wollte etwas Neues, wollte die Welt sehen." Sein Chef habe das gewusst und ihm ein unschlagbares Angebot gemacht: zusammen eine eigene Dolmetscheragentur zu gründen. "Aber zwei Geschäftsführer in einem Unternehmen – das geht nicht gut aus", weiß der 38-Jährige heute.

Deshalb verließ er die Agentur nach eineinhalb Jahren und gründete seine eigene Agentur im April 2015, zunächst in Alpirsbach. Seit einem Jahr ist Villingendorf der Hauptsitz der "Dolmetscheragentur24". "24 deshalb, weil wir einen Dolmetscher innerhalb eines Tages vermitteln können", erklärt der Geschäftsführer. Weil die Kunden gerne Ansprechpartner in ihrer Nähe haben, kamen noch Niederlassungen in München und Hamburg hinzu.

Flexibilität ist alles

Neben acht festangestellten Mitarbeitern, drei davon am Standort Villingendorf, baut Bühl auf ein Netzwerk aus 5000 professionellen Dolmetschern für alle möglichen Sprachen. Bei ihm laufen die Fäden zusammen. Er sorgt dafür, dass der Laden läuft.

Dass er deshalb auch mal eine Whatsapp-Nachricht mitten in der Nacht bekommt und kurzfristig einen Ersatz suchen muss, ist Teil des Geschäfts. "Da habe ich schon Blut und Wasser geschwitzt", sagt Bühl – zumal seine Kunden namhaft sind. Sie kommen zu 90 Prozent aus dem Bereich Maschinenbau. "Kurzfristig und exotisch – das zeichnet uns aus. Man muss in diesem Job flexibel sein. Das Business ist schnelllebig", erklärt Bühl.

Neben den klassischen Dolmetschertätigkeiten für Firmen kommt auch einmal der eine oder andere Spezialauftrag um die Ecke. So musste er bei Besuch aus den Vereinigten Arabischen Emiraten eine zusätzliche Dolmetscherin herbeischaffen, die sich ausschließlich mit der Bespaßung von Frau und Kindern des Geschäftsmanns befassen sollte.

Bühl versteht sich selbst als Kümmerer. Da gehe es nicht nur um das blanke Übersetzen, sondern um den Menschen. So gehört es für ihn dazu, dass ein Dolmetscher Gäste aus dem Ausland beispielsweise zum Arzt begleitet und bei der Suche der Unterkunft hilft.

Immer in Erinnerung bleiben wird dem 38-Jährigen der Moment, als das Fernsehteam der Wissenssendung Galileo bei ihm einen Dolmetscher anfragte. Dabei ging es um das brisante Thema der Flüchtlingsströme. "Das war auf jeden Fall der emotionalste Einsatz", meint Bühl. Da seien auch beim Dolmetscher Tränen geflossen. Dadurch habe man eine ganz andere Sicht auf die Problematik bekommen.

Bei Wien sei man auf die ersten Flüchtlinge gestoßen. Die Scheu war wegen der Fernsehkameras groß. Der Dolmetscher schaffte es, eine Verbindung aufzubauen, und nahm eine ganz besondere Rolle ein.

Emotionales Business

Emotionen stehen auch im Fokus, wenn ein Dolmetscher dafür benötigt wird, zu bezeugen, dass eine Asiatin, in die sich ein Deutscher verliebt hat, auch wirklich freiwillig hier ist.

"Manchmal glaubt man kaum, woher unsere Kunden kommen", meint Bühl. Vom Keksproduzenten bis zum Automobilzulieferer, von der Vertragsübersetzung bis zu Buchungen – die Aufgaben sind vielfältig. Um sie bewältigen und auch Sprachkurse vermitteln zu können, kooperiert die "Dolmetscheragentur24" mit anderen Agenturen. Das Arbeitsaufkommen ist hoch. "Wer einen Nine-to-five-Job sucht, für den ist das nichts", sagt Bühl lachend.