Gemeinsam auf großer Bühne: zwei Bürgermeisterkandidaten, zwei Bürgermeister-Stellvertreter und ein Kämmerer (rechts: Michael Hardtmann). Und im Saal (nicht im Bild) Bürger mit ihren Fragen. Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder Bote

Wahl: Frank Völker und Marcus Türk würzen für Villingendorfs Bürger die Kommunalpolitik

Villingendorf. Die Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten am Donnerstagabend in Villingendorf hallt nach. Schließlich wurde die große Zahl interessierter Bürger mit einer Menge an Informationen und Eindrücken konfrontiert (wir haben berichtet).

In Villingendorf wird sehr genau hingehört und -geschaut, wenn sich Situationen wie diese ergeben. Das war 2002 nicht anders, als Herbert Hermle nicht mehr kandidierte. Damals bewarben sich fünf Männer um seine Nachfolge. Zieht man den damaligen Dauerkandidaten Werner Tereba ab, der weder mit Aussagen wie "In der konkreten Situation tue ich das objektiv Notwendige" noch mit seiner Ankündigung, beim Wahlerfolg mit allen Gemeindeangestellten eine Fete zu veranstalten, punkten konnte, blieben vier übrig.

Doch schon bald spitzte es sich zum Zweikampf zwischen Karl-Heinz Bucher (Mann der Verwaltung) und Siegfried Eckert (Mann aus der Wirtschaft) zu. Da Bürgermeister in Villingendorf ein erstrebenswertes Amt ist, gab es dank der offensiven "Spielweise" eines Kandidaten Situationen, die auf dem Fußballplatz eine gelbe Karte zur Folge gehabt hätte.

16 Jahre später muss ein Schiedsrichter nicht eingreifen. Bis jetzt. Zwischen Frank Völker und Marcus Türk geht es professionell zu. Beide, die sich um die Nachfolge von Karl-Heinz Bucher bewerben, arbeiten ihr selbstgesetztes Pensum ab, besuchen Bürger und knüpfen Kontakte mit Vereinen und Betrieben.

Bei der Kandidatenvorstellung in der Turn- und Festhalle, die die interessierten 500 kaum fassen konnte, sitzen beide Männer bei der gemeinsamen Fragerunde fast einträchtig auf der Bühne nebeneinander. Keiner fällt dem anderen ins Wort. Jeder darf, auf seine Weise, antworten und dabei punkten – oder eben nicht.

Viele Bürger gehen gut vorbereitet in den Abend. So werden gewisse Besonderheiten der Kandidaten unter die Lupe genommen. Es wird versucht, Antworten auf Unklarheiten oder mögliche Ungereimtheiten zu erhalten. So interessiert der berufliche Werdegang und das aktuelle Tun von Frank Völker (Mann aus der Wirtschaft) genau (Er sei bei Honda Deutschland tätig, betreue 80 Partner und sei noch am Vormittag in Stuttgart tätig gewesen).

Ein Hoppala

Nebenbei: Die berufliche Vita von Marcus Türk wird an diesem Abend zwar unter die Lupe, aber nicht unter das Mikroskop gelegt. So kommt nicht zur Sprache, dass er als Hauptamtsleiter in Uttenweiler (Landkreis Biberach) im Dezember 2014 das Rennen um den Nachfolger des dortigen Bürgermeisters-Urgesteins Wolfgang Dahler gegen Werner Binder knapp verloren hat (46,7 zu 52,9 Prozent), der dann im März 2015 sein Amt angetreten hat. Türk ist seit Mai 2015 Hauptamtsleiter in Waldachtal.

Dafür wird das vielfältige Engagement von Marcus Türk jenseits seines Berufs thematisiert (mit dem Ergebnis, dass die meisten Vereinsmitgliedschaften derzeit passiver Natur seien). Dass Türk verspricht, als Bürgermeister nach Villingendorf zu ziehen ("Hätten Sie ein Angebot?"), wird mit Applaus honoriert.

Angemerkt werden darf aber auch, dass manche Fragen oder Anliegen jenseits der Macht und des Einflusses eines seriösen württembergischen Bürgermeisters liegen. Wenn zum Beispiel andere Behörden die Spielmacher sind (Verkehr – Kreisstraßen – Landratsamt). Oder wenn über die Nachfolge eines privaten Gastronomiebetriebs sinniert wird.

Dann können sogar unbequeme Wahrheiten für viele Bürger angesprochen werden. Etwa, wenn festgestellt wird, dass Vereinsheime nicht förderlich für örtliche Gastronomie seien. Da die Kandidaten keine eierlegenden Wollmilchsäue sind, ist es nur menschlich, dass sie nicht alle Antworten zufriedenstellend beantworten (können).

Wie der Sieger mit den Herausforderungen der Zukunft nach Bau und Finanzierung der neuen und teuren Turn- und Festhalle umgehen wird, die den finanziellen Spielraum der nicht unbedingt steuerstarken Gemeinde einschränkt, bleibt weiter unklar. Zwangsläufig. Ein schwieriges Feld. Gäbe es Patentrezepte, wäre es ja bis jetzt nicht verboten gewesen, sie anzuwenden.

Der Grat kann schmal sein zwischen Souveränität und dem Überspielen des Ungefähren. Genauso herausfordernd ist der Spagat zwischen verschiedenen Ansprüchen wie das Ausweisen von neuen Gewerbe- und Wohnflächen und dem Bewahren der Natur, des liebenswerten Grüns, das auf der Gemarkung noch so reichlich anzutreffen ist.

So hat der Bürger am 28. Oktober keine einfache Wahl zu treffen. Jenseits der persönlichen Präferenzen des einzelnen fällt auf, dass Frank Völker mit etlichen Ideen aufwartet (wie Open-Office für Jungunternehmer und Start-Ups sowie der Umgestaltung des Parkplatzes am Rathaus als Dorfmittelpunkt).

Marcus Türk tritt da zurückhaltender auf. Aber er punktet mit seinem Fachwissen als Verwaltungsfachmann. Ein Punkt, der in Gemeinden mit der Größe wie Villingendorf nicht zu unterschätzen ist.

Und dann gibt es noch einen Punkt, den Türk mit Johannes Blepp (Bösingen) und Mark Prielipp (Epfendorf) vereint: die Junge Union. Sie solle jedoch keinen Einfluss haben, wenn er Schultes werde, so Türk. Keine Parteifarbe habe in diesem Amt etwas zu suchen, sagt Türk. Neutral und unvoreingenommen, immer das Gemeinwohl im Blick, sei ein Bürgermeister.

Eines haben all diese Worte gemein. Bei aufmerksamen Wählern bleiben sie im Hinterkopf und können in acht Jahren erneut ein Thema werden. Wenn zwischen Gesprochenem und dem "objektiv Notwendigem in konkreter Situation" (Tereba) eine zu große Lücke klaffen sollte.