Felix Schäfer (Mitte) und Frank Kapahnke (an Schäfers linker Seite) zeigen dem Villingendorfer Gemeinderat mit Bürgermeister Marcus Türk an der Spitze (rechts der Bildmitte mit Mantel und orangener Krawatte) die Möglichkeiten auf, etwa 6,5 Hektar im "Hüllberg" in ein ökologisches Schatzkästchen umzuwandeln. Fotos: Pfannes Foto: Schwarzwälder Bote

Hüllberg: Zurück zu den Wurzeln: Eichen im "Eichwald" / Gemeinderat genehmigt beachtliches Projekt

Der "Hüllberg". Ein schönes Areal, aber ein gebeuteltes. Dies soll nach einer Phase der Ruhe ein Ende haben. Deshalb trifft sich der Villingendorfer Gemeinderat vor Ort im Wald, diskutiert mit den verantwortlichen Forstleuten und trifft schließlich eine Entscheidung.

Villingendorf. Beschlossen wird, auf einer Fläche von etwa 6,5 Hektar einen sogenannten Eichensekundärwald anzustreben. Die Kosten beziffert der Forst mit 322 000 Euro. Ein Gegenwert wären der Erhalt von etwa 381 000 Ökopunkten.

Leicht macht es sich die Ratsrunde mit dieser Entscheidung nicht. Sie lauscht den Ausführungen der Experten – Frank Kapahnke, seines Zeichens Leiter des Gebiets Neckar-Albvorland, und Felix Schäfer, Leiter des Forstreviers Zimmern, zu dem Villingendorf gehört –, fragt eifrig nach, wundert sich über Vergangenes, teilt diesbezüglich ihren Unmut mit, blickt nach vorne, wägt ab, hat die Unwägbarkeiten der Gemeindefinanzen im Blick (Mehrzweckhallenneubau sowie mögliche "Corona"-Folgen) und trifft eine Entscheidung. Sogar einstimmig, was nach dem Stimmungsbild in der Diskussion nicht unbedingt zu erwarten war. Der Reihe nach.   Die Ausgangslage Die Gemeinde Villingendorf hat nicht unbedingt Waldreichtum gepachtet. Und kennt Gewinn aus dem Forst beinahe nur noch vom Hörensagen. Neben den Neckarhängen, in gewisser Weise eine forstwirtschaftliche Herausforderung, klebt in gewisser Weise das Pech am "Hüllberg".

Dieses Waldgebiet (etwa 29 Hektar groß) wurde von den Stürmen der 90er-Jahre (Vivien, Wiebke und Lothar) gebeutelt. Die Rede ist von einer Kahlfläche von zehn bis 15 Hektar. Eine Wiederaufforstung mit Esche, Ahorn, Tanne und Buche erfolgte. Allein, das Eschensterben hinterlässt Trauer. Eine Pilzerkrankung führt zum Exitus dieser Baumart. Dabei sind diese Bäume im "Hüllberg" teilweise etwa zehn Meter hoch.

Die Kulturen mit Buche und Tanne scheinen dafür sehr schmackhaft gewesen zu sein. Es wird massiver Wildverbiss konstatiert. Sie konnten nicht geschlossen wachsen. In diesen Lücken haben sich Sträucher und Weichlaubhölzer ihren Platz erkämpft, die jedoch keinen wirtschaftlichen Wert haben.   Der Plan Um auf dem Hüllberg eine sogenannte vollbestockte, forstwirtschaftlich nutzbare Waldfläche zu etablieren, seien umfangreiche Kulturmaßnahmen nötig, fasst das Forstamt zusammen. Drei Möglichkeiten stellen Kapahnke und Schäfer vor: Douglasien und Laubholz (forstliche Förderung 209 000 Euro). Eichen (forstliche Förderung 226 000 Euro) und Eichen (Ökopunkte, 322 000 Euro). Zu allen Varianten gehören Jungbestandspflege, Flächenräumung, Feinerschließung und Kulturvorbereitung.

Für die Douglasien-Variante kann sich Frank Kapahnke nicht unbedingt innig anfreunden. Er weist auf die Schwachstelle des "Hüllberg" hin: Er ist eine sturmgefährdete Fläche. Und: Douglasien haben erst Schwierigkeiten mit dem Anwachsen, und wenn dies gelungen sei, schießen sie in die Höhe.

Eichen gelten dafür als klima- und sturmstabil. Deshalb präferieren er und Felix Schäfer eben jene. Und hier konkret die Variante mit den Ökopunkten.    Einschub Die Ära der Fichte nähert sich mit Blick auf die Klimaveränderung unweigerlich dem Ende. Sie hat in höheren Lagen eine Existenzberechtigung, spricht der Experte. Sie sei schließlich nicht umsonst bei den Stürmen umgeknickt, und nun komme noch die Erwärmung hinzu.

Mit Blick auf den Namen des Standorts, wo diese Worte fallen, lässt sich nachvollziehen, wie es eben dort einst ausgesehen haben mag: "Eichwald". Die Freunde der Fichte und eines regelmäßigen Ertrags aus dem Forst müssen sich mit neuen (und ganz alten) Gegebenheiten anfreunden.   Eichensekundärwald Einer dieser schönen Begriffe, ein Zeichen der Kreativität einer Verwaltung oder Behörde. Felix Schäfer, ein Freund verständlicher Worte, spricht von Eichen oben drüber und von dienenden Baumarten wie Linde und Hainbuche. Diese sollen dazwischen die Äste der Eichen "freiputzen". So oder so, Wasser von oben dient dem Wachstum, trockene Sommer helfen nicht unbedingt.   Ökopunkte Ein Must-have in diesen Zeiten. Eine wichtige Währung, die der Naturschutz ausgibt. Benötigen Gemeinden, wenn sie Baugebiete ausweisen oder Gewerbe Möglichkeiten zum Ansiedeln bieten wollen. Hat eine Gemeinde keine, muss sie welche kaufen. (Etwas, das in Villingendorfs Nachbarschaft bereits passiert ist oder demnächst passieren muss.) Hat sie welche, ist sie fein raus. Und kann diese sogar verkaufen, wenn irgendwo Not am Mann ist. Villingendorf benötigt für die Erschließung seiner innerörtlichen Baugebiete eher keine. Wenn es auf der "grünen Wiese" wieder einmal soweit sein sollte, dann sehr wohl. Ebenso bei Gewerbegebieten. Kämmerer Michael Hardtmann spricht die Erweiterung des "Wasen" an.

Die angesprochenen 381 000 Ökopunkte, die einst der Naturschutz "errechnet" hat, klingen nach viel, sind es aber möglicherweise gar nicht. Zur Einordnung: Für das "Dürrenhölzle", das aktuelle, aber nicht so arg große Gewerbegebietserweiterungsprojekt wären etwa 130 000 Ökopunkte erforderlich, sagt Michael Hardtmann. Hier kam eine landwirtschaftliche Fläche ins Spiel.

Nebenbei: Jeder Ökopunkt sei auf dem "Basar" zwischen 50 Cent und einem Euro wert.   Der Zeitplan Im Wald verläuft so manches in anderen Zeitdimensionen. Das Wachsen (und "Ernten") der Bäume, aber ebenso das Projekt mit dem Eichensekundärwald. Abschnittsweise soll vorgegangen werden. Der Gemeinderat entschließt sich für den Startschuss im Jahr 2021.

Bürgermeister Marcus Türk hat mit Blick auf die Finanzen und das Großprojekt Hallenneubau für 2022 (oder gar 2023) plädiert. Ob aber ein finanzieller Engpass 2023 oder 2024 kommt, dürfte nach aktuellem Stand allein ein versierter Kaffeesatzleser wissen. (Und wer ist das schon?)   Die Kosten Die 322 000 Euro verteilen sich auf die Jahre 2021 bis 2026. Sie umfassen 2021 Jungbestandspflege 23 000 Euro und Flächenräumung 7000 Euro, 2022 Feinerschließung 45 000 Euro und Kulturvorbereitung 7000 Euro, 2023 Pflanzung Eichen und Gehölze 110 000 Euro sowie Schutz gegen Wild, also Hüllen, 109 000 Euro, sowie ab 2024 bis 2026 jährliche Kultursicherungskosten von je 7000 Euro.   Kritik und Hoffnung Wer könnte besser als ein langjähriger Gemeinderat, also Karl-Heinz Wachter, einen Blick zurück werfen? Sicher niemand in dieser Ratsrunde. Wachter, ehemaliger Lehrer, benotet die Hüllberg-Geschehnisse in den vergangenen fast 25 Jahren mit einer "Sechs".

Aber, Pädagoge, der er ist und war, spornt die jetzigen Forstleute an und möchte ihnen – Fußballer und Vereinsfunktionär, der er ebenfalls ist und war – beinahe unbefristete Verträge anbieten. Jene lassen sich nach dieser "Kabinenansprache" verbal nicht lumpen. Frank Kapahnke mit Elan in der Stimme: "Wie beide sind heiß, etwas anständiges zu machen."   Kleines Nachspiel Dieses hat jedoch nichts mit diesem Forstprojekt zu tun. Der Bürgermeister teilt noch mit, dass der offizielle Baubeginn der Mehrzweckhalle am Montag, 29. Juni, erfolgen soll. Pardauz! Es soll einen symbolischen Spatenstich geben. Allein, wie er aussehen mag und zu welcher Uhrzeit er stattfindet, ist noch nicht klar.