Martin Mayer kommt mit der neuen digitalen Art des Unterrichts gut zurecht. Allerdings fehlt ihm der persönliche Austausch und die kontroversen Diskussionen mit seinen Studenten.Foto: Meene Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Reviere freuen sich über Unterstützung in Corona-Zeiten / Prüfungen sollen regulär stattfinden

An der Hochschule für Polizei findet das Studium aktuell über ein Videoprogramm und nicht im Hörsaal statt. Doch der Abschluss soll auch in diesem Jahr termingerecht stattfinden – dafür waren viele Veränderungen nötig.

VS-Schwenningen. Die aktuelle Situation der Corona-Pandemie stellte die Polizeihochschule Baden-Württemberg vor neue Herausforderungen. Bereits Mitte März stand fest, das Sommersemester wird nicht wie geplant stattfinden können. Zu diesem Zeitpunkt fand bereits kein Unterricht mehr auf dem Campus in Schwenningen statt, und es war bereits Anfang März klar, dass das Corona-Virus den Betrieb massiv verändern wird, teilte der Präsident der Polizeihochschule Martin Schatz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch mit. Innerhalb weniger Tage musste der Vorlesungsbetrieb komplett von Präsenz- auf Online-Betrieb umgestellt werden. Dies sei eine große Herausforderung für die Verwaltung und Dozenten gewesen.

Digitalisierung sei schon seit Längerem ein großes Thema bei der Unterrichtsgestaltung, so Schatz. Aufgrund der aktuellen Situation wurden Überlegungen jedoch ganz schnell zur Realität. "Wir wurden sozusagen ins kalte Wasser geschmissen", so Schatz. Doch: "Manchmal braucht man solche Impulse um voranzukommen". Die Kommunikation zwischen den Dozenten und den aktuell etwa 14 000 Studenten an der Hochschule findet größtenteils über ein verschlüsseltes Programm für Videotelefonie statt. Dort können die Studenten in Echtzeit an virtuellen Vorlesungen teilnehmen.

Als ein "seltsames Gefühl" beschreibt Dozent Martin Mayer seine ersten Erfahrungen mit den Online-Vorlesungen im Fach Kriminaltaktik. Die Vorlesungen laufen technisch sehr gut, allerdings fehlen ihm die kontroversen Diskussionen, die über die räumliche Distanz nicht so gut ins Laufen kommen.

Kein Ersatz für Kontakt

Die computertechnische Herausforderung sei bei den Studenten kein Problem, die Anwesenheit der Studenten bei seinen Vorlesungen betrage im Normalfall 100 Prozent. Mayer geht nicht davon aus, dass die aktuelle Situation zum Nachteil für die Studenten werden könnte. Ganz im Gegenteil – die neue Vorlesungsform sei eine "neue Erfahrung" und biete viele neue Ansatzpunkte und Möglichkeiten für die Zukunft. Trotzdem hofft Mayer, dass das Wintersemester ab Oktober wieder in gewohnter Form in den Hörsälen des Campus stattfinden kann.

"Wir haben uns gut mit der Situation arrangiert", äußerte sich Schatz. Er freue sich über die größtenteils positiven Rückmeldungen der Studenten und Dozenten. "Wir sind in der Lage, unsere Termine wie geplant zu erfüllen", bestätigt er – daher wird es kein sogenanntes "Null-Semester" geben und die Studenten werden ihre Abschlüsse termingerecht erhalten können. Im Februar wurden die Klausuren, aufgrund der hohen Studierendenzahl zum ersten Mal in der Messehalle geschrieben. Dies ist auch für die kommende Prüfungsphase Anfang Herbst geplant. In der Schwenninger Messehalle sei genügend Platz, um die 820 Studenten im Grundstudium mit ausreichendem Sicherheitsabstand unterzubringen, so Judith Hauer, Prorektorin der Polizeihochschule, mit Blick auf möglicherweise notwendige Corona-Vorkehrungen.

Bis zum 29. Mai soll der Betrieb als Fernstudium weitergeführt werden. Nur für einen Jahrgang hat seit letzter Woche unter ausgearbeiteten Sicherheits- und Hygienevorschriften das Einsatztraining begonnen, sodass der Jahrgang die für das im Herbst beginnende Hauptpraktikum erforderlichen Voraussetzungen erfüllen kann.

In rotierenden Kleingruppen von 15 bis 18 Personen bekommen die Studenten sechs Stunden am Stück die Handlungssicherheit mit Waffen im Einsatztrainingszentrum am Campus vermittelt. Durch die strengen Hygienevorschriften werden dort täglich bis zu fünf Liter Desinfektionsmittel zur Reinigung der Hände, Waffen und der Ausrüstung verbraucht. "Die gesamte Bevölkerung ist von der aktuellen Situation stark beeinträchtigt", erklärt Schatz in dem Pressegespräch. Auch bei der Polizei sei zu zahlreichen Ausfällen gekommen. So freuten sich die polizeilichen Basisstationen, dass sie in den letzten fünf Wochen von circa 1200 Kollegen und Studenten der Hochschule unterstützt wurden. Die "Polizeifamilie" müsse in solch einer schwierigen Situation zusammenhalten, erklärte Schatz und er freue sich, dass dies so gut geklappt habe.

In der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg wurde eine Corona-Stabstelle in einem Multifunktionsraum eingerichtet. Diese Steuerungs- und Koordinierungszentrale ist für alle sieben Standorte im Land zuständig, dort arbeiten zwei spezialisierte Gruppen mit jeweils drei Mitarbeitern täglich am Umgang mit der Pandemie. Bei 6000 Beschäftigten an der Polizeihochschule gab es etwa 112 Corona-Verdachtsfälle. Sechs bestätigte Fälle habe es an der Hochschule gegeben, davon seien laut Einrichtungsleitung ausnahmslos alle wieder gesund.