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Schutzhaus mit 16 Plätzen stets belegt /Verein feiert Jubiläum

Die junge Frau sagte nur ein Wort: "Edeka". Mitten in der Nacht erhielt eine Mitarbeiterin von "Frauen helfen Frauen ihren Notruf. Sie ist eine der von Gewalt Bedrohten, die in der Schutzwohnung des Vereins Unterkunft fand.

Schwarzwald-Baar-Kreis. "Sie sprach kein Deutsch", erzählt die Mitarbeiterin des Vereins, der in desem Jahr gleich mehrere Jubiläen feiern kann. "Ich bin dann von Edeka zu Edeka gefahren und habe sie schließlich gefunden: Sie hatte das Kind gepackt und war im Nachthemd auf die Straße gelaufen." Im Internet, wo der Verein in mehreren Sprachen Hilfe offeriert, hatte die Frau die Telefonnummer gefunden und nachts zum Hörer gegriffen.

Die älteste Frau, die kurzerhand ihre Koffer packte und Schutz in der Frauenwohnung suchte, war schon 80 Jahre alt. "Sie hat gewartet, bis die Kinder erwachsen und aus dem Haus waren", erzählt Birgitta Schäfer, Vorstandsmitglied von "Frauen helfen Frauen". Der Verein selbst wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. 1998 engagierten sich 30 Frauen, um anderen, die männliche Gewalt sowohl psychisch als auch physisch erfahren hatten, zu unterstützen. Beim Kreis wurde Förderung beantragt und eine neue Schutzwohnung gesucht.

Schon zuvor hatte es den Verein "Frauen helfen Frauen Villingen-Schwenningen" gegeben, der 1984 ins Vereinsregister eingetragen wurde. Der Verein bot in den Beratungsräumen in der Brigachstraße in Villingen ambulante Hilfe für Frauen und Mädchen an, die von körperlicher und seelischer Misshandlung bedroht waren. Zugleich gab es einen Rund-um-die-Uhr-Notruf-Dienst unter 07721/54400. 1988 wurde eine Schutzwohnung gefunden, eine vorübergehende Zufluchtsstätte für Frauen und Kinder, die sonst körperlichen und seelischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen wären. Das war, so Schäfer "ein Abrisshaus, das heute nicht mehr existiert".

Es seien schon "gravierend hohe Zahlen" gewesen, blickt Schäfer zurück. Aber die Fälle von Gewalt gegen Frauen und Kinder sind seit damals nicht weniger geworden. "Das ist ein zunehmendes Problem, bundesweit eine hohe Belastung der Bekanntheitsgrad ist jetzt höher", so Schäfer. Selbstverständlich spielten dabei auch andere Kulturen und Religionen, in denen Frauen nicht gleichberechtigt gegenüber Männern sind, eine Rolle, räumt sie ein.

Für Asylbewerberinnen ist die Schutzwohnung allerdings nicht gedacht, auch Frauen mit psychischen Krankheiten und Drogenproblemen werden nicht aufgenommen. Das Frauenhaus, seit 2003 eine andere Lokalität im Schwarzwald-Baar-Kreis, hat 16 Plätze und ist ständig voll ausgelastet.

In dieser Schutzwohnung sind nicht nur Frauen und Kinder aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis untergebracht, sondern zeitweise auch Frauen und Kinder aus anderen Bundesländern, die in Zeugenschutzprogrammen eine andere Identität bekommen. Die Zusammenarbeit mit Polizei und Opferschutzorganisationen sei sehr gut, sagt Schäfer. Das ist wichtig, denn die Gewalttäter versuchen auf verschiedenen Wegen, den Ort aufzuspüren, wo Frauen und Kinder geschützt werden. "Es geben sich welche als Opfer aus und wollen eingewiesen werden", berichtet eine Mitarbeiterin von Frauen helfen Frauen. Und fügt hinzu: Aber wir merken das".

2017 wurden insgesamt 19 Frauen und 27 Kinder in der Schutzwohnung aufgenommen, die dort an insgesamt 3161 Belegungstagen blieben. 2016 waren es 3189 Belegungstage. Drei Notaufnahmen, wie die Frau, die am Edeka-Markt im Nachthemd und mit Kind nachts aufgesammelt wurde, waren notwendig. 149 Frauen wurden an andere Einrichtungen vermittelt oder abgewiesen. Die meisten Ratsuchenden kommen nach Beobachtung des Vereins aus dem Umland, beispielsweise Blumberg, Bad Dürrheim oder Niedereschach. Als ein zunehmendes Problem stellt sich die Wohnungsknappheit heraus. Die Zahl der von Obdachlosigkeit bedrohten Frauen, die anfragten, hat sich seit 2016 nahezu verdoppelt; von neun im Jahr 2016 auf 14 im Vorjahr. "Das ist die Wohnungsnot. Viele Frauen suchen eine Wohnung und rufen an: ›Ich muss da raus‹", berichtet Schäfer. Wenn die Frau sich von ihrem Mann trenne, könne sie die Wohnung nicht zahlen. Die Folge sei, dass sie von Freund zu Freund ziehe, oft mit Kindern und dann immer wieder in Gewaltsituationen gerate.

Auch die Bekanntschaften, die im Internet gemacht werden, tragen zu dem Problem bei. Osteuropäische Frauen, die dann vor Ort entdeckten, dass der Partner ein ganz anderer Mensch sei, als der, den sie im Internet kennengelernt hatten, stehen schließlich auf der Straße. Oftmals hätten sie zuvor alle Brücken in die Heimat angebrochen. Die Mitarbeiterinnen von "Frauen helfen Frauen" berichten auch von Männern aus Rumänien, die ihren Frauen erklärten, sie könnten nach Deutschland kommen. "Dann gibt es keine Wohnung und die Sprache sprechen sie auch nicht."

Während alle gesellschaftlichen Schichten bei der Beratungsstelle des Vereins Hilfe suchen, "findet sich die Ärztin eher nicht in der Schutzwohnung, sie kann ein Hotelzimmer nehmen", erzählt Birgitta Schäfer. Schon seit 40 Jahren besteht der Frauentreff. Auch dieses Jubiläum soll gefeiert werden. Aus diesem Anlass wird am 8. März, dem Weltfrauentag, 19 Uhr, zu einem Sektempfang in das Guckloch-Kino eingeladen. Im Anschluss wird der Film "Meine glückliche Familie" gezeigt.