Raphael Rabe (von links), Wilfried Waldvogel, Taddäus Kunzmann, Karl Rombach und Harald Rettenmaier im Foyer des Konferenzraumes bei der AOK. Foto: Schück Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Demografiebeauftragter Taddäus Kunzmann zu Gast

Schwarzwald-Baar-Kreis (fsk). Ein Programm, das privaten Vermietern Anreize gibt, die Wohnungen barrierefrei und altersgerecht zu gestalten, Mobilität für Hochbetagte, Beseitigung von Stolperfallen auf Gehwegen und Glasfaser in jedes Haus: Das sind nur einige der Forderungen, die Taddäus Kunzmann, Demografiebeauftragter der Landesregierung, in seinem ausführlichen Vortrag zur demografischen Veränderung angesichts eines wachsenden Potenzials von Hochbetagten aus der Generation der geburtenstarken Jahrgänge forderte. "Wir werden alle älter, bunter und mehr", erklärte er. Auf Einladung des Landtagsabgeordneten Karl Rombach sprach Kunzmann über die sich abzeichnenden Veränderungen, wie den Fachkräftemangel, der in Baden-Württemberg sowohl den ländlichen als auch den städtischen Raum betreffe. "Das größte Problem für die Unternehmen ist der Fachkräftemangel. Das ist erstaunlich, weil die geburtenstarken Jahrgänge ja momentan noch arbeiten. Klar ist: Wir müssen uns über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit Gedanken machen." Ohne Zuzug lasse sich der Fachkräftemangel nicht beheben, aber, so Kunzmann, "nicht Armutszuzug". Wohnraum, Mobilität, Kinderbetreuung und die von den Zuwandereren gewünschte Versorgung mit Breitband müssten gegeben sein.

"Wir sind nicht nur besonders viele, wir leben auch besonders lange und nach uns kommen besonders wenige", sagte Kunzmann, selbst Jahrgang 1964.

Weiterer Trend: Die zukünftige Generation der 80-Jährigen ist vom Alleinleben geprägt und möchte in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Bis 2014 müssten eine halbe Million geeignete Wohnungen barrierefrei erstellt werden. Pflegekräfte aus Osteuropa werden in Zukunft rar, weil Osteuropa ebenfalls von einem erheblichen demografischen Wandel betroffen sei.

Ältere Menschen würden momentan in den Vereinen nicht mehr mit Aufgaben betreut, was zur Vereinsamung und letztlich zu Depressionen beitragen könne. Kunzmann appellierte, den Hochbetagten künftig mehr Sinn in ihrem Leben zu geben. Schließlich könnten Depressionen zusammen mit anderen Faktoren zu Demenz-Erkrankungen führen.

In seinem Wahlkreis, so erklärte der Landtagsabgeordnete Karl Rombach, habe sich die Zahl der Bürger über 65 seit 1993 verdoppelt. Zugleich sank die Zahl der unter 15-Jährigen von 48 000 auf 28 000. Angesichts der Tatsache, dass weibliche Neugeborene momentan die Chance hätten, 100 Jahre alt zu werden, müsse die Politik Antworten finden, forderte Rombach. "Wenn es gelingt, dass Jung für Alt und Alt für Jung eintritt, dann leisten wir einen großen Beitrag für den Zusammenhalt."

Auch für die AOK, so deren stellvertretender Geschäftsführer Harald Rettenmaier, sei der demografische Wandel "ein Mega-Thema". Raphael Rabe, stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union VS erklärte, das Thema betreffe auch die jüngere Generation. "Wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, müssen wir mit höheren Beiträgen rechnen und außerdem selbst für unsere Rente vorsorgen." Der 27-Jährige erklärte, in seiner Generation befassten sich die wenigsten mit dem Thema.

"Altersgerechtes Wohnen ist das Thema für Senioren", sagte Winfried Waldvogel. Außerdem nannte er die Ärzteversorgung und das Thema Breitband als Voraussetzung für Videosprechstunden bei den Ärzten. Hannelore Vetter (Blumberg) fragte, ob ein Wefall des Numerus Clausus dafür sorgen könnte, dass es mehr Ärzte gebe. Doch Kunzmann sagte, der Ärztemangel wäre nur mit einer Erhöhung der Zahl der Studienplätze für Medizin und besseren Arbeitsbedingungen zu lösen.