Betriebe, deren Kassen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sollten generell von der Bonpflicht ausgenommen werden, fordert die Vollversammlung des Handwerks. Foto: Woitas

Handwerkskammer zieht Bilanz und äußert sich außerdem zum Abschiebestopp für Geflüchtete.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Noch keine 100 Tage ist die neue Vollversammlung der Handwerkskammer Konstanz im Amt. Eine erste Bilanz ihrer Arbeit zu ziehen wäre also verfrüht.

Die Basis für eine erfolgreiche Lobbyarbeit sei jedoch gelegt, wie Kammerpräsident Werner Rottler aus Villingen-Schwenningen anhand der vielen politischen Begegnungen der vergangenen Wochen skizzierte.

Mit positiven Botschaften startete er in die erste Sitzung im neuen Jahr: Stabile Ausbildungszahlen und eine Handwerkskonjunktur auf hohem Niveau beflügelten das regionale Handwerk weiterhin. Allerdings gebe es noch keine Entwarnung beim Thema Fachkräfte: "Zu glauben, dass eine geschwächte Industrie Beschäftigte freisetzt, die dann dem Handwerk zu Gute kommen, ist leider ein Trugschluss", so Rottler.

Rottler dankte dem Landeswirtschaftsministerium für die Fortführung der Zukunftsinitiative Handwerk 2025, durch die Betriebe in den Genuss von geförderten Beratungen im Bereich Personal- und Strategieentwicklung kommen. Laut Ministerialrätin Ina von Cube habe der Landtag vier Millionen Euro für das Projekt eingeplant, 4200 Betriebe hätten die Angebote der Zukunftsinitiative Handwerk 2025 im Land bisher genutzt.

Die Vollversammlung sieht die Ausbildung als Schlüsselthema der Zukunft. "Hier vorauszugehen sollte für uns alle zum Leitmotiv werden – und die Handwerkskammer Konstanz hat dabei besonderes Potenzial", so Kammerpräsident Rottler.

Abschiebestopp für Geflüchtete in Arbeit

Im Rahmen ihrer Sitzung positionierte sich die Vollversammlung klar zu aktuellen, politischen Themen. Zunächst geht es um ein Abschiebestopp für Geflüchtete in Arbeit. Viele geflüchtete Menschen mit Duldung seien nach einer durch den Betrieb engagiert vorangetriebenen Einarbeitungsphase zu wertvollen und geschätzten Mitarbeitern geworden. Diese wie auch ihre Arbeitgeber müssten mehr Planungs- und Rechtsicherheit erhalten, so die Forderung der Vollversammlungsmitglieder. Das schließe mit ein, dass die Behörden klare Verwaltungs- und Umsetzungsrichtlinien inklusive Beratung hierüber erhielten, um Ermessenspielräume ausschöpfen zu können.

Weiteres Thema: das Abschaffen der Bonpflicht für Kleinstbeträge. Auch beim Thema Bonpflicht gibt es aus Sicht der Vollversammlung Verbesserungspotenzial: Zwar stehe das regionale Handwerk hinter dem Anliegen der Bundesregierung, Steuerhinterziehung aktiv zu bekämpfen. Allerdings sei die Bonpflicht bei Kleinstbeträgen, die zumal in den elektronischen Kassen manipulationssicher verbucht sind, völlig überzogen. Betriebe, deren Kassen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sollten generell von der Bonpflicht ausgenommen werden.

Und: Fotografen sollten bei Passbildern nicht ausgeschlossen werden. Nach dem Entwurf eines "Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen" sollte das Foto für einen neuen Pass oder Personalausweis künftig direkt bei der zuständigen Behörde in Gegenwart eines Mitarbeiters gemacht und elektronisch erfasst werden. Das würde das Fotografenhandwerk existenziell bedrohen. Das Handwerk fordert den Gesetzgeber auf, mit dem Centralverband Deutscher Berufsfotografen zusammenzuarbeiten und einheitliche Sicherheitsstandards zu realisieren. Denkbar wäre etwa die verbindliche Nutzung eines Online-Systems, in das qualifizierte Berufsfotografen oder der qualifizierte Fotohandel die von ihnen erstellten Passbilder einspeisen, und das keinerlei Möglichkeit zur Manipulation bietet.

Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören rund 12.500 Handwerksunternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und über 4000 Auszubildenden.