Ben Bockemühl Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Porträt : Ben Bockemühls Herz schlägt für die Feuerwehr / Mit gleicher Leidenschaft an Hauptschule unterrichtet

Von Birgit Heinig

Ben Bockemühls Herz schlägt für die Feuerwehr und für junge Menschen, die er zum Hauptschulabschluss geführt hat. Für die Feuerwehr ein kleines bisschen mehr, daher hat er sich gegen den Lehrerberuf entschieden. Seit April 2017 ist er Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Villingen-Schwenningens.

Villingen-Schwenningen. Der 37-Jährige aus dem 30 000-Einwohner-Städtchen Friedberg bei Augsburg war zwölf Jahre alt, als er sich bei einem St. Martinsumzug sehr für die Feuerwache interessierte. Er trat der Jugendfeuerwehr von Stätzling bei und startete eine Feuerwehrkarriere. Er wurde Jugendsprecher, Jugendwart und war mit 21 Jahren schon Gruppenführer. Später wurde er zum Kreisjugendwart bestellt, war Zug-Verbandsführer und verbrachte auch während seines Studiums für das Lehramt an öffentlichen Schulen viel Zeit zur Fortbildung auf der Feuerwehrschule.

"Das Hobby hat mich einfach nicht losgelassen", sagt er. Das faszinierende Gefühl, dass man nach einer erfolgreichen Menschenrettung hat, sei jeden Aufwand Wert, findet er. Solche Fälle hat er mittlerweile viele erlebt, er weiß, von was er spricht. Mit gleicher Leidenschaft unterrichtete er Jugendliche an einer Hauptschule. Sie zu fördern und zu motivieren, um zumindest den Hauptschulabschluss und damit die Möglichkeit zum Einstieg in einen Beruf zu schaffen – diese Herausforderung suchte und schätzte er.

An seinem 31. Geburtstag klingelte das Telefon im Hause Bockemühl. Der Landrat des bayrischen Landkreises Aichach-Friedberg wollte ihn als Kreisbrandrat – hierzulande heißt das Kreisbrandmeister – haben. Bevor er das verlockende Angebot an- und Verantwortung übernahm, absolvierte Bockemühl noch etliche Monate lang Weiterbildungen, widmete sich insbesondere dem Katastrophen- und Zivilschutz, denn: "Wenn ich etwas tue, dann vernünftig". Aus dem gleichen Grund führte er seine Klasse noch bis zum Hauptschulabschluss – alle haben ihn geschafft!

Fünfeinhalb Jahre lang hatte die Arbeitswoche Bockemühls 74 Stunden, zumal er seiner Schule weiterhin als Krankheitsvertreter zur Verfügung stand. Die hohe Belastung und seine generelle Freude an neuen Herausforderungen mündete schließlich in einen Entscheidungsprozess und er stellte sich die Frage: soll ich etwas ändern? In dieser Phase kam ihm die Ausschreibung für den Kommandanten in Villingen-Schwenningens unter. Zwischen dem ersten Gespräch mit dem Oberbürgermeister und der Zusage vergingen drei Tage – "schnell und schlagfertig", das beeindruckte ihn.

Auch die Besonderheit, als Stadt dieser Größe eine Feuerwehr im Ehrenamt mit nur minimaler hauptamtlicher Unterstützung zu haben. 420 Freiwillige in der aktiven, 110 in der Altersmannschaft sowie 120 in der Jugendfeuerwehr setzen sich ehrenamtlich für die Rettung von Menschenleben ein. Nur zehn Prozent der Mannschaft ist weiblich – leider! "Da hätte ich gerne noch mehr", sagt er. Nach zehn Monaten als Gesamtkommandant der Stadt zieht Ben Bockemühl – der eigentlich Benedikt heißt, aber "man kennt mich nur als Ben" – für sich eine positive Bilanz. Die Zusammenarbeit mit der Stadt, dem Gemeinderat und allen Rettungsdiensten und der Leitstelle funktioniere perfekt. "Wir sind eine intakte Blaulichtfamilie", sagt er.

Verbesserungsmöglichkeiten gebe es aber immer und seien es nur Kleinigkeiten im Einsatzplan oder bei der Materialbeschaffung. Auch ein großes Projekt zur Erhöhung der Schlagkraft ist der Hüne angegangen, der in seiner bayrischen Heimat aktiver Eishockeyspieler war, hier jedoch noch keine Zeit fand, sich auf SERC-Eis zu begeben. Jede einzelne Abteilung soll nach ihren jeweiligen Stärken Spezialaufgaben erhalten. In Weilersbach sind das die Kenntnisse über "fog-nails", kleine Speziallöschgeräte, die auch in die kleinsten Ecken eingeführt werden können, um zum Beispiel einen Dehnfugenbrand zu löschen. Pfaffenweiler hat die dritte Drehleiter, Herzogenweiler schickt im Einsatzfall "Helfer vor Ort", und Obereschach weiß den Schlauchwagen für den Wassertransport über lange Strecken zu handhaben.

Das vom Bürger als lästig wahrgenommene Thema Brandschutz – angefangen beim Rauchwarnmelder – ist für Bockemühl eine Selbstverständlichkeit. Jedes Jahr weniger Brandopfer sprechen für sich, sagt er, und wer bei Bauvorhaben rechtzeitig Fachplaner hinzuziehe, vermeide hohe Kosten. Für den leidenschaftlichen Feuerwehrmann Ben Bockemühl steht in jedem Falle und im Sinne der Bürger fest: "Der beste Einsatz ist kein Einsatz".