BUND-Mitglied Hermann Krafft misst auf Hubenloch. Werte beruhigen. Problem sind nicht die Funktürme.
Villingen-Schwenningen - Sind die Strahlen gefährlich? Braucht VS weiterhin einen Mobilfunkbeirat? In VS ergibt sich ein beruhigendes Bild: Das Minimierungskonzept der Stadt ist aufgegangen, die Messwerte sind selbst für Mobilfunkkritiker auf einem niedrigen Niveau.
Es ist kurz vor 12 Uhr, eine Zeit, in der besonders viele Handys genutzt werden. Genau der richtige Zeitpunkt für Hermann Krafft, langjähriges BUND-Mitglied und Mobilfunkexperte, in der Villinger Innenstadt Messungen vorzunehmen. Genauer gesagt: Krafft misst knapp eine Stunde lang in der Stadt nach, ob es bei den gesunkenen Werten bezüglich der Mobilfunkstrahlung geblieben ist. Das Fazit nach fast zehn Messungen im Stadtgebiet: "Ich kann Entwarnung geben."
Krafft zog an diesem Vormittag nicht als Einzelkämpfer los. Der Villinger Allgemeinmediziner Klaus Dold war es, der letztendlich den Anstoß für Nachmessungen im Stadtgebiet gab. Dold war zusammen mit dem verstorbenen Schwenninger Arzt Eberhard Haller Initiator des Mobilfunkbeirates der Stadt, einem Beirat, in dem neben den beiden Medizinern auch Vertreter der Fraktionen, und der Stadt sitzen.
Das Ziel: Ziel des Mobilfunkbeirates war es, die Strahlenbelastung im Oberzentrum deutlich zu verringern. Ein Ergebnis dieser Beratungen war das "Minimierungskonzept" der Stadt: 2005 wurden im Stadtbezirk Schwenningen Sendeanlagen höher gesetzt, im Stadtbezirk Villingen wurden die meisten einzelnen Sendeanlagen auf zwei große Sendetürme, in der Güterbahnhofstraße und auf dem Hubenloch, konzentriert.
Das Ergebnis: Nun ist Krafft alleine mit seinem Messgerät für Breitbandstrahlung unterwegs. Er hält das graue Kästchen, an dessen Ende ein mit Sensoren ausgestattetes "Segel" sitzt, das die Strahlen auffangen soll, und schaut gespannt auf die aufblinkenden Zahlen. Egal wo er das Gerät schwenkt, ob am Riettor, auf dem Marktplatz oder auf dem Hubenloch: Jedes Mal reagiert Krafft mit einem beruhigten Lächeln auf die Signale. Die Werte erreichen maximal einen Wert von 800 Mikrowatt pro Quadratmeter auf dem Hubenloch und nahe des Funkturms, am Rande der Südstadt sinken sie bereits deutlich und erreichen nur noch maximal 300 Mikrowatt pro Quadratmeter.
Beruhigende Bilanz: In der Villinger Niederen Straße, ein gutes Stück vom Sendeturm entfernt, schwenkt Krafft das Gerät, erfolglos, der Wert liegt bei Null. Erst als er in die Nähe eines jungen Mannes kommt, der mit seinem Handy telefoniert, tauchen wieder Zahlen auf dem Bildschirm auf, 60 Mikrowatt pro Quadratmeter. Für ihn der Beweis dafür, dass selbst bei so gut wie keiner Strahlenbelastung "alle noch mit den Handys erreichbar sind."
In Schwenningen war Krafft an diesem Tag zwar nicht im Einsatz. Doch der Zahlenspiegel aus dem Jahr 2011 dürfte sich, analog zu Villingen, nicht verändert haben, urteilt er. Vor der Höhersetzung der Sendemasten lag der Spitzenwert im Jahr 2002 in der stark belasteten Kronenstraße bei 52 000 Mikrowatt pro Quadratmeter, drei Jahre später bei 6200 Mikrowatt.
Erfolgs-Konzept: Krafft packt das Messgerät wieder in seine Tasche. Die Werte seien eher noch gesunken als gestiegen, zeigt er sich erleichtert. Das Minimierungskonzept der Stadt sei aufgegangen.
Was bedeutet diese Bilanz für die Zukunft des Mobilfunkbeirates? Während Krafft und Gründungsmitglied Dold am Beirat festhalten wollen und in regelmäßigen Abständen Messungen vornehmen möchten, sieht Bürgermeister Detlev Bührer dies eher distanziert. "Wir haben durch unsere Maßnahmen ein sehr gutes Ergebnis erreicht", meinte er. Hinter der Notwendigkeit des Gremiums setzt er ein Fragezeichen. Im Herbst, wenn der Mobilfunkbeirat erneut zusammentrifft, werde man das Thema sicherlich diskutieren. Hermann Kraftt sieht dies anders: Trotz positiver Werte "sollten wir die Entwicklung in diesem Bereich im Blick behalten".
Das Hauptrisiko: Mag es bei der Frage, ob der Mobilfunkbeirat notwendig ist oder nicht, Meinungsdifferenzen geben, gibt es bei einem anderen Thema Zustimmung. Das Problem, so Krafft wie Bührer, seien weniger Sendemasten oder Funktürme, sondern das "Handy am Ohr", das ständige Telefonieren mit Handys oder schnurlosen Telefonen.
Diverse Studien versuchen diese Risiken zu belegen, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, die ständig "Ohr" sind.