Bei Suchen und Finden geht Passo Avanti Schritte nach vorn. Con passione spielen (von links) Doren Dinglinger, Lucas Campara Diniz, Eugen Bazijan und Alexander von Hagke. Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Quartett "Passo Avanti" wartet im Franziskaner mit Kammermusik voller ungeahnter Effekte auf

VS-Villingen. Kammermusik mit ungeahnten Effekten wurde im Franziskaner-Konzerthaus in Villingen geboten. Das Quartett "Passo Avanti" zeichnete sich bereits durch die außergewöhnliche Besetzung aus. Wenn Töne in die Luft geworfen werden, Tränen zu Diamanten mutieren, ein "Mimikbeauftragter" engagierten Jazz hinlegt, Echoeffekte reizen, Dissonanzen nicht gescheut werden, Samplingmethode folgt, ein Seeteufel keine gräflichen Telefonbücher zerreißt oder Bach folkloristisch gedeutet wird, dann sind sie dabei: Doren Dinglinger, Violine, Alexander von Hagke, Piccolo, Querflöte, B-, Es und Bassklarinette, Lucas Campara Diniz, Gitarren, und Eugen Bazijan, Violoncello.

Die Janitscharen bewegten sich um Wolfgang Amadeus Mozart in einem Radius von 300 Jahren – von der Renaissance bis zur Moderne. Trotz gewisser Komik stand ernsthaftes Musizieren dahinter, wurde Wert auf gute Stimmung gelegt und bewiesen, wie einfallsreich verschiedene Stile gemixt werden können. Verblüffend waren die gekonnten Arrangements, darunter Mozarts d-Moll-Fantasie, die der enthusiastisch agierende Cellist bearbeitete. Mit seinem Legato, glockenklaren Gitarren-Sechstolen, melodieführender Bassklarinette, vibratogestärkten satten oder bezaubernd duftigen Geigenimpressionen tauchte ein betörender Tango auf, der keine Wünsche offen ließ; ein genialer Einfall mit virtuosem Können der Interpreten.

Das Muster A-B-A wurde bei dem von Martin Luther geschätzten Josquin Desprez zum Programmauftakt eingesetzt. Das "Mille regretz" erschien in schillernden Klangfarben, ließ Arabesken und exotische Empfindungen hören, beeindruckte mit Czigan-Weisen und war geprägt von Crescendo und Tempowechsel. Mozart auf Lateinamerikanisch war beim Trennungslied zu vernehmen, Erinnerungen an Britten kamen bei seiner Gigue auf, mit besonderen Akzenten kam der Figaro daher, und Türkenmusik erklang mit dem berühmten Allegretto.

Vater Leopold wurde con affetto, fuoco e spirito in schräge Geräuschkulissen, Glissandi, Klangteppiche, Percussionverlockungen (Cello) und mediterrane Flötenpassagen gekleidet, und beim berühmten Pachelbel-Kanon durfte das Publikum seine gesanglichen Qualitäten einsetzen.

Moderator von Hagke brachte sich kompositorisch ein mit stimmungsvoller Melancholie, Elf-Achtel-Takt, polyphonen Wirkungen, großen Melodiebögen, Klezmer, Elfen, die Chagall-farbenfroh im Konzertsaal tanzten, experimentellen Fetzen, Bassklarinetten-Riffs und Poesie. Die Wirkung blieb nicht aus.