Der Vierbeiner ist einer der wenigen "Bürohunde" in VS. Foto: © Photoboyko - stockadobe.com

Seniorenheim lässt Bailey zu. Bürohund immer mehr im Trend.

Villingen-Schwenningen - Er heißt Bailey, trägt schwarz-weiß, schleppt 42 Kilogramm mit sich herum und ist im Schwenninger AWO-Seniorenheim der Liebling. Therapiehunde sind nichts Ungewöhnliches mehr. Mitarbeiter, die ihre Hunde mitnehmen dürfen, dagegen schon. Der Vierbeiner ist einer der wenigen "Bürohunde" in VS.

Kaum betritt die Besucherin das Büro der Wohnbereichsleiterin Alexandra Furtwängler, erhebt sich auch Bailey. Die Englische Bulldogge verlässt zur Begrüßung ihr Lieblingsplätzchen, sie weiß ja, was jetzt kommt: Jede Menge Streicheleinheiten. Meistens liegt sie zu Füßen ihres Frauchens. Oder der Vierbeiner schreitet die Reihen der Senioren ab, die den Wonneproppen mit dem intensiven Hundeblick fröhlich begrüßen. Bailey genießt die Aufmerksamkeit und zieht wedelnd weiter.

Im Haus an der Reutlinger Straße in der Neckarstadt döst die Bullogge aus gutem Grund: Alexandra Furtwängler holt sich nach dem Tod ihrer Schäferhündin den Rüden. "Um ihn aber über acht oder mehr Stunden alleine im Haus zu lassen, dafür war er zu jung. Lieb und chillig, wie er nun mal ist", kommt ihr die Idee: "Ich frage mal meinen Chef, ob ich Bailey mitbringen darf." Sie darf. Der Vierbeiner kommt und siegt auf der ganzen Linie. "Das hat gleich gepasst", erinnert sich Heimleiter  Martin Hoyer an den Probelauf. Anfangs war zwar die Skepsis, die Bewohner könnten Angst wegen des etwas großen Kopfes des Hundes bekommen. Doch solche Bedenken lösen sich schnell in Luft auf. "Bailey ist ein richtiger Stimmungsaufheller", schwärmt nicht nur Furtwängler.

Begrenzte Toleranz

Bailey schaut auf, als ob er wüsste, dass er im Mittelpunkt des Gesprächs steht. Hoyer krault ihm das Fell und schwärmt vom ausgeglichenen und offenen Wesens des Tieres, generell das absolute Muss für die Eignung als Bürohund. Ebenso relevant: Das Einhalten von Hygiene-Standards. Die Offenheit hat jedoch Grenzen: Natürlich können wir dies nur einzelnen Mitarbeitern gestatten, zeigt er auf. Ist das AWO-Seniorenheim die große Ausnahme in VS? Wie stehen Unternehmen zu der Frage? Könnten sie sich vorstellen, dass einzelne Mitarbeiter ihre Vierbeiner mitbringen, wenn deren Hunde weder durch ständiges Gekläff noch ungestüme Art auffielen? Eine Recherche zeigt, dass VS zumindest in punkto Büro noch nicht auf den Hund gekommen ist.

Kollegen müssen mitziehen

Für einige Unternehmen in der Stadt ist der Bürohund eher kein Thema, wie ein Stimmungsbild zeigt. Anfragen habe es noch keine gegeben und vorstellen könne man sich eine solche Regelung auch nicht, heißt es aus einem Betrieb. Ablehnung auch aus einem anderen: "Wir haben Großraumbüros, da geht das gar nicht nicht, dennoch eine gute Idee." Die Continental AG ist das einzige Unternehmen das Offenheit signalisiert: "Ob Hunde an den Arbeitsplatz mitgebracht werden dürfen, ist bei Continental standortspezifisch geregelt und wird jeweils im Einzelfall entschieden. Dabei wird geprüft, ob das Einverständnis aller Kollegen vorliegt, ob es Kollegen mit Hundeallergien gibt" und ob ausreichend Auslaufläche in der näheren Umgebung vorhanden sei.

Aus der Stadtverwaltung kommt dagegen ein klares Nein. Die einzigen drei Verwaltungs-Ausnahmen sitzen im städtischen Forstamt und heißen Luna, Gretchen und seit neuestem Diana: "Das sind aber Diensthunde", nennt Roland Brauner, stellvertretender Forstamtsleiter den kleinen aber feinen Unterschied. Auch im Landratsamt Schwarzwald-Baar gibt es Hunde, die im Büro anzutreffen sind: die von den Forstamtsmitarbeitern. Eine offizielle Regelung gebe es allerdings nicht. In Ausnahmefällen sei es möglich, dass Mitarbeiter ihren Hund mitbringen können, wenn die Kollegen damit einverstanden sind.

Markus Beyer kennt Martin Hoyer aus VS natürlich nicht. Der Hundetrainer aus Berlin und Vorsitzende des Bundesverbands Bürohund hört die Geschichte von Bailey und applaudiert spontan: "Mein Respekt." Beyer gründete den Bundesverband vor vier Jahren. Häufig kamen vor der Gründung Anfragen von (alleinlebenden) Berufstätigen: "Bringen Sie bitte meinem Hund das Alleinebleiben dabei." Beyer verfolgt nach intensiver Reflexion einen anderen Ansatz: Warum Hunde, wenn es passt, nicht mit ins Büro nehmen? Was lasse sich tun, um sie in die Unternehmensstruktur einzubinden?

Interesse steigt rasant

Die durch wissenschaftliche Studien belegte Vorteile liegen seiner Ansicht nach auf der Hand: Zum einen senken Hunde im Büro den Stresslevel deutlich "und sind damit das beste Mittel gegen Burn-Out und psychische Erkrankungen". Zudem steigern Hunde im Büro die Produktivität. Studienergebnisse, die es in die Vorstandsetagen kleiner und großer Firmen gebracht haben. Der Berliner Hundetrainer verzeichnet ein rasant gestiegenes Interesse seitens deutscher Unternehmen. Etwa 20 Anrufe bekommt er täglich: Die einen wollen Starthilfe, die anderen sind am Anfang ihrer Überlegungen. Was macht das Leben mit einem Hund aus? "Das Leben ändert sich stark, aber nur zum Guten."