Die Bedingungen sind miserabel. Flüchtlingshelfer fordern deshalb die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus dem griechischen Lager Moria. Foto: Tzortzinis

Organisationen fordern Stadt und Gemeinderat in offenem Brief zum Handeln auf.

Villingen-Schwenningen - In einem offenen Brief fordern der Jobclub VS sowie weitere Organisationen von Stadt und Gemeinderat die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria.

Nachdem die Innenministerkonferenz der 16 Bundesländer gemeinsam mit Innenminister Horst Seehofer beschlossen hat, 243 kranke Kinder aus dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, zusammen mit ihren Familien, in die Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen, bitten die Verfasser des Briefs, "dem Bundesministerium des Inneren gegenüber zu erklären, dass die Kommune Villingen-Schwenningen bereit ist, Menschen aus den Lagern in Griechenland, insbesondere Kinder und unbegleitete Jugendliche, aufzunehmen".

Mangelnder Zugang zu medizinischer Versorgung

Sie beziehen sich dabei auf den Appell, den die Organisationen Pro-Asyl, Refugio und die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen im März an die Kommunalpolitiker gerichtet haben." Die von uns erbetene Aufnahmebereitschaft liegt in der Konsequenz Ihres eigenen Beschlusses, sich der Initiative ›Sicherer Hafen‹ anzuschließen", stellen die Organisationen klar.

Im März diesen Jahres haben viele Städte, etwa Tuttlingen und Rottenburg, aber auch Köln, Düsseldorf, Frankfurt an der Oder oder Freiburg, zusammen mit dem Innenminister des Landes Niedersachsen eine entsprechende Initiative gestartet. Dieser soll sich nun auch VS anschließen.

Refugio in Villingen betont, die Kapazitäten zur therapeutischen Behandlung traumatisierter Kinder und Jugendlicher zu haben und bereitzustehen, diese Behandlungen aufzunehmen. Und das sei vermutlich auch dringend nötig: "Die Situation in den Lagern in Griechenland ist unverändert katastrophal." Zusätzlich zu menschenunwürdigen Bedingungen in den Lagern bei einer Überbelegung mit mehr als 20.000 in einer für 3000 Bewohner angelegten Einrichtung, mangelnder Hygiene und beengten Verhältnissen, die vor allem die jetzt drohende Covid-19-Infektion fördern, herrsche dort ein mangelnder Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Kinder und Jugendlichen seien dadurch besonderen Gefahren ausgesetzt - auch deshalb, weil von den etwa 4100 Kindern und Jugendlichen in Lesbos nur 100 in besonderen Schutzzonen für sie untergebracht werden können. "Die anderen 4000 vegetieren elternlos und ohne den Beistand verwandter Erwachsener im Gelände, sind gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt, ernähren sich wild und ungesund in den umliegenden Wäldern, nächtigen im Freien und sind auch dort in ihrer Gesundheit besonders bedroht. Ihre Lage spitzt sich mehr und mehr zu."

Großzügiges Handeln gefordert

Es müsse schnell gehandelt werden, um ihr Überleben zu sichern und Sorge dafür zu tragen, dass diese jungen Menschen keinen irreparablen psychischen Schaden davontragen. "Die humanitäre Katastrophe nötigt unseres Erachtens uns alle in den reicheren Ländern zu schnellem und großzügigem Handeln."

"Wenn Portugal als sehr viel kleineres und ärmeres Land, bereit sei, 500 Kinder aus der Ägäis aufzunehmen, wie viel mehr müsste sich die Bundesrepublik Deutschlands hier engagieren, zumal die Voraussetzungen in unserem Land vergleichsweise viel besser sind?", fragt Christian Utischill als Vorsitzender des Jobclubs VS, aber auch stellvertretend für die Aktionsbündnis-Partner Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen in Villingen-Schwenningen, Pro Asyl, Caritasverband im Schwarzwald-Baar-Kreis, das Diakonische Werk Schwarzwald-Baar, den Malteser Hilfsdienst, Refugio und das Psychosoziale Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge sowie die Seelsorgeeinheit Villingen der katholischen Kirchengemeinde Villingen.