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Vorwurf Ärztepfusch: Patient schildert Erlebnisse vor Gericht. Mediziner bestreitet Vorwürfe.

Villingen-Schwenningen - Was ist die Geschichte im nächsten Fall zum "Ärztepfusch"? Der Vergleich vor der Zivilkammer des Landgerichtes? Die Einschätzung anderer Fachmediziner? Das Rätselraten um den Verbleib des Beklagten? Oder die sich stets ähnelnden Berichte betroffener Patienten?

Es war nicht das erste Mal, dass ehemalige Patienten gegen einen Facharzt aus der Region vor einem Zivilgericht klagten. Dieses Mal war es ein älterer Herr, der gegen den Mediziner gerichtlich vorging, mit dem Vorwurf des Behandlungsfehlers und der unnötigen Heilbehandlungsmaßnahmen. Wie bereits mehrfach berichtet, laufen gegen den Mediziner auch strafrechtliche Ermittlungen, die noch nicht abgeschlossen sind. Der neueste Fall, der vor ein Zivilgericht kam, endete mit einem Vergleich. Statt den von der Klägerseite geforderten 5000 Euro Schmerzensgeld erhält der klagende Patient nun 3300 Euro, vorbehaltlich der Zustimmung des beklagten Mediziners.

Der Arzt selbst hat alle straf- und zivilrechtlichen Vorwürfe gegen ihn stets bestritten. So auch in dieser Verhandlung, in der sein rechtlicher Vertreter für ihn sprach.

Rätselraten um Adresse

Zum Einstieg in die Verhandlung spielten zunächst weniger medizinische Aspekte eine Rolle. Nicht nur der Vorsitzende Richter wunderte sich darüber, dass der Beklagte nicht auffindbar sei. Er wollte von dessen Anwältin wissen, ob sie Informationen über die aktuelle Adresse des Mannes habe. Der Mediziner sei noch fast noch nie bei einem Prozess anwesend gewesen, zeigte er sich mehr als verwundert. Diverse "Adressen" seien in den vergangenen Monaten im Gespräch gewesen, mal Deutschland, mal die USA und zuletzt auch Großbritannien, in London soll er derzeit wohnen. Die Anwältin entschuldigte die Abwesenheit damit, dass ihr Mandant gesundheitlich angeschlagen sei.

Was der Richter nun vom klagenden Patienten hörte, war einer von vielen Patientenberichten, die in den Warteräumen der Gerichtssäle erzählt werden, in den sozialen Netzwerken diskutiert wurden und in Form von mehr als 30 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Konstanz und damit beim vom Landgericht beauftragten Gutachter liegen. Der ältere Mann kam wegen eines Rauschens im Ohr in die Praxis, wie er dem Gericht erzählte. Als er auf dem Behandlungstisch gelegen habe, habe er plötzlich ein äußerst schmerzhaftes Stechen gespürt, als ob jemand mit einer Nadel oder mit einem anderen spitzen Gegenstand im Ohr "herumfuhrwerken" würde. "Und das hat er mehrfach gemacht, das war sehr schmerzhaft", schilderte er die Behandlung. Der Arzt habe ihm im Anschluss daran eröffnet, dass er ein Loch im Trommelfell habe, das er sich bei der Ohrreinigung selbst zugefügt habe. Dieses müsse man verschließen. Das Loch sei dann unter Narkose verschlossen worden, dies habe so im OP-Bericht gestanden.

Zweitmeinung irritiert

Der Mann traute den Ausführungen des Arztes nicht und konsultierte einen weiteren Fachmediziner, um eine Zweitmeinung zu hören. Der wiederum will zwar ein Loch entdeckt haben, doch operiert sei daran nicht geworden, erklärte dieser vor Gericht. Anzeichen für eine OP habe es eher nicht gegeben. Wie das Loch ins Ohr kam? Diese Frage interessierte nicht nur den Vorsitzenden Richter. Das könne man nicht abschließend sagen, so der vom Gericht befragte Facharzt, aber das Ganze habe schon nach einem gezielten Schnitt ausgesehen, fügte er hinzu, wie dies manchmal aus medizinischen Gründen gemacht werde.

Kein Einzelfall

Auf mehrmalige Nachfragen des Richters gab der hinzugezogene Fachmediziner dann zu, dass er solche Schilderungen schon von anderen Patienten gehört habe, die im Anschluss an die Behandlung beim Kollegen bei ihm in der Praxis vorstellig geworden seien. Wie oft das der Fall gewesen sei, wollte der Richter wissen: Häufiger, mindestens zehn Mal, ergänzte der Arzt.