Voller Stolz: Mit einer zweiten Volleyball-Karriere hat Bastian Ruf während seines Belgien-Aufenthaltes nicht gerechnet. Foto: Schwarzwälder Bote

Reisetagebuch: "Basti bei den Belgiern" (8) / Volleyball mit "Spirout Chaumont" / Debüt auf hohem Niveau

Bastian Ruf ist seit mehr als einem halben Jahr in Belgien. Der ehemalige Schwenninger Gymnasiast absolviert dort seinen Freiwilligendienst und berichtet exklusiv für den Schwarzwälder Boten über seine Zeit im Ausland.

VS-Schwenningen/Belgien. Ein weiterer Vorteil von Belgien ist, dass man seine Hobbys aus Deutschland meist nahtlos auch hier wieder aufnehmen kann. Ich spiele seit ich acht Jahre jung bin Volleyball und wollte natürlich auch während meines Freiwilligendienstes am Ball bleiben. Da hab’ ich Glück gehabt, denn in Peru oder Südafrika wäre das unter Umständen nicht so einfach gewesen, wie hier in Belgien.

Ich hatte im Internet recht schnell eine Hobbygruppe aus meinem Ort gefunden, aber ich war am Ende noch ein wenig ehrgeiziger. Zufälligerweise spielt die pädagogische Direktorin meiner Einrichtung auch Volleyball bei einem nahegelegenen Verein, und stellte für mich einen Kontakt her. So kam ich zu "Spirout Chaumont", wobei Chaumont der Name des Ortes ist. Nach einem (bürokratisch anstrengenden) internationalen Wechsel spiele ich jetzt in der belgischen "Provenciale 1" (P1). Das entspricht der deutschen Regionalliga und ist somit direkt unter der 3. Liga.

Ich finde das ziemlich cool, denn zuvor habe ich in Schwenningen mit der dritten Herren-Mannschaft in der Bezirksliga gespielt, also im Endeffekt ganz unten in der Hierarchie.

Die P1-Mannschaft von Chaumont besteht aus zwei Sorten von Spielern. Zunächst sind es hauptsächlich Studenten aus Louvain-la-Neuve, der nächsten Universitätsstadt. Ich habe mir sagen lassen, dass der Leiter des Universitätsteams ein Spieler aus Chaumont ist und die vielversprechendsten Studenten dann zu seinem Heimatverein weiterleitet. Das sind junge Spieler, die teilweise erst an der Uni zum Volleyball gekommen sind, dafür aber ein verdammt gutes Niveau haben. Den zweiten Teil der Mannschaft bildet die "alte Garde". Das sind eine Handvoll ehemaliger Erstliga-Spieler, die jetzt nicht mehr den Trainingsaufwand der höheren Ligen mitmachen wollen und deshalb nur einmal die Woche mit uns trainieren. Die punkten vor allem durch ihre Technik und Erfahrung.

Trainiert wird zweimal die Woche, und fast jedes Wochenende haben wir ein Spiel. Ich musste am Anfang etwas kämpfen, denn die spielen etwas anders als meine alte Mannschaft. Die Messlatte liegt hier höher und auch der Leistungswille ist größer. Dazu stellte mich der Trainer ziemlich schnell auf eine neue, ungewohnte Position, auf der ich mich auch erst zurechtfinden musste. Zugegeben, wenn man schon vier Mittelspieler hat, braucht man nicht unbedingt noch einen.

Lustigerweise spricht mein Trainer sogar ein wenig Deutsch. Ich bekomme von ihm fast alle Anweisungen auf Deutsch. Und auch wenn ich meistens auf Französisch antworte, um ihm zu zeigen, dass ich es auch in seiner Sprache verstehen würde, findet er scheinbar Vergnügen daran, auch die anderen Spieler auf Deutsch anzusprechen.

Zunächst spielte ich nur in der Reserve. Diese hat vor Beginn des eigentlichen Spiels noch ein Match aus drei Sätzen für eine separate Wertung. Dann habe ich im richtigen Spiel als Auswechselspieler geholfen, bevor ich dann selber ein komplettes Spiel durchspielen durfte. Das war ein echtes Erfolgsgefühl für mich! Ich glaube auch, dass ich mich durch diese herausfordernde Situation besonders anstrenge und mich dadurch auch verbessere.

Wir sind sozusagen die Robin Hoods unserer Liga, wir nehmen gerne Punkte von den höherplatzierten Mannschaften und verschenken Punkte an die schlechteren Teams. Dadurch halten wir uns recht stabil im Mittelfeld der Tabelle. Auch sind wir Rekordhalter, wenn es um Spiele mit Tie-Break geht. In elf von 20 Spielen haben wir uns durch den mühsamen fünften Satz gequält.

Ein besonderer Höhepunkt für mich war die Anfrage, ob ich nicht als Reserve für die Drittliga-Mannschaft von Chaumont aushelfen könnte. Das war ein Traum, der für mich in Erfüllung ging. Klar hatte ich schon im Training mit den Drittligisten gespielt, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich mit ihnen tatsächlich an einem Spieltag aufs Feld gehen würde.

So ein Drittligaspiel hat hier ein strenges Protokoll. So müssen wir Spieler uns vor dem Spiel die Trikots anständig in die Hose stecken, erst mal dem Publikum applaudieren und dann dem Gegner die Hand schütteln. So ernst hat das bisher noch keine andere Mannschaft genommen, mit der ich gespielt habe.

Der Sprung des Niveaus nach oben ist hier noch einmal sehr deutlich zu spüren. Trotzdem habe ich nicht nur das Reservespiel gespielt, sondern wurde auch im richtigen Spiel eingewechselt. Das läuft schon etwas anders als in der Provenciale 1. Man hat viel mehr Verantwortung und manche Bälle müssen einfach sitzen. Obwohl ich noch nicht ganz auf dem gleichen Niveau spiele wie meine Mitspieler, macht es mir sehr viel Spaß und ich freue mich, dass ich diese Gelegenheit überhaupt bekomme.

Wenn ich nicht selber Volleyball spiele, gehe ich gerne nach Leuven. Dort gibt es einen großen Volleyballclub mit mehreren Männer- und Frauenteams in unterschiedlichen Ligen. Das erste Spiel, das ich gesehen habe, war ein Spiel der Damenmannschaft in der Zweiten Liga. Sie haben gut gespielt und auch gewonnen, nur die Stimmung war nicht so der Knaller. Die haben zwar einen Trommler, der hat aber nur eine kleine Trommel und scheint recht unmotiviert zu sein.

Ein anderer Freiwilliger und ich haben uns vorgenommen, dort mal mit der ganzen Freiwilligengruppe anzurücken und mit einer großen Trommel so richtig einzuheizen. Jetzt müssen wir nur noch schauen, wie wir besagte Gruppe dafür begeistern können. Mal schauen, ob das noch klappt.

Die erste Herrenmannschaft, die normalerweise in der Ersten Belgischen Liga spielt, nimmt sogar am CEV Challenge-Cup 2019 teil, und ich war bei ihrem Sieg gegen das Team aus Sofia, der Hauptstadt Bulgariens, mit dabei. Das war internationaler Volleyball auf Top-Niveau! Leider ist Leuven dann im Achtelfinale ausgeschieden.

Dafür spielt ein anderer Freiwilliger auch Volleyball, und so feuern wir nicht nur gemeinsam das Team von Leuven an, sondern werden im Sommer auch an ein paar Hobby-Beachvolleyballturnieren teilnehmen. Das wird bestimmt super!

Am jüngsten Heimspiel wartete dann noch eine Überraschung auf mich. Ein paar meiner Freiwilligen-Kollegen hatten sich zusammengetan und feuerten mich bei diesem Spiel an. Ich wusste von nichts, freute mich aber riesig. Ganz besonders toll war natürlich das Plakat, das sie mitgebracht hatten. Darauf stand (übersetzt) "Passt auf diesen Typ auf, Basti schlägt sie alle weg!" Auf Französisch reimt sich das dann auch noch. Einfach super!