Trugen beim Erzählcafé im Villinger Franziskaner Erinnerungen zur Entwicklung der Kienzle Apparate GmbH zusammen und diskutierten mit dem Publikum: (von links): Horst Spormann, Herbert Ackermann, Armin Müller und Josef Zieglwalner. Foto: maz Foto: Schwarzwälder-Bote

Erzählcafé zu Kienzle Apparate füllt ein wichtiges Kapitel der Villinger Industriegeschichte mit Leben

Villingen-Schwenningen (maz). Mit Leben füllte sich gestern ein wichtiges Kapitel der Villinger Industriegeschichte: "Kienzle Apparate" hieß es beim Erzählcafé im Franziskaner. Und nicht nur die früheren Mitarbeiter auf dem Podium, sondern auch viele Besucher brachten Erinnerungen an ihre Berufsjahre bei dem Familienunternehmen ein.Mit dem Beschaffen weiterer Stühle kamen die Mitarbeiter der städtischen Museen kaum nach. Deren Leiter Michael Hütt freute sich natürlich, mit diesem Thema so ins Schwarze getroffen zu haben. Zwei Anlässe gebe es für diesen Schwerpunkt. Zum einen die Initiative einiger Rentner, die seit zwei Jahren die Sammlung der Geräte im Depot des Museums inventarisieren, Informationen über deren Entwicklung und Funktionsweise zusammentragen. Zum anderen das Forschungsprojekt des Unternehmenshistorikers Armin Müller, der 2011 das Buch "Kienzle. Ein deutsches Industrieunternehmen im 20. Jahrhundert" veröffentlichte.

Müller übernahm denn auch die Moderation des Podiumsgesprächs mit dem langjährigen Pressesprecher Herbert Ackermann, dem Konstrukteur Horst Spormann, der auch die Ausbildung der Lehrlinge übernahm, und Josef Zieglwalner, der als Syndikus für die Rechtsvertretung verantwortlich und später Personaldirektor war. In den Mittelpunkt stellte er den rasanten Aufschwung der Firma ab den 50er-Jahren, die sich 1928 von Kienzle Uhren in Schwenningen getrennt und als Kienzle Taxameter in Villingen ihren Anfang genommen hatte. Denn alle drei Zeitzeugen kennen den Betrieb noch aus diesen Tagen und erlebten die Entwicklung von einer kleinen mittelständischen Firma zum großen Familienunternehmen mit.

Anschaulich erzählten sie von ihren ersten Begegnungen mit den Hauptakteuren dieser Entwicklung, dem Firmengründer Herbert Kienzle und dessen Söhnen Jochen und Herbert, die das Unternehmen in der zweiten Generation bis zum Verkauf an die Mannesmann AG Anfang der 80er-Jahre leiteten, oder dem Personaldirektor Karl Schleßmann und dem Vertriebsdirektor Paul Riegger. Da ging es um Produkte wie die Fahrtschreiber, deren gesetzliche Einführungen eine bedeutende Rolle für die Erfolg von Kienzle spielte, oder die ersten Parkuhren, bei denen zunächst die Einzelteile überhaupt nicht zusammenpassten, wie Spormann mit einem Schmunzeln schilderte. Dass es der Kienzle Apparate GmbH gelang, den Namen der Zähringerstadt hinaus in die Welt zu tragen, zeigte Ackermann auf. Aus den ersten Büromaschinen sei beispielsweise der Computer Kienzle 6000 entstanden, den selbst Heinz Nixdorf bei einer Messe bewundert habe.

Trotz dieser Stellung auf dem Weltmarkt sei die Untenehmerfamilie immer mit den Mitarbeitern verbunden gewesen, stellten die Podiumsteilnehmer fest. So sei Charlotte Kienzle die Kinderweihnachtsfeier am Herzen gelegen, habe nicht nur an Gebäck und Spielzeug, sondern auch an Kleidung für den Nachwuchs gedacht, verwies Zieglwalner auf die soziale Einstellung der Familie.

Ebenso persönliche Erinnerungen brachte das Publikum ein. Der Bogen spannte sich vom Konstrukteur Helmut Meister, der 1941 seine Lehre begonnen hatte, über Albrecht Lüther, der als Leiter der Fachschule für Datenverarbeitung die Schulung von Mitarbeitern wie Kunden auf den Weg brachte, bis hin zu Ulrich Grießhaber als zeuge des tragischen Scheiterns auf dem Computermarkt. Es zeigte sich, dass viele ihr ganzes Berufsleben der Firma treu gewesen waren. "Es war ein toller und sozialer Betrieb, ich habe nur gute Erinnerungen", brachte es der für den Kundendienst Export zuständige Kurt Saier auf den Punkt.

Dass die Geschichte von Kienzle erhalten bleibt, sei dem Projekt Müllers zu verdanken, betonte Thomas Guzatis von der Kienzle Argo GmbH. Dies habe er nicht ohne die Beiträge der Zeitzeugen realisieren können, erklärte der Unternehmenshistoriker und forderte alle Besucher auf, weiterhin ihre Erlebnisse, Fotos oder Artikel zusammenzutragen und dem Museum zur Verfügung zu stellen, um diese für Villingen so wertvolle Erinnerungskultur lebendig zu halten.

Weitere Informationen: www.kienzle-apparate.de