Individuelle Betreuung wird groß geschrieben in der Nachsorgeklinik Tannheim. Heute vor 15 Jahren wurde sie eröffnet. Foto: Klinik Foto: Schwarzwälder-Bote

Vor 15 Jahren startete Tannheimer Nachsorgeklinik / Projekt gründet auf breiter Solidarität

VS-Tannheim. Den 14. November 1997 wird Roland Wehrle nie vergessen. "Es gab viel Hoffnung und viel Skepsis", beschreibt er die Stimmung an jenem denkwürdigen Tag vor exakt 15 Jahren, an dem die Nachsorgeklinik Tannheim eröffnet wurde.Für 52 Millionen D-Mark wurde sie gebaut, die eine Hälfte bestand aus privaten Spenden und öffentlichen Zuwendungen, die andere aus Bankdarlehen. Die wurden bis auf vier Millionen Euro abgetragen – die Klinik schrieb Erfolgsgeschichte und entwickelte sich bundesweit zum Flaggschiff für familienorientierte Rehabilitation. Sie wird seit ihrer Gründung von einer breiten Öffentlichkeit begleitet und mit Spenden existenziell gestützt. "Wir hatten großes Glück und empfinden tiefe Dankbarkeit", sagt der spiritus rector, Geschäftsführer und Motor des Modells.

Es wurde in einer Zeit verwirklicht, da sich der deutsche Reha-Markt in einer fragilen Situation befand, geprägt vom Sparzwang nach der Wiedervereinigung. Bis heute beteiligt sich der Staat nicht an Investitionen für Reha-Kliniken, und die Pflegesätze sind nicht kostendeckend. Den tariflichen Erhöhungen der Personalkosten von mehr als 28 Prozent in 15 Jahren steht ein Anstieg der Pflegesätze um nur rund acht Prozent gegenüber. Zugleich sind die Behandlungsmöglichkeiten dank medizinischer Forschritte effizienter, aber auch teurer geworden.

Die Klinik kümmert sich um jene Patienten und ihre Familien, die wegen seltener chronischer Erkrankungen besonders belastet und betreuungsintensiv sind. Hauptklientel sind krebs-, herz- und mukoviszidosekranke Kinder und Jugendliche. Besonders Mukoviszidose-Kranke kommen mit Eltern und Geschwistern oft regelmäßig in die Klinik, die sich zur bundesweit ersten Adresse für "Muko-Familien" entwickelt hat. Seit ihrer Gründung wurden 10 500 Patienten (meist mit ihren Familien) rehabilitiert, bei 707 000 Pflegetagen wurden 73 Millionen Euro Umsatz gemacht, seit zehn Jahren ist das 145-Betten-Haus stets zu hundert Prozent ausgelastet – die Nachfrage ist größer als die Kapazitäten. Das gilt auch für die pionierhafte Rehabilitation trauernder Familien, die nach jahrelangem Kampf um das Leben eines Kindes an dessen Tod zu zerbrechen drohen.

Obwohl nach zähem Ringen inzwischen eine Rechtsgrundlage für familienorientierte Nachsorge erreicht wurde und die Klinik nachweislich nicht nur medizinisch, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich arbeitet, reichen die Einnahmen nicht einmal zur Finanzierung der Personalkosten aus. "Die Pflegesätze entwickeln sich katastrophal", stellt Wehrle fest, "die elementare Abhängigkeit von Spenden ist bedrückend." Gleichzeitig macht er klar: "Rationalisieren geht nicht, im Gegenteil." Medizinische und therapeutische Kapazitäten müssten weiter ausgebaut werden. Der Innovationsdruck sei hoch, ständig wurde in den vergangenen Jahren erweitert, angebaut, optimiert. Dies stets mit zuverlässiger Solidarität einer breiten Bevölkerung, auf deren Hilfe das Klinikteam und die Patientenfamilien weiterhin bauen.

Die bisherige kollektive Großzügigkeit sei eine "gigantische Gemeinschaftsleistung", die am heutigen Jubiläumstag in der Klinik intern gefeiert wird. Zumindest bis zur Begleichung der Darlehen hofft der Geschäftsführer auf die Treue der großen und wachsenden Unterstützergemeinschaft, die sich mit ihrem aktiven Mitgefühl auch zu einer familienfreundlichen Gesellschaft bekenne. Langfristig freilich will das Haus von privater finanzieller Zuwendung abnabeln. "Die Pflegesätze müssen sich endlich an der Wirklichkeit orientieren."