Dank des "Vorzeigeorts" Nordstetten ist Villingen indirekt schon vor dem benachbarten großen Stadtbezirk Schwenningen urkundlich erwähnt. Foto: Staiger Foto: Schwarzwälder-Bote

Urkundliche Nennung vor Schwenningen / Nordstetten ist "Vorzeigeort"

Von Thomas H. T. Wieners VS-Nordstetten. Nach Ansicht der bisherigen Forschung finden die beiden namengebenden Teilorte der Doppelstadt Villingen-Schwenningen ihre erste schriftliche Erwähnung gemeinsam in ein und derselben Urkunde. Indirekt wurde Villingen jedoch schon früher dokumentiert. Im Jahre 817 schenkte Kaiser Ludwig der Fromme die Zinserträge von 47 Bauerngütern an das Kloster St. Gallen. Dieses große kaiserliche Schenkungsdiplom stellte nach der bisherigen Auffassung gleich für vier Orte des Schwarzwald-Baar-Kreises ihre erste schriftliche Nennung dar, nämlich für Pfohren, Schwenningen, Tannheim und Villingen. Für Pfohren bedeutet dieses Textzeugnis nach dem neuesten Forschungsstand nur die älteste "urkundliche" Erwähnung. Denn die älteste "schriftliche" Nennung findet der Ort bereits unter der Bezeichnung Pyrene in den Historien des griechischen Geschichtsschreibers Herodot.

 

Doch auch für Villingen ist die bisherige Sichtweise zu präzisieren. Denn die Urkunde Kaiser Ludwigs des Frommen aus dem neunten Jahrhundert stellt für Villingen die älteste "explizite", – das heißt unter dem Name Villingen selbst –, urkundliche Nennung dar. "Implizit" hingegen wird Villingen bereits im achten Jahrhundert erwähnt.

Am 18. August 762 wurde im Kloster St. Gallen die Schenkung einer gewissen Rodsinda beurkundet. Diese hatte ihren Besitz zu Nordstetten an die Gallusabtei vermacht. Und diese urkundliche Ersterwähnung von Nordstetten beinhaltet zugleich den ältesten schriftlichen Verweis auf Villingen selbst. Der Ortsname von Nordstetten ist eine typische Bezeichnung für eine frühe Ausbausiedlung. Der Name selbst, das "nördliche Stetten", setzt unabdingbar den Zentralort einer Urmark voraus, von welchem aus eben Nordstetten nördlich gelegen war. Und der Zentralort dieser Urmark südlich von Nordstetten ist kein anderer als Villingen. Der geografische Bezugspunkt ist natürlich nicht die heutige Villinger Innenstadt innerhalb der alten Stadtmauern, sondern die so genannte Altstadt beim Friedhof auf der anderen Seite der Brigach.

Nordstetten ist somit Villingens "Vorzeigeort", dessen Ortsname die Existenz Villingens unabdingbar voraussetzt, und dessen urkundliche Erwähnung 762 ohne das Bestehen des zentralen Bezugsortes Villingen gar nicht denkbar wäre.

Ein Grund mehr für die Villinger, gemeinsam mit dem kleinen Nordstetten im Jahr 2012 das Jubiläum der 1250-jährigen urkundlichen Ersterwähnung zu begehen.

Darüber hinaus können nun die Villinger auf die Frage, warum ihr Ortsname entgegen der alphabetischen Reihenfolge bei der Benennung der Doppelstadt Villingen-Schwenningen vorangestellt wurde, auch auf die zumindest implizite frühere urkundliche Erstnennung vor Schwenningen verweisen.